Lizenz zum Upgrade

14.02.2005
Von Oliver Kohlmann
Neben der technischen R/3-Migration müssen sich SAP-Kunden auch mit neuen Lizenzmodellen auseinander setzen.

Das aktuelle Preis- und Lizenzmodell von SAP hat die Herzen der Anwender bei seiner Einführung Anfang 2002 nicht gewinnen können. Im Gegenteil, die Umfrageergebnisse dokumentieren beträchtlichen Unmut. Auch zwei Jahre später scheuen nach wie vor viele SAP-Kunden die Migration vom gewohnten R/3 hin zu "Mysap" und der "Netweaver"-Plattform.

Mit der Einstellung des Supports für alle R/3-Versionen vor der Version 4.6C Ende 2006 wächst allerdings der Druck auf die Anwender. Manche erwägen derzeit ein Upgrade beziehungsweise einen Umstieg auf "Mysap ERP" oder "Mysap Business Suite". Insbesondere in puncto Lizenzen gilt es hier, einiges zu beachten.

Das ERP-Paket SAP R/3 hat seit seiner Einführung 1992 in zahlreichen Unternehmen weltweit Einzug gehalten. SAP hat seitdem das Produkt sukzessive weiterentwickelt, mit der Folge, dass immer mehr unterschiedliche R/3-Versionen vorgehalten und vom Hersteller unterstützt werden mussten. Zur Bereinigung des ausufernden Produktportfolios begann SAP Anfang 2002, starken Migrationsdruck auf seine Kunden auszuüben. Um die Anwender zum möglichst schnellen Wechsel auf die neue ERP-Umgebung Mysap zu bewegen, kündigte der Walldorfer Softwarekonzern zuerst an, dass der reguläre Support für R/3 4.6C Ende 2006 eingestellt wird. Für alle früheren Versionen wurde dieses Datum auf Ende 2004 gelegt. Da zudem die Listenpreise und Wartungskosten angehoben wurden, übten Anwenderverbände und Fachmedien harsche Kritik.

Als Reaktion auf die Proteste stellte SAP im Rahmen der CeBIT 2004 ein neues Wartungskostenmodell vor, welches den Anwendern gegen einen Aufpreis von zwei bis vier Prozent über den Standardwartungszeitraum hinaus drei zusätzliche Jahre Produktunterstützung gewährt. Der unmittelbare Entscheidungsdruck wurde durch die verlängerten Fristen zwar abgeschwächt, aber nicht beseitigt: SAP rechnet migrationswilligen R/3-Anwendern derzeit noch 65 Prozent ihres bestehenden Vertragsvolumens auf einen neuen Mysap-Vertrag an. Allerdings ist dieser Wert nicht festgeschrieben und in den letzten zwei bis drei Jahren bereits deutlich gefallen - bis Ende 2001 lag er noch bei 100 Prozent.

Lizenzrechtliche Rahmenbedingungen für den Umstieg

Bei der R/3-Migration ist es von zentraler Bedeutung, welchen Vertrag der Anwender bereits hat. Grundsätzlich hängen die Lizenzgebühren nach wie vor von der Anzahl der User und deren Klassifikationen (zum Beispiel als "Developer" oder "Employee") ab. Die mit Mysap für alle User-Kategorien gestiegenen Listenpreise erklären sich dabei laut Hersteller durch eine wesentlich größere Funktionsvielfalt der standardmäßig enthaltenen Anwendungen. Es gilt, sorgfältig zu prüfen, welche Anwendungen im Einzelfall tatsächlich benötigt werden.

Für Anwender, die lediglich die grundlegenden ERP-Funktionen benötigen, bietet sich mit der letzten R/3-Version 4.7, auch bekannt als "SAP Enterprise", eine attraktive Alternative. Dieses Release hat sich durch die Kombination von Laufstabilität und Implementierung neuer Techniken wie des "Web Application Server 6.20" bewährt. Lizenzrechtlich ist es möglich, 4.7 sowohl durch Upgrade von einer bestehenden R/3-Lizenz als auch durch den Neukauf einer Mysap-Lizenz zu erwerben. Erstere Alternative ist vor allem für bestehende SAP-Anwender interessant, da sie mit überschaubarem finanziellem und technischem Aufwand eine stabile und vorerst zukunftssichere Version bekommen. Auch ein Wechsel zu einem Mysap-Vertrag kann vorgenommen werden und gibt dem anwendenden Unternehmen zusätzliche lizenzrechtliche Zukunftssicherheit.

Auch Mysap-Neukunden können R/3 beziehen

Für SAP-Neukunden entfällt diese Überlegung, da inzwischen keine neuen R/3-, sondern nur noch Mysap-Verträge erhältlich sind. Unter Umständen kann es trotzdem sinnvoll sein, auch als Mysap-Neukunde zunächst zum bewährten "Enterprise" anstatt direkt zu Mysap ERP zu greifen: Version 4.7 wird von SAP bis 2012 unterstützt und lässt sich außerdem gegebenenfalls durch eine zusätzliche Lizenz für SAP-Netweaver ergänzen. Dies ist vor allem bei einem gut funktionierenden und somit häufig nicht gravierend änderungsbedürftigen Backend eine interessante Option und erweitert sowohl die Anwendungsmöglichkeiten als auch die Kompatibilität mit Programmen von Drittanbietern.

Das Netweaver-basierende Mysap ERP 2004 ist - technisch gesehen - im Vergleich zu R/3 weitaus weniger monolithisch. Der Aufbau ist deutlich modularer und daher leichter an individuelle Kundenumgebungen anpassbar. Neben den umfangreichen Funktionen (zusätzlich zu Human Resources und dem Business Warehouse sind alle Netweaver-Komponenten mit Ausnahme des "Master Data Management" enthalten) spricht für eine Anschaffung, dass sich Mysap ERP 2004 noch am Anfang seiner Lebensdauer befindet. Derzeit läuft das Produkt in der Testphase ("Ramp-up") bei insgesamt 18 Kunden, elf davon in Deutschland. Support und Wartung aller Komponenten ist bis 2013 garantiert. Gleiches gilt für das Komplettpaket Mysap Business Suite, welches die ERP-Version um das komplette SAP-Anwendungssortiment erweitert. (fn)