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Betriebskostenvergleiche sind aufwändig und oft unvollständig

Linux statt Windows: Lohnt der Umstieg?

21.03.2003
Welche Plattform verursacht weniger Betriebskosten? Aufwändige Studien und komplizierte Kostenmodelle helfen IT-Verantwortlichen kaum weiter. Besonders schwierig gestaltet sich die Bewertung von Client-Migrationen.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Linux oder Windows? Welche Plattform verursacht unterm Strich weniger Betriebskosten? Kommt darauf an, erklären Experten und legen aufwändige Studien und komplizierte Kostenmodelle vor. IT-Verantwortliche können damit oft herzlich wenig anfangen. Besonders schwierig gestaltet sich die Bewertung von Client-Migrationen.

Microsoft macht keine halben Sachen. Wenige Monate, nachdem der weltgrößte Softwarekonzern das Thema Total Cost of Ownership (TCO) zur Geheimwaffe gegen die aufkommende Open-Source-Konkurrenz erklärt hatte, veröffentlichte IDC eine Studie, die für Schlagzeilen sorgen sollte. Die Anschaffungskosten für Windows 2000 seien zwar höher als die vergleichbarer Linux-Server-Software, erläuterten die Marktforscher im November 2002. Über einen Zeitraum von fünf Jahren gerechnet, verursache das Microsoft-System aber in vier von fünf untersuchten Anwendungsfeldern niedrigere Gesamtkosten.

IDC untersuchte eigenen Angaben zufolge 104 nordamerikanische Unternehmen. In puncto Netzwerk-Management, als Datei- und Druck-Server sowie beim Einsatz von Sicherheitsanwendungen schnitten Windows-basierende Installationen dabei um elf bis 22 Prozent günstiger ab. Lediglich der Betrieb von Web-Anwendungen lasse sich unter Linux billiger erledigen, so die Autoren.

Das Problem dabei: Finanziert hatte die Studie Microsoft. Die IDC-Experten sahen sich einem Sturm der Entrüstung gegenüber, angeführt vom IT-Konzern IBM, der sich als entschiedener Linux-Protagonist zum Erzrivalen der Gates-Company entwickelt hat.

In einem langen Papier moniert IBM unter anderem methodische Schwächen der IDC-Erhebung und verweist auf eine ähnlich angelegte Studie der US-amerikanischen Robert Frances Group (RFG) vom Sommer 2002. Über einen Zeitraum von drei Jahren verglichen die Marktforscher die gesamten Betriebskosten (TCO) von Linux in Verbindung mit dem Web-Server Apache mit einem Solaris-basierenden System auf Sun-Hardware und einer Windows-Installation mit dem Internet Information Server (IIS). Ergebnis: Die Open-Source-Lösung sei nicht nur in der Anschaffung deutlich billiger, sie verursache auch weniger Verwaltungs- und Supportkosten. Das Problem hierbei: Diese Studie wurde von Big Blue finanziell unterstützt und erntete ebenfalls Proteste, allerdings weniger von Microsoft als vom arg gescholtenen Unix-Konkurrenten Sun Microsystems.

Studien helfen kaum weiter

Wer lange genug sucht, stößt auf etliche weitere Studien, beispielsweise vom australischen IT-Dienstleister Cybersource, der Linux im Unternehmenseinsatz günstigere Kosten im Vergleich zu Windows bescheinigt. Wie valide solche Untersuchungen sind, ist für IT-Verantwortliche aber nur schwer abzuschätzen. "Nicht eine dieser Studien würde ich als Entscheidungsgrundlage nehmen", schimpft Frank-Michael Fischer, ehemaliger Chef der Gartner Group Zentraleuropa und jetzt freier Berater in München.

Jan-Rainer Lahmann, TCO-Experte bei IBM Deutschland, rät Unternehmen, sich bei Migrationsentscheidungen nicht auf einzelne Studien zu verlassen. So setze besagte IDC-Erhebung etwa 70 Prozent Personalkosten für die nordamerikanischen Unternehmen an; in Deutschland hingegen falle dieser Posten um ein Drittel niedriger aus. Lahmann empfiehlt IT-Managern ein stufenweises Vorgehen, das mit einer Inventarisierung der bestehenden Anwendungen beginnen solle. Im nächsten Schritt gehe es darum, einen potenziellen Migrationsfokus zu definieren, der nicht zu klein sein sollte, beispielsweise alle Windows- oder alle Solaris-Server in einem Unternehmensbereich.

