Sanjay Kumar, CEO und Chairman Computer Associates, im CW-Gespräch

"Linux spielt eine große Rolle für unser Geschäft"

07.03.2003
MÜNCHEN (ciw) - CA, früher hauptsächlich für seine spektakulären Übernahmen bekannt, besinnt sich auf seine Kunden. Nach dem Ausstieg des Gründers Charles Wang will sich sein Nachfolger Sanjay Kumar auf Services, neue Produkte und das neue Geschäftsmodell konzentrieren. Dabei setzt er stark auf Linux.

CW: Wie entwickeln sich Ihrer Meinung nach in diesem Jahr die IT-Märkte?

KUMAR: 2003 wird ganz ähnlich verlaufen wie das vergangene Jahr. Die Kunden bleiben bei Investitionen vorsichtig.

CW: Gibt es Ihrer Ansicht nach Technologien, für die sich Anwender im laufenden Jahr besonders stark interessieren?

KUMAR: Wir haben den Eindruck, die Themen Linux und Web-Services sorgen unter unseren Kunden für große Aufmerksamkeit. Dabei sind Web-Services nicht ganz so reif wie Linux und werden von daher eher mittelfristig wichtig. Aber Linux spielt eine große Rolle für unser heutiges Geschäft.

CW: Wie stark engagiert sich CA im Bereich Linux?

KUMAR: 50 unserer Produkte laufen bereits unter Linux, weitere 50 sind in Arbeit.

CW: Bei insgesamt 1200 Produkten klingt das nicht sehr aggressiv.

KUMAR: Sie müssen bedenken, dass davon vielleicht 300 oder 400 ständig nachgefragt werden - bei den anderen handelt es sich zum Teil um Legacy-Produkte. Und wenn Sie von den aktiven Produkten etwa ein Viertel unter Linux anbieten, dann ist das schon eine ganze Menge.

CW: Warum glauben Sie, dass Linux Mainstream wird?

KUMAR: Wenn uns unsere Kunden erzählen, dass sie in den nächsten drei Jahren massiv in Linux investieren, dann müssen wir da natürlich etwas tun. Anwender schaffen ihre proprietären Plattformen deshalb nicht ab, aber sie werden deren Benutzung einschränken.

CW: Wenn CA stark auf Linux setzt, was bedeutet das für Ihre Preisstrukturen? Müssen Sie die Preisliste nicht auch ein bisschen "offener" gestalten?

KUMAR: Ja, das ist aber okay. Schauen Sie sich die Entwicklung an: Mainframe-Software war teurer als Unix-Programme und unter Windows laufende Software ist wiederum preiswerter als Unix-Systeme - klar, dass sich dann unter Linux auch etwas bewegen muss. Wir versuchen, das über größere Verkaufszahlen auszugleichen.

CW: Aber in diesen Zeiten die Verkaufszahlen zu erhöhen ist doch alles andere als einfach.

KUMAR: Natürlich ist das schwierig. Aber wenn Sie sich unser Lizenzgeschäft des vergangenen Jahres ansehen und das positiv verlaufende Lizenzneugeschäft, dann haben wir definitiv die Chance, in diesem Markt gut abzuschneiden.

CW: Analysten und Anwender beäugen das CA-Abo-Modell immer noch sehr misstrauisch. Glauben Sie, das sich das jemals ändert?

KUMAR: Wenn wir mit Kunden reden, scheinen sie keine Bedenken gegen das Abo-Modell zu hegen. Und das Wachstum gibt uns recht. Gegenüber Vorjahr verzeichneten wir ein Umsatzplus von 22 Prozent, und vom Sep-tember- auf das Dezemberquar-tal haben wir den Umsatz um 36 Prozent erhöht. Das können nicht viele Unternehmen von sich behaupten. Ich sehe übrigens auch nicht, dass die Wallstreet unserem Modell misstraut. Schauen sie sich doch die Kursentwicklung seit der Umstellung im Oktober 2000 an. Von da bis Februar 2002 stieg der Preis pro Aktie von 15 auf fast 39 Dollar. Dann kün-digten die Aufsichtsbehörden an, sich mit unseren zurückliegenden Bilanzen zu beschäftigen, und das senkte natürlich den Kurs - aber es drückt kein Misstrauen gegenüber unserem Geschäftsmodell aus.

CW: Was unternimmt CA in Sachen Web-Services?

KUMAR: Wie viele andere Anbieter, schreiben wir Software, die Web-Services unterstützt. Außerdem arbeiten wir hart daran, unsere Produkte Web-Service-kompatibel zu machen und bieten für diesen Bereich auch neue Programme an. Bis Web-Services sich auf breiter Front durchsetzen, dauert es allerdings noch einige Zeit.

CW: Was ändert sich mit dem Ausstieg von Charles Wang als Chairman?

KUMAR: Nicht viel. Wir akqui-rieren heute weniger Unternehmen als früher, konzentrieren uns auf den Service für unsere Kunden, die Entwicklung zusätzlicher Produkte und auf unser neues Geschäftsmodell. 2003 werden wir viel von dem fortsetzen, was wir schon im vergangenen Jahr gemacht haben - vielleicht ein bisschen schneller.