Linux

Linux auf dem Stick: 10 Ideen für den Einsatz

15.12.2018
Von 
Mehr über Hermann Apfelböck erfahren Sie unter http://apfelböck.de.
Linux auf USB ist so variantenreich wie Ihre Ansprüche. Der eine benötigt unterwegs ein Office, der nächste ein System für riskante Webbesuche zu Hause. Und wenn USB-Medien auf Reise gehen, sollen die Daten bei Verlust geschützt sein.
Porteus im Überblick.
Porteus im Überblick.

Technisch ist es kein Problem, ein Linux als Livesystems auf einen USB-Stick zu portieren, etwa im klassischen Einsatz als Notfalloder Surfsystem. Da USB 3.0 aber auch jedes ordentlich installierte Linux flott ausliefert, gibt es für mobiles Linux kein Denkverbot (Punkte 1 bis 6). Die folgenden Beispiele sind praktische Anregungen und keine detaillierten Anleitungen. Lediglich bei den Spielarten der Verschlüsselung von USB-Medien (Punkte 7 bis 10) gehen wir weiter ins Detail.

1. Schnelles Surfsystem Porteus

Porteus in der Kiosk-Variante.
Porteus in der Kiosk-Variante.

Ins Internet bringt Sie jedes auf USB installierte Linux-System. Bei geringen Ansprüchen genügt sogar ein Livesystem, das dann allerdings keine Browserlesezeichen oder sonstigen Komfort erlaubt. Ein Surfsystem schlechthin ist aber der Spezialist Porteus - klein, schnell und auf Wunsch ein Browser pur im "Kiosk-Modus". Die Website mit Auswahl der zahlreichen Porteus-Varianten und -Versionen ist allerdings konfus. Wir vereinfachen die Auswahl und konzentrieren uns hier auf die interessante Kiosk-Variante mit Firefox oder Chrome pur.

Das ISO-Abbild müssen Sie in einem Zwischenschritt auf USB oder CD schreiben, um von dort auf das Zielmedium zu installieren. Man kann das ISO auch als virtuelle Maschine in Virtualbox oder Vmware laden und von dort auf das - vom Host freigegebene - Zielmedium installieren.

Die Einrichtung mit dem englischsprachigen Installer ist sehr detailliert und Sie sollten sich für die zahlreichen Optionen Zeit nehmen. System und Browser sind damit nämlich final konfiguriert. Neben der Browserwahl geht es um die Netzverbindung (Kabel, WLAN), das Tastaturlayout, um die Möglichkeit, mit Strg-Alt-Entf einen Shutdown-Dialog aufzurufen, um ein optionales Zugangskennwort oder um vorgegebene Lesezeichen. Generell empfehlen sich für ein selbst genutztes Kiosk-Porteus relativ großzügige Einstellungen. Am Ende erscheint der Dialog "System installation", wo Sie das Ziellaufwerk wählen. Nach Klick auf "Install system" ist Porteus im Handumdrehen auf dem USB-Stick. Das kleine System benötigt kaum ein GB Platz. Die Benutzung des Surfsystems ist denkbar unkompliziert - nach dem Booten des USB-Sticks einfach kurz warten, bis der Browser erscheint.

2. Reparatursysteme für Linux und Windows

Die PC-Welt-Notfall-DVD ist auf Windows-Pannen spezialisiert.
Die PC-Welt-Notfall-DVD ist auf Windows-Pannen spezialisiert.

Reparatursysteme müssen ihren Job machen und dafür griffbereit die richtigen Werkzeuge mitbringen. Ansprüche an Desktopästhetik und Anpassungsfähigkeit stehen hinten an, wenn wichtige Dateien vom bootunfähigen Hauptsystem gekratzt werden müssen. Daher genügen hier Livesysteme ohne Installation. Die beiden Nachfolgenden sind anspruchslos und laufen auf jedem PC. Netzwerk-, WLAN- und Internetzugriff sind an Bord.

Für Windows-Pannen ist die PC-Welt-Rettungs-DVD der ideale Nothelfer (775 MB). Sie bietet Virenscanner, Rettungstools für gelöschte Dateien und Partitionen, Kennwortlöschung, Kopier- und Klonspezialisten, den Gparted-Partitionierer und sogar einen Editor für die Windows-Registry. Für Linux-Pannen genügt oft das Livesystem der jeweiligen Distribution als Reparatursystem. Spezialisierter ist System Rescue CD (545 MB). Das sachliche System startet zum Prompt, zeigt aber nach startx auch eine einfache XFCE-Oberfläche. An grafischen Programmen gibt es mit Gparted, Dateimanager, Browser, Brennprogramm allerdings nur das Notwendigste. Der Reichtum des Reparatursystems erschließt sich nur im Terminal mit unzähligen Tools zur Dateibearbeitung und Datenrettung (7z, Badblocks, Ecrypt FS*, Grub2*, Gvfs*, Isoinfo, Nmap, Photorec, Testdisk, Unrar …). Partitionen muss man manuell mit mount einhängen.