Weiche Kosten schwer zu fassen

Nach Prüfung der Linux-Tauglichkeit aller betroffenen Anwendungsfelder sei ein technisches Konzept zu erstellen. Dieses könne etwa eine Konsolidierung auf einem Großrechner beschreiben oder den Ersatz von Risc/Unix-Servern durch Intel-basierende Rechner unter Linux. Für das gewählte Szenario würden dann Preise und Kosten ermittelt; die erforderlichen Daten könnten entweder vom Hersteller kommen oder etwa anhand interner Verrechnungssätze ermittelt werden.

Doch an diesem Punkt beginnen häufig die Probleme, räumt der TCO-Experte ein. Während die Aufwendungen für Wartung und Support noch relativ einfach zu ermitteln sind, müssen Controller und IT-Experten bei den so genannten weichen Faktoren eine Reihe von Fragen beantworten. Dabei geht es etwa um die Administrierbarkeit einer Installation oder um Aspekte wie Ausfallschutz und Sicherheit - erhebliche Kostenfaktoren also, die sich kaum anhand von Herstellerangaben beziffern lassen. "Wie diese Faktoren zu bewerten sind, muss jeweils im Einzelfall entschieden werden", sagt Lahmann.

Ohnehin sind nach seiner Auffassung RoI-Betrachtungen (RoI = Return on Investment) für die Bewertung neuer Technologien oft besser geeignet als nur der Blick auf die Kosten. Dabei würden Risiken einbezogen, die mit dem Einsatz neuer Produkte einhergehen, umgekehrt aber auch solche, die entständen, wenn Unternehmen an veralteter Technik festhalten.

Polizei Niedersachsen migriert auf Linux

Noch schwieriger als im Server-Bereich, wo schon zahlreiche Erfahrungswerte mit Open-Source-Software vorliegen, gestaltet sich eine realitätsnahe Bewertung von Client-Migrationen auf Linux. Größere Installationen sind hier noch die Ausnahme. Zu den wenigen Beispielen zählt neben der Stadt Schwäbisch Hall ein Migrationsprojekt der Polizei Niedersachsen. Sie plant den Einsatz von mehr als 11.000 Linux-Clients an rund 500 Standorten. Neben fachlichen und technischen Erwägungen unternahm die Behörde einen Wirtschaftlichkeitsvergleich von Microsoft Office mit dem Open-Source-Paket Open Office.

Laut Frank Puschin vom Polizeiamt für Technik und Beschaffung in Hannover orientierte sich das Projektteam dabei an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeitsberechnung IT-WiBe 97 der Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik (KBSt). Dieses berücksichtige sowohl offene als auch versteckte Kosten einer Migration. Für den Betrieb über einen Zeitraum von zehn Jahren wären mit Microsoft-Produkten auf den Clients rund 20 Millionen Euro zusätzlich haushaltswirksam zu investieren, so Puschin.

Ein umfangreiches TCO-Modell für Büroumgebungen in kommerziellen Organisationen hat Gartner entwickelt. Es berücksichtigt insbesondere Kosten und Nutzen einer Umstellung auf Suns Star Office 6.0 unter Linux. Die Analysten legen ein Musterunternehmen mit 2500 Anwendern zugrunde, gehen allerdings davon aus, dass 30 Prozent der Nutzer weiterhin mit Microsofts Büropaket arbeiten, während die verbleibenden 70 Prozent (1750 Anwender) auf Star Office migrieren. Ferner unterstellen die Experten, dass nur solche Anwender wechseln, die lediglich Daten eingeben oder stark strukturierte Aufgaben erledigen.

Für einen Benutzer, der alle zwei Jahre ein Office-Upgrade erhält, ergibt sich beim Vergleich mit Microsoft Office Standard Edition eine Ersparnis von jeweils 167 Dollar oder 84 Dollar pro Jahr. Dabei wird ein Software-Assurance-Vertrag mit Microsoft angenommen, der mit 101 Dollar pro Jahr zu Buche schlägt. Dem stehen einmalige Kosten für Star Office in Höhe von 35 Dollar gegenüber. Erhält der Anwender nur alle vier Jahre ein Office-Upgrade, fällt die Ersparnis deutlicher aus: 315 Dollar insgesamt oder 79 Dollar pro Jahr, wobei unterstellt ist, dass Microsoft Office nach vier Jahren für 350 Dollar neu erworben wird.

