Bei Rechnerkopplungen machen sich Cluster sehr bezahlt:

Links mit Karten sind oft unwirtschaftlich

11.04.1986

MÜNCHEN - Viele DV-Hersteller bieten für die Mikro-Mainframe-Verbindung Erweiterungen in Form von Zusatzkarten an, die eine 327X-Emulation an einen PC ermöglichen. Diese Karten sind aber recht teuer und machen den "Kohl allein nicht fett", da auch die Leitungen Einstiegskosten mit sich bringen. Alternativen für eine wirtschaftlichere Kopplung in Form mehrerer LAN-Lösungen mit Clustern versucht darum Herbert Neumaier von der Interface Concilium GmbH im folgenden Beitrag aufzuzeigen.

Wer sich über die Anbindung seines PCs an den Großrechner Gedanken macht, steht erst einmal vor einem Wirtschaftlichkeitsdilemma: Wenn er sehr viele "Durchschalt-Anwendungen" unterstützen will, muß er sich fragen, wozu er eigentlich einen PC braucht und ob dann nicht ein ganz normales dummes Terminal die richtige Lösung wäre. Wenn er nur selten von der Karte Gebrauch macht, ist die Investition in die Karte, die Leitung und die Endeinrichtungen am Großrechner sehr fragwürdig.

LANs und Meta-Netze

Sinn des PCs am Host ist es ja gerade, Anwendungen, die der lokale Rechner alleine abwickeln kann, vom Mainframe abzuziehen, um diesen für seine eigentlichen Aufgaben frei zu halten. Somit sollte das Durchschalten eigentlich die Ausnahme sein.

Aus dieser Überlegung ergibt sich sofort die Folge, daß es erstrebenswert ist, wenn sich mehrere PCs die Möglichkeit der Kommunikation mit dem Host teilen. Das ist am einfachsten über ein lokales Netz mit einem Gateway, zum Beispiel einem SNA-Gate, möglich.

Um die Sache weiter diskutieren zu können, müssen wir einen kleinen Definitionsexkurs durchlaufen. Unter einem lokalen Netz, wie zum Beispiel PC-Network oder Omninet, verstehen wir ein System aus Hard- und Software, das es gestattet verschiedene Mikrocomputer in örtlich begrenztem Umfang so zu verbinden, daß Ressourcensharing und Datenaustausch möglich werden.

Nun sind in jüngerer und jüngster Zeit zwei neue Konzepte vorgestellt worden: NetWare von Novell und Vines von Banyan. Beiden Konzepten ist gemeinsam, daß sie eigentlich (fast) nur aus Software bestehen: Für die unterschiedlichste Hardware der Netze der ersten Kategorie kann man NetWare oder Vines kaufen und auf einer einheitlichen Anwenderschnittstelle die Vernetzung durchführen. So laufen beide Softwareversionen - natürlich in den entsprechenden Versionen - auf PC-Network-Karten, auf Arcnet- oder auf Omninetkarten. Durch die Verfügbarkeit entsprechender Gateways, wird auch der lokale Aspekt zunehmend durchbrochen: Für Vines ist zum Beispiel ein SNA-Gate erhältlich, der X.25-Gate ist zu erwarten. Novell wird nicht lange nachstehen. Wir nennen solche Netze der zweiten Kategorie Meta-Netze (MENs).

Mit einem SNA-Gateway, wie er zum Beispiel für Omninet angeboten wird, können mehrere PCs in einem lokalen Netz über eine einzige Leitung und eine einzige Datenendeinrichtung am Mainframe als Cluster mit dem Host kommunizieren. Diese Lösung liegt preislich bei etwa 30 000 bis 35 000 Mark. Wenn man bedenkt, daß an einem Netz ohne weiteres ein Dutzend PCs hängen können (und man sich also zwölf Karten und Leitungen spart), ist dies eine vernünftige Lösung unter dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit.

Hostkopplung via Gate Weitaus interessanter stellt sich das ganze noch dar, wenn man ein MEN an den Host koppelt. MENs können Verbindungen aus mehreren LANs sein: Banyan bietet für Aufsteiger, die mit dem AT als Fileserver nicht mehr ausreichen, einen dedizierten Rechner an, der Zentrum für mehrere LANs sein kann und der mit einem SNA-Gate für alle Teilnehmer aller dieser Netze bestückbar ist. Durch das zusätzliche Angebot einer Server-to-Server-Verbindung und die transparente Adressierung über das gesamte Meta-Netz wird der Mainframe-Link nun wirklich weitflächig nutzbar. Es sind 32 Sessions möglich. Es ist anzunehmen, daß auch Novell mit entsprechender Funktionalität nachziehen wird.

Nehmen wir einmal an, daß sich eine solche LAN-Kopplung an den Großrechner als wirtschaftlich er weist. Wie nutzt man diese Möglichkeit sinnvoll?

Erstaunlicher- und erfreulicherweise findet man immer wieder neue Softwarepakete (zum Teil sind es alte Großrechnerpakete), die auf die arbeitsteilige Organisationsform PC-Großrechner neu eingerichtet wurden. Beispiele dafür sind die Datenbank Oracle, die Planungspakete FCS/EPS oder IFP oder System W, sowie die als Statistikpakete bekannt gewordenen Produkte SAS oder SPSS. (Wir warten darauf, daß das erste Großrechner-Data-Dictionary mit einem kleinen Mikrobruder angeboten wird.)

Mit solchen Paketen macht nun die Kopplung richtig Spaß: Der Großrechner hält die Massendaten und fährt solche Auswertungen, die für den PC einfach zu umfangreich sind. Der PC spielt seine meist schönere Benutzerschnittstelle und seine Grafikfähigkeit aus. Daneben wird es natürlich immer noch den Fall geben, daß man eine ganz normale Großrechneranwendung an den PC holt.

Betrachtet man es zusammen: Die Kopplung eines MENs an den Host und die Verwendung von Software, die genau für diesen Verbund gedacht ist, bereichert um die üblichen Netzvorteile wie Ressourcen- und Datensharing. Damit kann der Anwender des lokalen Netzes der Wirtschaftlichkeitsberechnung wohl ziemlich beruhigt ins Auge blicken.