Urteile aus der Vertragspraxis

Lieferangebot eines "besseren" Programms

22.03.1985

Darf jemand, der ein bestimmtes Standardprogramm zu liefern sich verpflichtet, ein anderes, besseres liefern? Diese Frage wurde schon 1977 entschieden: das LG Stuttgart hat diesen Wunsch des Lieferanten von der Zustimmung des Käufers abhängig gemacht:

Der Tatbestand läßt sich dahingehend zusammenfassen, daß die Klägerin, eine Verlagsbuchhandlung, eine Anzahlung für den Erwerb eines Anwendungsprogramms gemacht hatte. Die Beklagte lieferte nicht zum vereinbarten Termin. Die Klägerin setzte eine Nachfrist und klagte nach nutzlosem Ablauf auf Rückzahlung der Anzahlung.

Die Beklagte hatte nur die Lieferung eines "besseren" Nachfolgeprogramms (Programm 2) angeboten, das von einer anderen Herstellerin stammte.

"Die Klägerin trägt vor, bei den Vertragsverhandlungen mit der Beklagten sei festgestellt worden, daß es sich bei Programm 1 um ein fertiges, getestetes und fehlerfreies Produkt handele, das nur noch an die speziellen Bedürfnisse der Klägerin angepaßt werden müßte. Ferner sei klargestellt worden, daß die Beklagte über 3 Angestellte und 12 freie Mitarbeiter verfüge und davon mindestens 1 festangestellter Mitarbeiter ausschließlich für die Vertragsabwicklung mit der Klägerin eingesetzt werde.

Am 22. 12. 1976 habe dann der Geschäftsführer der Beklagten einräumen müssen, daß die Beklagten nur ihn, seine Ehefrau und 1 Kontoristen beschäftige und er selbst der für die Erfüllung des Vertrags zuständige, festangestellte Mitarbeiter sei. Die übrigen Mitarbeiter seien bei der Fa. (Herstellerin Programm 1 beschäftigt, mit der die Datenverarbeitungsgemeinschaft bestehe."

Die Beklagte trägt vor, das Programm 2. "entspreche von Inhalt und Umfang genau den von der Beklagten vertraglich übernommenen Leistungsverpflichtungen, lediglich die Bezeichnung des Programmpakets sei eine andere. Das Programm 2 aber könne von der Beklagten termingemäß bei der Klägerin eingesetzt werden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Beklagte war durch Vertrag vom 6. 12. 1976 verpflichtet, der Klägerin das Software-Programm 1 zu liefern und einzurichten. Sie hat sich jedoch endgültig geweigert, diesen Anspruch zu erfüllen. Stattdessen bietet sie der Klägerin das Programm 2 an. Da es sich hierbei aber um eine andere als die geschuldete Leistung handelt, kann die Beklagte mit dieser Leistung nur erfüllen, wenn die Klägerin diese andere Leistung gemäß ° 364 BGB genehmigt. Dies hat sie jedoch von Anfang an abgelehnt. Daß es sich bei Programm 2 um eine andere als die geschuldete Leistung handelt, ergibt sich, ohne daß auf den Inhalt und den Leistungsumfang des Programms eingegangen werden müßte, bereits aus der Tatsache, daß es sich beim geschuldeten Programm um ein Produkt der Beklagten gehandelt hätte, wohingegen das Programm 2 von einer 3. Firma. . . entwickelt und hergestellt wurde. Da aber die Frage des Herstellers von erheblicher Bedeutung für den Abschluß eines Vertrags ist, insb. wegen des zu erwartenden Service und evtl. Ersatzteilbeschaffung oder Ergänzung des Programmes, ist das von der Beklagten jetzt angebotene Programm, selbst wenn es inhaltsgleich wäre mit dem Programm 2, eine andere Leistung i.S. des ° 364 BGB und damit genehmigungspflichtig. Da die Beklagte somit die Erfüllung des Vertrages endgültig verweigert hatte, bedurfte es einer Fristsetzung nicht mehr. Die Klägerin konnte deshalb, ohne daß sie nach ° 326 BGB noch eine Frist hätte setzen müssen, sofort Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die bereits jetzt ausgesprochene bestimmte und endgültige Verweigerung der erst künftig fällig werdenden Leistung ist nach ständiger Rechtsprechung eine positive Vertragsverletzung, die eine entsprechende Anwendung des ° 326 BGB rechtfertigt."