Diesen Ersparnissen hält Gartner Migrationskosten in Höhe von 1094 Dollar pro Anwender im günstigsten Fall entgegen. Ein Worst-Case-Szenario kommt auf 2585 Dollar. Damit ergäben sich sehr lange Amortisationszeiten, geben die Analysten zu bedenken. Der Löwenanteil entfällt in beiden Fällen auf Arbeitskosten der IT-Abteilung (siehe Grafik "Star Office: Migrationskosten"). Mit rund einem Drittel veranschlagt Gartner den zusätzlichen Arbeitsaufwand eines Benutzers, der im Zuge der Umstellung zu einem Produktivitätsverlust führe. Unterm Strich ergeben sich für das Musterunternehmen Migrationskosten von rund 1,9 Millionen Dollar im günstigsten und bis zu 4,5 Millionen Dollar im ungünstigsten Fall.

Nachteilig wirke sich vor allem aus, dass auch die neue Star-Office-Version 6.0 nicht vollständig kompatibel zum Microsoft-Pendant sei, argumentiert Gartner-Analyst Michael Silver. Dadurch entständen weitere laufende Kosten nach einer Migration. Beispielsweise sind MS-Office-Makros in Star Office nicht ausführbar, Passwort-geschützte Microsoft-Dokumente lassen sich mit dem Linux-Paket nicht öffnen. Probleme tauchen häufig auf, wenn aufwändig formatierte Windows-Dokumente in Star Office übernommen oder weiterbearbeitet werden müssen.

Oliver Kühn von der Frankfurter Unternehmensberatung PA Consulting kommt in einer Untersuchung zu einem ähnlichen Schluss (siehe Kasten "Wann sich der Wechsel zu Star Office rechnet"): Die Kompatibilität von Star Office zu den MS-Office-Dateiformaten hänge von der Komplexität der Dokumente ab, womit vor allem die Anzahl der genutzten Formatierungsmöglichkeiten gemeint sei. Dennoch hält er Einsparungen von 30 Prozent für möglich.

Gartner empfiehlt IT-Verantwortlichen vor diesem Hintergrund, die Anwender in Gruppen zu unterteilen. Für diejenigen, die Dokumente lediglich "konsumieren" oder stark strukturierte Aufgaben erledigen, könne sich ein Umstieg rechnen; Power User hingegen, die auch intensiv Dokumente mit Partnern außerhalb des Unternehmens austauschen, sollten in der Windows-Welt bleiben. Ob diese Empfehlung in der Praxis umsetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Ex-Gartner-Mann Fischer hält eine Sowohl-als-auch-Strategie für zu aufwändig: "Das verursacht einen gewaltigen Overhead." Immerhin müsste die IT-Abteilung dann zwei Büroumgebungen pflegen.

"Wir haben die Kosten nur geschätzt"

Auch für Marco Reinhardt von der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ergibt die Nutzung zweier Office-Pakete keinen Sinn. Vor rund zwei Jahren erstellte er als Projektleiter eine Studie zur Betriebssystem- und Produktstrategie des Bundesverkehrsministeriums. Genauer betrachtet wurde dabei die WSV-IT mit rund 7000 Client-Systemen und etwa 800 Servern. Dabei kristallisierten sich zwei Alternativen heraus: Entweder eine komplette Migration oder ein Verbleib in der Microsoft-Welt.

"Auf lange Sicht empfiehlt die Studie eine komplette Migration auf Linux", so Reinhardt. Diese Entscheidung müsse nun in mehreren Teilprojekten verifiziert werden. Dazu gehöre auch eine genaue Kostenbetrachtung. In der ersten Untersuchung habe man die Kosten nur geschätzt, sei aber durchaus von hohen Schulungs- und Migrationsaufwendungen ausgegangen. TCO-Modelle wie das von Gartner sind für ihn "eher theoretischer Natur". Sämtliche Zeiten für erforderliche Arbeiten wie Installation, Pflege oder Verwaltung zu erfassen, hält er für zu aufwändig. "Wir wollen keine abschließende wissenschaftliche Arbeit, sondern ein handhabbares Modell." Die WSV entwickle deshalb gemeinsam mit Analysten ein eigenes Kennzahlensystem zur Bewertung der Betriebskosten.

Dass auch Mischformen aus Linux- und Windows-Clients in der Praxis funktionieren können, zeigt das Beispiel der LVM-Versicherungen. Im Rahmen der Erneuerung seines Agentursystems setzt das Unternehmen aus Münster rund 4000 Linux-basierende IBM-Notebooks in einem Thin-Client-Konzept für den Außendienst ein. In den Agenturen arbeiten stationär zirka 2000 Network Computer (NCs) ebenfalls unter Linux. Derzeit sind rund 60 Prozent der Innendienst-Arbeitsplätze (1600 Nutzer) mit dieser Version ausgestattet, berichtet Alois Lutz, Abteilungsdirektor zentrale Anwenderbetreuung und Beschaffung. Power User hingegen arbeiten nach wie vor mit Windows XP.

