Microsoft-Programme sollen unter dem Open-Source-System laufen

Linux + Windows = Lindows?

02.11.2001
SAN DIEGO (ls) - Das junge Unternehmen Lindows.com Inc. hat eine Linux-Version angekündigt, auf der auch Windows-Anwendungen laufen sollen. Die Open-Source-Gemeinde reagiert verhalten bis skeptisch.

Nach den spärlichen vorliegenden Informationen soll noch in diesem Jahr eine Art Beta-Release von "Lindows" erscheinen. Es soll sich dabei um eine neue Linux-Distribution handeln, die sehr leicht zu installieren und mit einer Benutzeroberfläche ausgestattet sein wird. Sie benötigt nach Herstellerangaben einen Pentium- oder entsprechenden AMD-Prozessor, 64 MB RAM und 1 GB Festplattenplatz. Das System gestattet es laut Anbieter, sowohl Linux- als auch Windows-Anwendungen zu betreiben.

Für Lindows bedarf es keines Registrierungsverfahrens wie bei Microsoft. Auch eine Windows-Lizenz soll nicht nötig sein. Allerdings ist unklar, ob Lindows unter der GPL erscheinen wird. Die erste Version - angekündigt für das erste Quartal 2002 - soll 99 Dollar kosten. Es scheint sich um ein System zu handeln, das ähnlich wie bei den bekannten Distributionen Linux um proprietäre Elemente erweitert. Anscheinend wird in diesem Fall ein nicht genannter Kernel mit dem Windows-Emulator "Wine" aus dem gleichnamigen Open-Source-Projekt verknüpft und um eine Installationsroutine sowie eine Benutzeroberfläche erweitert.

Auf der Basis von Lindows sollen Windows-Programme mit allen Features und mit gleicher oder höherer Geschwindigkeit als unter dem Microsoft-System laufen. Über die Windows-Brücke sollen sich auch solche Peripheriegeräte integrieren lassen, für die es keine Linux-Treiber gibt. Dass allerdings noch Schwierigkeiten mit einigen Windows-Anwendungen bestehen, bestätigte Michael Robertson, Chief Executive Officer von Lindows.com, vor der Presse: "Wir hoffen, in 18 bis 24 Monaten eine wirklich stabile Unterstützung für einen großen Teil der Windows-Software auf dem Markt hinzubekommen."

Wahrscheinlich hätte die Ankündigung nicht sehr viel Aufmerksamkeit erregt, wenn Rosenberg nicht ein bekannter Name wäre: Er ist der Gründer und ehemalige CEO des Internet-Musik-Providers MP3.com. Sein neues Unternehmen hat er mit Gefolgsleuten aus MP3.com-Zeiten gegründet. Ansonsten ist über Lindows.com wenig bekannt; seine Website (www.lindows.com) gibt außer einer wenig informativen Presseerklärung nichts her.

Lindows.com bittet die "computing community", sein System zu testen und mit "Feedback" zu seiner weiteren Entwicklung beizutragen. Von Open Sources ist in der Ankündigung merkwürdigerweise nicht die Rede, so dass unklar ist, ob oder wie viel Quellcode Entwickler in Augenschein nehmen können. Entsprechend löste die Lindows-Ankündigung in der Open-Source-Community zwar großes Interessse, aber durchweg sehr verhaltene bis ablehnende Reaktionen aus. Bestenfalls möchten Linux-Fans erst einmal die Betaversion abwarten.