Linuxtag: Kritik an deutschen Behörden

28.06.2005
Auf dem Open-Source-Treffen in Karlsruhe sprach sich Staatssekretärin Ute Vogt gegen Softwarepatente aus.

Vogt, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern (BMI), rief zu verstärkten Anstrengungen für mehr Softwarevielfalt und zum Widerstand gegen Softwarepatente auf. Ihren Appell wolle sie nicht als Angriff auf einen bestimmten Softwareanbieter verstanden wissen, betonte die SPD-Politikerin. Es sei jedoch problematisch, von einem Anbieter abhängig zu sein.

Die studierte Juristin verglich die Situation mit der Kartoffelkatastrophe in Irland Mitte des 19. Jahrhunderts. Damals hätten sich die Bauern zu sehr auf die Kartoffel verlassen. Diese Monokultur rief durch die Ausbreitung eines Schimmelpilzes in den Jahren 1845 bis 1847 eine nationale Katastrophe hervor: Rund eine Million Menschen verhungerten, und weitere 1,5 Millionen Menschen sahen sich gezwungen auszuwandern. "Man darf sich nicht nur auf ein Standbein stellen", warnte Vogt.

Als Nagelprobe für die künftige Softwarevielfalt sieht Vogt die Entscheidung des Europaparlaments in Sachen Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen am 6. Juli. Zwar sei kaum mit einer Ablehnung der von Open-Source-Anhängern heftig kritisierten Richtlinie zu rechnen, die Softwarepatente unter bestimmten Umständen zulässt. Trotzdem lohne es sich, für Änderungen einzutreten. In diesem Zusammenhang sei auch die Community gefordert. "Setzen Sie sich ein, wenn Sie mit der aktuellen Situation unzufrieden sind", appellierte Vogt.

Vertreter des Linux-Verbandes kritisierten die öffentliche Verwaltung. So monierte Rechtsanwalt und Open-Source-Verfechter Till Jaeger unter Verweis auf ein Rechtsgutachten, dass die kostenlose Verbreitung eines reinen Windows-Frontends für die Online-Steuererklärung "Elster" durch die Oberfinanzdirektion München wettbewerbswidrig sei. Dem Amt sei es verboten, durch die kostenlose Abgabe von Software einen Marktteilnehmer zu bevorzugen.

Den Vorwurf, die Verwaltung begünstige Windows-Lösungen, will Jörg Funk vom Bundesbeschaffungsamt nicht auf sich sitzen lassen. Auf Ausschreibungen in bestimmten Bereichen würden gar keine Angebote oder nur schlechte aus der Open-Source-Szene eingereicht. Die Firmen müssten sich besser auf die Spielregeln im Bereich der öffentlichen Hand einstellen. So hätten sich die Behörden, wenn sie Angebote bewerteten, strikt an ihren zuvor definierten Kriterienkatalog zu halten. Da gebe es praktisch keinen Spielraum. (ba)