Ausschlaggebend für das Open-Source-System seien die fehlenden Lizenzgebühren gewesen, so Lutz, darüber hinaus aber auch der Wunsch nach einem möglichst schlanken Betriebssystem, das in eigener Verantwortung weiterentwickelt werden könne.

Ein größeres Projekt mit rund 3000 Thin Clients unter Linux hat auch die Krankenversicherung Debeka gestemmt. Entscheidendes Kriterium für den Open-Source-Einsatz waren allerdings nicht Kostenbetrachtungen, erläutert Projektleiter Axel Meyer, sondern die Flexibilität beim Update-Verfahren. Kosten habe man nur "über den Daumen geschätzt". Hohe Schulungsaufwendungen, wie sie häufig bei Linux-Migrationen angeführt werden, fielen laut Meyer bei der Debeka kaum ins Gewicht, da die IT-Mannschaft historisch bedingt bereits über Unix-Know-how verfügte.

Obwohl das Thema Betriebskosten von IT-Verantwortlichen in diversen Erhebungen immer wieder als eines der wichtigsten Motive für den Linux-Einsatz genannt wird, scheinen in der Praxis häufig andere Gründe im Vordergrund zu stehen. Die Angaben von WSV-Projektleiter Reinhardt dürften deshalb auch für etliche andere Anwender gelten: "Mit einer Entscheidung für Active Directory würden wir die Bindung an Microsoft weiter erhöhen", so der IT-Experte. Ähnliches gelte für den Einsatz von Open Office. "Wir wollen selbst entscheiden, wann wir migrieren und wohin wir migrieren." (wh)

