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LinuxWorld: San Jose wird vier Tage lang zum Open-Source-Mekka

14.08.2000
Initiative für quelloffene Spieleentwicklung

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Heute beginnt im kalifornischen San Jose das Konferenzprogramm der LinuxWorld Conference and Expo, morgen öffnet dann auch die dazugehörige Ausstellung ihre Pforten für das Publikum. Wir konnten vorab einen Blick hinter die Kulissen werfen und verraten Ihnen schon heute, was die Hersteller und Anbieter vorstellen und ankündigen. Über weitere Details halten wir Sie selbstverständlich auch in den kommenden Tagen auf dem Laufenden.

Die Keynote-Eröffnungsrede bestreitet Michael Dell, Gründer und Chef des gleichnamigen PC-Direktanbieters aus Austin, Texas. Seine Company zeigt in San Jose den Prototyp eines 64-bittigen Itanium-Servers, auf dem unter Red Hat Linux IBMs DB2-Datenbank und SAPs Mysap.com-Software laufen. Die Red-Hat-Distribution wird neben Windows und Novell Netware das dritte strategische Betriebssystem, das Dell auf den Maschinen seiner Kunden installiert und supportet.

Ende vergangenen Woche hatte Hewlett-Packard bereits eine ähnliche Ankündigung veröffentlicht (Computerwoche.de berichtete). Neben den bereits bekannten Details wird das Unternehmen von Chief Executive Officer Carleton "Carly" Fiorina offenbar eine erste Entwicklerversion von Linux für seine "PA-RISC"-Architektur vorstellen, der dann bereits im vierten Quartal produktionsreifer Code folgen soll. Grundsätzlich will man das eigene kommerzielle Unix HP-UX binärkompatibel zu Linux machen. "Entwickler können bald ihre Software auf ihrem Laptop im Flieger kompilieren und dann auf HP-UX laufen lassen", erklärt Marketing Director Mike Balma. "Keine Frage - wir behandeln Linux und HP-UX gleichwertig."

Ferner portiert HP die Produkte "Web QoS" (Quality of Service) sowie "OpenMail" auf das Open-Source-Unix. Hardwareseitig wird Linux für die "e-PCs" angeboten und supportet. Außerdem bundelt HP die Distribution von Turbolinux mit seinen "Kayak"-Workstations, "Vectra"-Desktops und sämtlichen Intel-basierten "NetServern".

Große Ankündigungen plant offenbar auch der IT-Riese Compaq, der unter anderem ausgewählte "Proliant"-Server künftig mit vorinstalliertem Linux anbieten wird. Der texanische Konzern will ferner seine Strategie vorstellen, wie das Open-Source-Unix über die gesamte Produktpalette zum Einsatz kommen soll. Über nähere Details schweigt sich Compaq allerdings noch aus.

Dass IBM bereits seit geraumer Zeit die Linux-Fahne hoch hält, ist kein Geheimnis. Big Blue kündigt in San Jose gleich drei neue Open-Source-Projekte an. Das erste stellt eine neue Druckerarchitektur und passende Treiber zur Verfügung, die unter der GNU Lesser General Public License (LGPL) bereitgestellt werden sollen. Damit soll sich laut Program Director Dan Frye die Zahl der verfügbaren Linux-Druckertreiber auf einen Schlag verdoppeln.

Außerdem wird IBM sein Netzwerk-Dateisystem "Andrew File System" der Linux-Gemeinde unter der hauseigenen Public License zur Verfügung stellen und eine Reihe von Management-Tools zeigen, die unter dem Namen "Dynamic Probe" veröffentlicht werden. "Mit der Zeit werden wir daraus eine komplette Lösung machen", verspricht Frye. Big Blue veröffentlicht zur LinuxWorld auch Benchmark-Ergebnisse des neuen Linux-Kernels 2.4. Im Test auf einem Vier-Wege-SMP-Server (Symmetrical Multiprocessing) erreichte dieser einen 2,5 mal höheren Datendurchsatz als das bisherige Kernel-Release 2.2.

Mit "ViaVoice Dictation for Linux" präsentiert IBM zudem das erste kommerziell erhältliche Spracherkennungspaket für die populäre Open-Source-Plattform. Zunächst erscheint ViaVoice allerdings ausschließlich in einer Version für den US-Markt. Der Konzern hofft, dass die Linux-Gemeinde bald auch andere ländersprachliche Benutzerschnittstellen zur Verfügung stellt.

