Lieferprobleme bei Mainframes eingeraeumt Anleger befuerchten Abklingen des Turnarounds bei Big Blue

22.09.1995

NEW YORK (IDG/CW) - Industriebeobachter und Analysten, die den Turnaround der IBM Corp. noch nicht als vollzogen betrachten, koennten Recht behalten. Wallstreet ist durch den Weggang von Finanzchef Jerome York verunsichert. Lieferprobleme bei CMOS- Mainframes und die erneute Reorganisation der PC Co. werden als erste Indizien fuer eine ins Stocken geratene Rekonvaleszenz des einstigen Rechnerkroesus gewertet.

Wie verunsichert die Anlegergemeinde ist, laesst sich an der Entwicklung der IBM-Aktie ablesen. Der Kurs, der Mitte August mit 114 Dollar sein Hoch erreichte, sank bis zum vergangenen Montag auf 93 Dollar. Neben dem Stuehleruekken in der Chefetage des Rechnerherstellers (siehe CW 38 vom 8. September 1995, Seite 1) trug die Ankuendigung von Lieferschwierigkeiten bei Mainframes zum Vertrauensverlust bei.

Von den Engpaessen betroffen sind die luftgekuehlten CMOS- Grossrechner der Armonker. Weil Knappheit an entsprechenden Stromversorgungseinheiten besteht, verzoegert sich die Auslieferung der Rechner um eine bis vier Wochen. Die Verspaetung wirkt sich in einem Umsatzverlust von 250 Millionen Dollar im laufenden Quartal aus, berichtet das "Wall Street Journal". Vor allem die Tatsache, dass Big Blues Geschaefte immer noch zu 50 Prozent direkt oder indirekt vom Mainframe abhaengen, laesst die Anleger bei diesen Meldungen zittern. Ueber das gesamte Jahr gesehen rechnen Beobachter allerdings mit einem stagnierenden Umsatz bei Grossrechnern. Die starke Nachfrage nach luftgekuehlten preiswerten Maschinen gehe zu Lasten der klassischen blauen Mainframes.

Der PC Co. hingegen machen nicht nur Lieferprobleme das Leben schwer, mit einer Milliarde Dollar Minus im vergangenen Geschaeftsjahr ist sie auch der groesste Verlustbringer der Armonker. Zwar hatte der bis vor kurzem fuer diese Einheit verantwortliche Senior Vice-President Rick Thoman zuletzt zwei profitable Quartale vorweisen koennen und auch die Produktion weitgehend auf Vordermann gebracht. Aber fuer abgeschlossen haelt auch Thoman die Reorganisation der PC-Division nicht. Das werde wohl noch ein Jahr dauern, meinte der kuerzlich zum Chief Financial Officer ernannte langjaehrige Weggefaehrte von IBM-Chairman Louis Gerstner.

Ab Anfang 1996 muss sich Thomans Nachfolger Robert Stephenson mit einem zusaetzlichen Problem herumschlagen. Die Power Personal Systems Division wird der PC Co. zugeschlagen. So wollen die Armonker offenbar signalisieren, dass sie die PCs auf Power-PC- Basis nicht als Nischenprodukt betrachten, sondern diese Rechner breit vermarkten und zu einem kommerziellen Erfolg machen wollen.