Linux auf dem Prüfstand

13.03.2002
Von 
Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.

Als Gründe für die großflächige Linux-Einführung nennt IT-Leiter Richard Brückner vor allem die Stabilität der Systeme und die Kosten. Wobei er auch eingesteht: „Wir sind halt ein bisschen Linux-begeistert.“ Doch Brückner ist sicher, dass es auch finanziell der richtige Schritt für sein Unternehmen war.

Recht häufig wird Linux bereits in Clustern genutzt, meist im Bereich aufwändiger technischer Berechnungen. So setzt etwa das Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) zum Betrieb einer sechsseitigen Virtual-Reality-Cave (siehe CW 28/01, Seite 37) schon seit einiger Zeit einen Cluster aus zwölf Intel-PCs unter Linux ein. Diese Billiglösung soll eine ähnlich gute Rechenleistung erbringen wie das parallel dazu verwendete Highend-Unix-System von SGI.

Auch in der Automobilindustrie, wo komplexe physikalische Zusammenhänge simuliert werden, finden sich verstärkt Cluster mit dem Open-Source-OS. Zum Beispiel nutzt der Kölner Automobilzulieferer Visteon GmbH ein System von Fujitsu-Siemens für CFD-Analysen (CFD = Computational Fluid Dynamics): „In der Entwicklungsabteilung für Fahrzeugklimatisierung und Motorkühlung wird ein Linux-Cluster zur Berechnung von numerischen Strömungssimulationen eingesetzt. Die Performance und Stabilität von Linux haben die Entwicklungsingenieure überzeugt“, so eine Unternehmenssprecherin.

Immer mehr große IT-Anbieter nehmen neben ihren eigenen, proprietären Betriebssystemen Linux ins Angebot auf. Eine wichtige Rolle spielt dabei IBM. Für die Mainframes S/390 und die z-Serie bietet Big Blue in Partnerschaft mit den Linux-Distributoren Suse und Red Hat seit einiger Zeit Linux als ergänzendes OS an. Referenzkunden sind etwa der Kölner Gerling-Konzern oder die Investmentbank HSBC Trinkaus & Burkhardt aus Düsseldorf. Abseits der IBM-Referenzlisten herrscht aber bezüglich Linux auf dem Großrechner meist Stillschweigen.

Mainframer zeigen großes Interesse Dass Linux auf dem Mainframe ein wichtiges Thema für die Anwender ist, bestätigt jedoch die IBM-Usergroup Guide Share Europe (GSE). Deren Deutschland-Chef Christoph Laube ist überrascht, welchen Zulauf Veranstaltungen der GSE haben, wenn Linux auf der Agenda steht: „Das Interesse unserer Mitglieder ist außerordentlich hoch.“ Der Vorsitzende der Linux-Arbeitsgruppe der GSE, Thomas Uhl, bekräftigt: „Es gibt sicher kein Unternehmen, das einen Mainframe besitzt, das nicht mit dem Gedanken spielt, die Angebote der IBM in diesem Umfeld zu nutzen.“ Über die Schweigsamkeit der meisten Anwender wundern sich die GSE-Vertreter nicht. Viele Unternehmen haben in ihrer IT-Strategie noch längerfristige Verpflichtungen. Da wolle kaum jemand sein Linux-Interesse an die große Glocke hängen.

Die aktuelle Entwicklung in der /390-Welt sei ähnlich wie früher im Client-Server-Bereich: „Wenn Sie vor zwei Jahren Unternehmen gefragt haben, was sie mit Linux machen, hätte wohl der Ansprechpartner gesagt, er verwende es, dürfe aber nicht darüber reden“, vermutet Uhl.