Wann sich der Wechsel zu Star Office rechnet Oliver Kühn von der Frankfurter Unternehmensberatung PA Consulting hat einige Kriterien gesammelt, wann IT-Verantwortliche den Wechsel von der Microsoft-Welt zu Linux und Star Office in Erwägung ziehen sollten. Entscheidend für die Akzeptanz alternativer Büropakete ist die Möglichkeit, Dokumente mit Anwendern auszutauschen, die überwiegend mit Microsoft Office arbeiten. Obwohl andere Office-Pakete für Linux existieren, bieten nur Star Office 6.0 und dessen Grundlage "Open Office" eine ausreichende Kompatibilität mit den MS-Office-Dateiformaten. Kompatibilität heißt zwingend, dass nicht nur der Inhalt, sondern auch Formatierungen, Animationen, Formeln, integrierte Tabellen und andere Objekte korrekt übernommen werden können. Neben den Dateiformaten ist die Kompatibilität existierender Makros und Datei- beziehungsweise Formatvorlagen zu berücksichtigen. Die Kompatibilität von Star Office zu den MS-Office-Dateiformaten hängt von der Komplexität der Dokumente ab, womit vor allem die Anzahl der benutzten Formatierungsmöglichkeiten gemeint ist. Grundsätzlich sind Dokumente aller MS-Office-Versionen auch mit Star Office zu öffnen - allerdings gehen einige Formatierungen verloren. Für MS Office geschriebene Makros und Vorlagen sind in Star Office nicht verwendbar und müssen neu erstellt werden. Ein zusätzlicher Aufwand entsteht, wenn nach der Einführung von Star Office ein ständiger Austausch komplexer Dokumente mit MS-Office-Anwendern stattfinden soll. Diesen Migrationskosten für Wiederherstellung von Dokumenten, Vorlagen und Makros stehen Einsparungen aus den Lizenzen gegenüber. Es ist also zu berücksichtigen, dass Teile des aus der Differenz der Lizenzpreise gesparten Geldes von IT-Dienstleistungen und Trainingsaufwendungen absorbiert werden. Betrachtet man nur die Kosten für die Büropakete, lässt sich folgende Berechnung anstellen: Suns Listenpreis für 250 Anwender beträgt etwa 14.300 Euro. Für einen MS-Office-Arbeitsplatz fallen bei Wahl des Microsoft-Open-Lizenzprogramms und 250 Anwendern für eine Lizenz inklusive Update-Garantie 574 Euro an. Nach zwei Jahren werden weitere 211 Euro für die Beibehaltung der Update-Garantie fällig. Unterm Strich summiert sich dies auf rund 196.000 Euro. Sun gibt bei 250 Anwendern rund 20 Prozent Rabatt, Microsoft nur etwa fünf Prozent. Rechnet man dann noch das Betriebssystem in die Lizenzgebühren ein, lassen sich mit der Linux- und Star-Office-Kombination bei 250 Anwendern in drei Jahren etwa 250.000 Euro gegenüber Windows und MS Office einsparen. Trotz dieser erheblichen Preisdifferenz sollte Star Office nur dann als Alternative zu MS Office in Betracht gezogen werden, wenn der Anteil an komplexen Dokumenten und der Einsatz von Makros in der Organisation gering ist. Denn das Einsparpotenzial ergibt sich aus der Differenz der Lizenzpreise abzüglich der Migrationskosten, wobei grundsätzlich gilt: Je mehr Lizenzen, desto attraktiver wird der Umstieg. (ue/wh)
Wann sich der Wechsel zu Star Office rechnet Oliver Kühn von der Frankfurter Unternehmensberatung PA Consulting hat einige Kriterien gesammelt, wann IT-Verantwortliche den Wechsel von der Microsoft-Welt zu Linux und Star Office in Erwägung ziehen sollten. Entscheidend für die Akzeptanz alternativer Büropakete ist die Möglichkeit, Dokumente mit Anwendern auszutauschen, die überwiegend mit Microsoft Office arbeiten. Obwohl andere Office-Pakete für Linux existieren, bieten nur Star Office 6.0 und dessen Grundlage "Open Office" eine ausreichende Kompatibilität mit den MS-Office-Dateiformaten. Kompatibilität heißt zwingend, dass nicht nur der Inhalt, sondern auch Formatierungen, Animationen, Formeln, integrierte Tabellen und andere Objekte korrekt übernommen werden können. Neben den Dateiformaten ist die Kompatibilität existierender Makros und Datei- beziehungsweise Formatvorlagen zu berücksichtigen. Die Kompatibilität von Star Office zu den MS-Office-Dateiformaten hängt von der Komplexität der Dokumente ab, womit vor allem die Anzahl der benutzten Formatierungsmöglichkeiten gemeint ist. Grundsätzlich sind Dokumente aller MS-Office-Versionen auch mit Star Office zu öffnen - allerdings gehen einige Formatierungen verloren. Für MS Office geschriebene Makros und Vorlagen sind in Star Office nicht verwendbar und müssen neu erstellt werden. Ein zusätzlicher Aufwand entsteht, wenn nach der Einführung von Star Office ein ständiger Austausch komplexer Dokumente mit MS-Office-Anwendern stattfinden soll. Diesen Migrationskosten für Wiederherstellung von Dokumenten, Vorlagen und Makros stehen Einsparungen aus den Lizenzen gegenüber. Es ist also zu berücksichtigen, dass Teile des aus der Differenz der Lizenzpreise gesparten Geldes von IT-Dienstleistungen und Trainingsaufwendungen absorbiert werden. Betrachtet man nur die Kosten für die Büropakete, lässt sich folgende Berechnung anstellen: Suns Listenpreis für 250 Anwender beträgt etwa 14.300 Euro. Für einen MS-Office-Arbeitsplatz fallen bei Wahl des Microsoft-Open-Lizenzprogramms und 250 Anwendern für eine Lizenz inklusive Update-Garantie 574 Euro an. Nach zwei Jahren werden weitere 211 Euro für die Beibehaltung der Update-Garantie fällig. Unterm Strich summiert sich dies auf rund 196.000 Euro. Sun gibt bei 250 Anwendern rund 20 Prozent Rabatt, Microsoft nur etwa fünf Prozent. Rechnet man dann noch das Betriebssystem in die Lizenzgebühren ein, lassen sich mit der Linux- und Star-Office-Kombination bei 250 Anwendern in drei Jahren etwa 250.000 Euro gegenüber Windows und MS Office einsparen. Trotz dieser erheblichen Preisdifferenz sollte Star Office nur dann als Alternative zu MS Office in Betracht gezogen werden, wenn der Anteil an komplexen Dokumenten und der Einsatz von Makros in der Organisation gering ist. Denn das Einsparpotenzial ergibt sich aus der Differenz der Lizenzpreise abzüglich der Migrationskosten, wobei grundsätzlich gilt: Je mehr Lizenzen, desto attraktiver wird der Umstieg. (ue/wh)