Kolumne

"Linux im Big Business"

09.10.1998

Linux ist die Rache des kleinen Programmierers am Big Business. Hier hat eine Gruppe idealistischer Akademiker Konzernen wie IBM, HP und Sun gezeigt, wie man ein kompaktes, stabiles, portables und skalierbares Unix ohne große Mittel auf die Beine stellt. Noch immer läßt die seit fast zehn Jahren bestehende Fangemeinde mit ihrer Innovationsgeschwindigkeit selbst hochflexible Labors wie die von Microsoft als starre Bürokratien erscheinen. Den Softwareriesen bleibt wenig mehr, als die Organisatoren des Open-Licence-Verfahrens um ihre vielen innovativen und zudem kostenlos arbeitenden Programmierer zu beneiden.

Den Anwendern kann das herzlich gleichgültig sein. Sie haben von Microsoft gelernt, auf den Preis zu achten, und zu ihrer Freude festgestellt, daß es mit Linux im Server-Markt ein günstigeres Produkt als Windows NT gibt. Das Tool-Angebot für das kostenlose Unix ist umfassender als bei Microsoft, und selbst an Datenbanken gibt es inzwischen reichlich Auswahl. Manchmal fehlt es allerdings an Gerätetreibern, weil nicht jeder Hersteller bereit ist, Linux-Programmierern kostenlos Einblick in seine Techniken zu gewähren. Es liegen zwar keine zuverlässigen Zahlen, aber doch plausible Schätzungen vor. Danach ist Linux heute das führende Betriebssystem bei den Web-Servern.

Da Linux niemandem gehört und sein Sourcecode zudem öffentlich vorliegt, eignet es sich ideal als Geschäftsgrundlage für geschickte, aber finanziell schlecht ausgestattete Newcomer. Insbesondere in Deutschland gibt es inzwischen eine gesunde mittelständische Infrastruktur von Dienstleistern, die dafür sorgt, daß es in keiner Stadt an Linux-Support fehlt. Der Fürther Linux-Spezialist Suse ist inzwischen sogar in den USA tätig.

Im Markt für Server-Betriebssysteme verzeichnen nur noch NT und Linux bemerkenswerte Installationszuwächse. Es ist also kein Wunder, wenn nach den Datenbankern inzwischen immer mehr Industriegrößen von diesem Geschäft profitieren wollen.

Nicht nur Open-Licence-Päpste beobachten es jedoch mit Sorge, wenn sich die Branche in Firmen wie Red Hat, Caldera und Suse einkauft. Sie befürchten, daß der Anreiz, kostenlos für Linux zu entwickeln, in demselben Maße schwinden wird, in dem andere sich dort eine goldene Nase verdienen. Das Big Business schlägt zurück.