Traditionell setzt Sun Microsystems eher auf das hauseigene Solaris als auf das quelloffene Unix. Doch auch die McNealy-Company wartet zur Linuxworld mit einigen Neuigkeiten auf. Bereits in der vergangenen Woche berichteten wir, dass sich das Speichersubsystem "Storedge T3" dank Hilfe von Linuxcare nun auch (inklusive Failover-Konfiguration) an Linux-Servern betreiben lässt. Außerdem wird Sun Versionen von JDK 1.3 (Java Development Kit) und Java 2, Standard und Enterprise Edition), unter Linux demonstrieren. Ferner sollen mehr Linux-Distributionen als bisher für Suns Sparc-Prozessorarchitektur erhältlich sein. "Das bringt Solaris und Linux näher zusammen, was Anwendern und Entwicklern das Leben einfacher macht", erklärt Open-Source-Manager Herb Hirnstorff.

Eine vollkommen neue Linux-Distribution verspricht Eazel aus Palo Alto. Die erst im vergangenen Herbst vor allem von ehemaligen Apple-Leuten gegründete Company (Computerwoche.de berichtete) hat ihre angeblich besonders einfach zu handhabende Desktop-Variante auf Basis des "GNOME"-Desktops entwickelt und offeriert für sein Linux einen Online-Update-Service.

Caldera stellt zur Messe in San Jose eine neue System-Management-Software vor, die bislang unter dem Codenamen "Cosmos" gehandelt wird. Die Software gestattet laut Produkt-Manager Michael Wilkinson die sichere Remote-Administration mehrerer Linux- oder verteilter Systeme auf Policy-Basis. Die Fähigkeiten von Cosmos reichen von der Inventarisierung von Hard- und Software über Software-Verteilung und Überwachung des Systemstatus bis zur Drucker-Konfiguration.

Applix´ Linux-Ableger VistaSource veröffentlicht zur LinuxWorld die erste Beta seiner neuen "Anywhere-Office"-Version, der Server-basierten Variante der Client-Software "ApplixWare". Anywhere Office läuft neben Linux auch auf verschiedenen kommerziellen Unix-Derivaten, darunter Solaris von Sun Microsystems. Das Paket umfasst neben den Standardanwendungen Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbank ein Toolset, mit dem Anwender und Entwickler via Web angepasste Applikationen erstellen können.

Der Nürnberger Linux-Distributor Suse AG setzt bei seiner Präsentation auf die Flexibilität und Plattformvielfalt seines Produktportfolios und zeigt Suse Linux auf unterschiedlichsten Systemen von S/390-Großrecher (zusammen mit Partner IBM) über den Macintosh G4 bis herunter zu WAP-Handys (Wireless Application Protocol).

Speziell dem Thema Wireless widmet sich Transvirtual aus dem kalifornischen Berkeley. Die Company hat mit "PocketLinux" eine Java- und XML-fähige Lösung entwickelt, die vor allem auf drahtlose PDAs (Personal Digital Assistants) und IP-Telefone abzielt. PocketLinux verfügt über eine dreischichtige Architektur. Linux als Betriebssystem bildet dabei die Basis. Darauf setzt dann Transvirtuals Reinraum-Java-Variante "Kaffe" auf; die Schnittstelle zum Benutzer bietet ein in Java geschriebener XML-Presentation-Layer.

LinuxWorld Expo auch in Deutschland

Vom 5. bis 7. Oktober 2000 veranstaltet IDG World Expo auf dem Messegelände Frankfurt die LinuxWorld Conference & Expo zum ersten Mal auch auf deutschem Boden. Zur Premiere erwartet der Veranstalter unter anderem Linux-Urheber und Transmeta-Mitarbeiter Linus Torvalds höchstpersönlich. Zu den weiteren Highlights dürfte sicher der Auftritt von John "Maddog" Hall zählen, der zum Thema "The many faces of Linux" spricht. Unterstützt wird die Veranstaltung, auf der mehr als 70 Unternehmen auf über 9000 Quadratmetern ausstellen und zu der rund 10 000 Besucher erwartet werden, auch vom deutschen Linux-Verband LIVE.

Etwas Interessantes tut sich auch im Bereich Linux-Spiele, der bisher eher stiefmütterlich behandelt wurde. Damit sich dies ändert, hat sich Indrema, Anbieter der ersten Linux-basierten Spielekonsole, mit dem Open-Source-Tummelplatz Collab.net verbrüdert. Collab.net soll ab 1.Oktober auf einer gemeinsam betriebenen Site Developer zusammenbringen, um an der Entwicklung und Portierung von Computerspielen und Multimedia-Standards für Linux zu arbeiten. Indrema hofft, auf diese Weise genügend Manpower zu versammeln, um gegen die proprietären Riesen Nintendo, Sega und Sony antreten zu können. Die erste Konsolenhardware des Unternehmens ist für das kommende Frühjahr angekündigt. Sie soll zum Preis von rund 300 Dollar unter anderem einen DVD-Player, MP3-Jukebox-Funktionen sowie Ethernet- und Modemanschluss bieten.