"Ja, aber" zum neuen Modemkonzept der Post

Liberalisierung: Verwaltungsrat gegen Präjudiz

25.07.1986

BONN (CW) - Der Kabinettsbeschluß über die Zulassung von privaten Modems im analogen Netz, der von Bundespostminister Schwarz-Schilling herbeigeführt wurde, weil der Postvenwaltungsrat dem mit der EG-Kommission ausgehandelten neuen Modemkonezpt der Deutschen Bundespost nicht zugestimmt hatte, scheint vorab zu den in der nächsten Legislaturperiode anstehenden ordnungspolitischen Veränderungen Pflöcke zu setzen.

Die "kleine Liberalisierung", so kommentiert die Bonner Szene, erscheine zwar in der Sache gerechtfertigt, greife jedoch den Empfehlungen, die die Regierungskommission Fernmeldewesen derzeit erarbeite und die im Frühjahr '87 vorliegen sollen, voraus. Auch sei der Eindruck entstanden, daß die EG bei härteren Verhandlungspartnern wie zum Beispiel den Briten oder den Franzosen weniger Druck ausübe als vergleichsweise bei den Deutschen. Man fragt, ob es denn - ganz abgesehen vom Geschehen im Postverwaltungsreferat - richtig sei, daß "sich die EG-Kommission immer am liebsten mit den relativ vertragstreuen Partnern anlege".

Ein ablehnendes Votum des Postverwaltungsrates hat es in der Geschichte der Bundespost bisher erst dreimal gegeben, zum letzten Mal 1974.

Nicht im Einklang mit Zusagen

Hier die Liste der Gründe, die das Negativ-Votum des "Postparlaments" begleiteten, im Wortlaut:

- Es sei . . . den nationalen Interessen der Bundesrepublik abträglich wenn sie sich gegenüber der EG nachgiebiger verhalte als andere Mitgliedsstaaten .

- Als ärgerlich sei empfunden worden, daß dem Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost ohne überzeugende sachliche Gründe ein EG-Beschluß aufgezwungen werden sollte.

- Die EG versuche, ihre Ordnungspolitik gegenüber den Fernmeldeverwaltungen ihrer Mitgliedsstaaten durchzusetzen, obwohl die Fernmeldeverwaltungen ausdrücklich nicht von den EG-Verträgen erfaßt würden.

Darüber hinaus sei offen, inwieweit die Vorstellungen der EG mit denen der Cept (Conference Europeénne des Administrations des Postes et des Télécommunications) angeschlossenen Länder übereinstimmen.

- Es sei die Meinung vertreten worden, daß politische Entscheidungen von der Bundesregierung zu treffen und zu verantwortlich seien; der Postverwaltungsrat habe vor allem Sachenscheidungen zu treffen.

- Das neue Modemkonzept der Deutschen Bundespost stehe nicht in Einklang mit Zusagen, bis zum Vorliegen der Regierungskommission Fernmeldewesen keine ordnungspolitischen Änderungen vorzunehmen.