Linux oder Windows -Was ist günstiger?

20.02.2006
Der Streit um die Betriebskosten Linux-basierender Systeme eskaliert. Die Open-Source-Gemeinde wehrt sich mit einer eigenen Studie gegen Microsofts "Get-the-Facts"-Kampagne.

Unterm Strich ist Linux teurer als Windows. So lautet die Kernbotschaft, die Microsoft in seiner Get-the-Facts-Kampagne verbreitet. Der Softwaremulti stützt sich auf eine ganze Reihe von Expertenstudien, die er zumeist großzügig finanziell unterstützt. Nun schlägt die Open-Source-Community zurück: "Get the Truth on Linux Management" verspricht ein aktueller Bericht des US-Marktforschers Enterprise Management Associates (EMA), der die Argumente der Gates-Company widerlegen soll.

Microsoft: "Get the Facts"

Kernaussagen:

• Linux-Server sind insge-samt teurer (Total Cost of Ownership) als Windows-Systeme.

• Die Verwaltung von Linux-Servern (Patch-Management, Provisioning, Speicher-Management etc.) ist aufwändiger.

• Linux-Administratoren werden in der Regel besser bezahlt als vergleichbare Windows-Experten.

Mehr Informationen:

http://www.microsoft.com/ windowsserversystem/facts.

Open Source: "Get the Truth"

Kernaussagen:

• Linux-Server sind in den meisten Fällen billiger zu beschaffen und zu betreiben als Windows-Server.

• Ausgefeilte Management-Tools vereinfachen die Verwaltung von Linux- Umgebungen. Der Unterschied zu Windows- Umgebungen ist nicht mehr relevant.

• Die Gehälter von Linux- und Windows- Administratoren unterscheiden sich kaum.

Mehr Informationen:

http://www.levanta.com/ linuxstudy.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

546803: Microsoft: Linux ist nicht billiger;

556766: Microsoft heizt Kostendebatte an;

564777: Microsoft plant Offensive gegen Linux.

Hier lesen Sie …

• welche Argumente Microsoft im Kampf gegen die Linux-Konkurrenz vorbringt;

• wie die Open-Source-Gemeinde dagegenhält;

• welche Kostenaspekte die Diskussion bestimmen.

Microsoft-Studien veraltet?

Die Ergebnisse zeigten, dass die von Microsoft zitierten Studien veraltet seien, erklären die Autoren. In der aktuellen Untersuchung hätten 88 Prozent der Befragten mit heterogenen IT-Plattformen angegeben, die Verwaltung einer Linux-Umgebung verursache weniger Aufwand als eine Windows-Installation. Dies sei vor allem auf den Einsatz ausgefeilter Management-Werkzeuge zurückzuführen, die mittlerweile für das quelloffene Betriebssystem angeboten würden.

In seiner Get-the-Facts-Kampagne hatte Microsoft unter anderem auf eine Meta-Group-Studie vom Juni 2005 verwiesen. Darin behaupten die Analysten, Windows lasse sich schneller installieren, konfigurieren und verwalten als Linux. Weitere von dem Konzern gesponserte Untersuchungen brachten ähnliche Resultate.

Herstellerneutral ist freilich auch die EMA-Erhebung nicht. Zu den Geldgebern gehört das Konsortium Open Source Development Labs (OSDL), das unter anderem Linus Torvalds beschäftigt, und das Softwarehaus Levanta; der kalifornische Hersteller offeriert Management-Werkzeuge für Linux.

Teures Patch-Management

Die Studie betrachtet das Thema Linux-Verwaltung unter mehreren Aspekten, darunter Patch-Management, Provisioning, Problembehebung und Kosten. Dabei stützen sich die Marktforscher auf Befragungen von CIOs und IT-Managern mit Linux-Erfahrungen. Mehr als 200 Antworten seien ausgewertet worden. Die meisten Linux-Administratoren investieren weniger als fünf Minuten pro Server und Woche in das Patch-Management, lautet ein Ergebnis. Mit Hilfe von Management-Tools wie HP Openview oder CA Unicenter lasse sich der Aufwand weiter reduzieren.