Die zusätzliche Windows-Partition

Für einen idealen USB-Stick ist neben dem Linux-System oft eine zusätzliche Windows-Partition mit FAT32 oder NTFS unerlässlich. Wenn Sie daran schon beim Setup des Linux-Systems denken, umso besser: Dann setzen Sie diese Partition am besten an den Anfang des USB-Sticks. Das heißt, Sie beginnen die Partitionierung des freien Speicherplatzes mit einer primären Partition mit Windows-Dateisystem. Das verhindert später harmlose, aber lästige Windows-Fehlermeldungen über nicht erkannte Partitionen. Aber auch nachträglich können Sie mit Gparted auf einem anderen Linux-System die Systempartition auf dem Stick verkleinern und auf dem freien Platz FAT32 oder NTFS einrichten. Die Swappartition, sofern es die Größe erlaubt, können Sie mit Gparted sogar im laufenden System verkleinern, wenn Sie die Partition in Gparted vorher deaktivieren („Auslagerungsspeicher ausschalten“).

3. Der Zweit-Desktop

Für eine mobile Arbeitsumgebung sind Livesysteme kaum geeignet: Die eine oder andere Desktopeinstellung vermisst man auf Dauer schmerzlich und bei der mitgelieferten Software fehlen wesentliche Programme. Eventuell genügt ein Livesystem mit Persistenz, um dies auszugleichen, auf der sicheren Seite ist man aber nur mit einem echt installierten Desktopsystem auf USB. Je nach Anspruch und Zielgerät können oder müssen die später genannten Minimalisten genügen (Punkt 6).

Wer aber auf USB 3.0 rechnen kann, ist mit einer kleineren Ubuntu-Edition am besten beraten. Ubuntu Mate und Xubuntu sind gute Kandidaten, um Desktopkomfort und flüssiges Arbeiten auf dem USB-Stick zu kombinieren.

4. Musikstation und Mediacenter

Der Aufwand für transportable Mediensammlungen kann sehr unterschiedlich ausfallen. Wer sich darauf verlässt, dass er auf anderen PCs die nötigen Player und Codecs vorfindet, kann seine Medien einfach ohne Softwareunterstützung auf USB-Medien kopieren. Die sollten dann vorzugsweise mit FAT32 oder NTFS formatiert sein, um wenigstens allen Betriebssystemen Zugriff zu erlauben. Etwas mehr Service und Unabhängigkeit geht aber auch bei dieser einfachen Variante: Den Universalplayer VLC (und eventuell weitere Software wie einen Bildviewer) können Sie in jedem Fall mitliefern: Den portablen VLC für Windows gibt es etwa unter https://portableapps.com, ein portables VLC-Appimage für Linux unter https://bintray.com/probono/AppImages/VLC. Beachten Sie, dass der Start von Appimages auf FAT32 nicht funktioniert, was aber durch Kopieren auf das jeweilige Linux-System leicht zu beheben ist.

Eine ambitionierte Lösung ist ein komplettes Kodi-Mediencenter auf USB, hier dann vorzugsweise auf einer USB-Festplatte. Mit das kleinste und schnellste Linux-System als Transporteur für Kodi ist Libre Elec, das auf USB 3.0 in etwa 15 Sekunden startet. Die Installation erfolgt am einfachsten mit dem "LibreELEC USB-SD Creator" von der Adresse https://libreelec.tv/downloads/ (Linux, Windows, Mac-OS). Der lädt automatisch das aktuelle Libre Elec für die gewünschte Plattform, in unserem Fall "Generic_ x86" für PCs, und schreibt es auf einen angeschlossenen Stick. Dies ist dann vorläufig nur der Installer, mit dem Sie booten und dann Libre Elec auf das eigentliche Zielmedium installieren.

Die Einrichtung von Kodi können wir an dieser Stelle nicht ausführen. Wichtig ist für eine mobile USB-Nutzung, dass Sie auf Netzwerkquellen verzichten und alle Medien auf dem USB-Medium bevorraten.

5. Das Wiki in der Hosentasche

Wer seine Notizen, Adressen, Anleitungen und Infosammlungen in einem Wiki auf Apache- oder Nginx-Basis abruft, bearbeitet und erweitert, kann dieses Wiki natürlich auch auf USB-Stick transportieren. Voraussetzung ist ein ordentlich auf USB installiertes Linux-System mit Apache/Nginx, Wiki-Software und mindestens PHP. Eine Datenbank benötigt das hier empfohlene Dokuwiki nicht. Dokuwiki ist deshalb ein guter Mobilbegleiter, weil der Datenabgleich mit der heimischen Wiki-Installation leicht fällt: Nur das Unterverzeichnis "/data" enthält die Inhalte und ist mit rsync leicht zu synchronisieren.

Sie können die Wiki-Inhalte sogar zusätzlich auf Windows-PCs abrufen, da es eine portable Windows-Version des Dokuwiki gibt (siehe https://download.dokuwiki.org/ und dort "MicroApache"). Um dies auf einem einzigen USB-Stick zu realisieren, benötigen Sie neben der Linux-Installation eine zusätzliche FAT32-Partition. Infos dazu finden Sie im Kasten "Die zusätzliche Windows-Partition".