Verbotenen Artikel zugänglich gemacht

Link zu "Radikal" bringt Politikerin vor den Kadi

20.06.1997

Marquardt hatte den Staatsanwälten zufolge auf ihrer Internet-Homepage eine Direktverbindung zur Web-Seite von "Radikal" eingerichtet und dadurch einen verbotenen Beitrag über Anschläge auf die Deutsche Bahn wegen der umstrittenen Castor-Transporte zugänglich gemacht.

Nach Ansicht von Experten begibt sich die Berliner Staatsanwaltschaft mit ihrer Anklage jedoch auf mehr als unsicheres juristisches Terrain. Internet-kundige Juristen bezweifeln nämlich, wie die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, daß dem Inhaber einer Homepage die rechtliche Verantwortung für Inhalte fremder Seiten aufgebürdet werden kann. Zudem sei in keinem Gesetz festgeschrieben, welche Konsequenzen ein sogenannter "Link" nach sich ziehe. Dies gelte auch für das geplante Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz (IuKDG), das am 1. August 1997 in Kraft treten soll. Eine Direktverbindung zwischen zwei Web-Seiten sei somit nicht justitiabel.

Darauf wollte auch der Hennefer Rechtsanwalt Michael Schneider hinweisen, der sich laut "Süddeutscher Zeitung" zu Beginn des Jahres beim selben Amtsgericht anzeigte, weil er einen Link zur Homepage der jetzt angeklagten PDS-Politikerin gelegt und sich damit - zumindest nach der Interpretation der Berliner Anklageschrift - ebenfalls der Zugangsermöglichung zu verbotenen Inhalten schuldig gemacht habe.