Microsoft hatte im Mai 2005 unter anderem behauptet, das Einspielen von Patches auf Windows-Systemen sei wesentlich günstiger als in einer Open-Source-Landschaft. Der Hersteller berief sich auf eine Studie des indischen IT-Dienstleisters Wipro, der nach eigenen Angaben 90 Unternehmen zu dem Thema befragt hatte. Demnach lägen die Kosten, einen Windows-basierenden Datenbank-Server auf den neuesten Stand zu bringen, 33 Prozent unter denen, die eine Open-Source-Konfiguration verursachen würde. Schon damals hielt Linux-Protagonist Novell dagegen: Das Papier basiere auf veralteten Tatsachen, monierte Solutions Manager Paul Kangro. Aktuelle Patch-Tools im Linux-Umfeld seien zum Zeitpunkt der Umfrage noch nicht verfügbar gewesen.

Für kontroverse Diskussionen sorgte auch die Frage, wie lange es dauert, einen Linux-Server einzurichten und im Netz zur Verfügung zu stellen (Provisioning). In der EMA-Erhebung gab mehr als die Hälfte der Befragten an, ein Linux-System in weniger als einer Stunde aufzusetzen, ein Fünftel benötigte weniger als 20 Minuten. Administratoren, die ausgereifte Linux-Management-Tools einsetzen, tun sich laut EMA noch leichter: 75 Prozent von ihnen brauchen im Durchschnitt weniger als eine Stunde, ein Drittel schaffte es in weniger als 30 Minuten. Vergleichswerte für Windows-Server führt EMA indes nicht an.

Ähnliches gilt für den Aufwand, den das IT-Personal für die Behandlung von Problemen betreiben muss. In 60 Prozent der Fälle würden Fehlfunktionen einer Linux-Installation in weniger als einer halben Stunde behoben, so die Autoren. Der Durchschnittswert in der Industrie liege achtmal so hoch.

Geht es um TCO-Betrachtungen, führt Microsoft gern die angeblich hohen Gehälter von Linux-Experten an. Auf der Get-the-Facts-Website findet sich beispielsweise eine Untersuchung der Yankee Group, in der die Marktforscher angeben, Linux-Administratoren könnten zehn bis 20 Prozent höhere Vergütungen verlangen als Windows- oder Unix-Spezialisten.

Umstrittene Gehälter

Laut dem EMA-Bericht lässt sich dieses Argument nicht halten. Die Gehälter von Linux- und Windows-Administratoren unterschieden sich nur marginal. Die meisten Server-Experten verdienten weniger als 60 000 Dollar im Jahr, unabhängig davon, ob sie Linux- oder Windows-Systeme betreuten. Darüber hinaus lehre die Erfahrung, dass Linux-Administratoren im Durchschnitt mehr Rechner verwalteten als ihre Windows-Kollegen.

In Sachen TCO berücksichtigten ältere Studien zudem die Anschaffungskosten von Linux-Systemen zu wenig, monieren die EMA-Analysten. Pro Server könnten Anwender bis zu 60000 Dollar an Softwarekosten sparen, wenn sie statt Windows Open-Source-Programme einsetzten. Das Microsoft-System verursache zudem höhere Hardwarekosten.

Andere Kostenfaktoren

Andere Aspekte hingegen würden in der von Microsoft geführten Kostendiskussion überbetont. Dazu gehörten die Themen Risiko-Management, Beratungs- und Umstellungskosten, Überlebensfähigkeit von Open-Source-Anbietern oder der angebliche Fachkräftemangel. Angesichts der zunehmenden Reife von Linux seien solche Faktoren zu vernachlässigen. Das Resümee der Open-Source-Studie fällt denn auch eindeutig aus: "In vielen Fällen lässt sich eine Linux-Plattform deutlich günstiger beschaffen und betreiben als Windows."