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Suizid-Foren im Visier

Live-Selbstmord im Web löst Diskussionen aus

28.11.2008

Zynismus und Zuspruch

Zynismus, wie er Abraham Biggs entgegengeschlagen ist, findet man auch in deutschen Foren. "In einigen hässlichen Angeboten fordern Nutzer andere zum gemeinsamen Suizid auf oder geben konkrete Ratschläge zu Methoden", sagt Prof. Ulrich Hegerl, Direktor der psychiatrischen Klinik der Universität Leipzig. Problematisch sei auch, dass viele Foren-Teilnehmer die notwendige professionelle Hilfe ablehnten: "90 Prozent aller Suizide gehen auf psychiatrische Erkrankungen zurück."

Andererseits können die Foren auch eine Stütze sein. Die Kölner Psychotherapeutin Dr. Christiane Eichenberg befragte 2003 etwa 160 Teilnehmer eines Forums mehrfach zu ihrer Selbsteinschätzung. Ergebnis: Dank des guten Gruppenklimas sank bei vielen die Neigung zum Suizid. "Wichtig ist, dass Suizid nicht als Problemlösung dargestellt wird und die Betreiber Hinweise auf therapeutische Krisenangebote geben", sagt die Therapeutin. Auch das Kompetenznetz Depression nutzt das Web und bietet ein von Fachleuten moderiertes Forum als niedrigschwelliges Angebot an.

Komplett verbieten lassen sich die Diskussionen nicht. Doch die zentrale Kontrollstelle der Bundesländer, jugendschutz.net, will zumindest Teenager vor drastischen Inhalten schützen. Selbstmord darf weder als alleinige Lösung eines Problems verherrlicht werden, noch sollen Teilnehmer andere darin bestärken, sich das Leben zu nehmen. Erst recht jugendgefährdend und damit verboten sind konkrete Anleitungen. "Wer auf ein problematisches Forum stößt, sollte uns dies melden", sagt jugendschutz.net-Chef Friedemann Schindler. "Wir haben gute Möglichkeiten, gegen unzulässige Angebote vorzugehen." So könnte von den Betreibern verlangt werden, jugendgefährdende Inhalte zu sperren. Im Ausland gelten deutsche Gesetze natürlich nicht, doch auch dort seien Internet-Anbieter oft kooperativ, sagt Schindler.

Schindlers Portal will künftig auch mehr aufklären. "Die Nutzer müssen wissen, dass man Probleme bei uns oder in akuten Fällen bei der Polizei melden kann." Hätte nur einer der Gaffer im Fall Abraham Biggs beherzt reagiert, würde der Teenager vielleicht noch leben. (dpa/ajf)