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Letzter Anti-Trust-Gegner von Microsoft kreuzt mit Softwaregigant die Klingen

05.11.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Manchmal fühlt man sich erinnert an den Film "Und täglich grüßt das Murmeltier". Zumindest dann, wenn die Rede auf die juristischen Schlachten kommt, die Microsoft und dessen Gegner in Sachen Wettbewerbsrecht und Monopolbildung ausgetragen haben. Jetzt treffen sich vor dem US-Appellationsgericht der Justizminister des Bundesstaates Massachusetts und Microsoft wieder, um noch einmal eine Anhörung anzuberaumen darüber, ob die Gates-Company vor Jahren ihr Monopol bei PC-Betriebssystemen wettbewerbswidrig genutzt hat, um auch in anderen Industriesegmenten eine dominierende Stellung einzunehmen.

Wie im Film fühlt man sich wieder in die Zeit versetzt, als das US-Justizministerium und ursprünglich 20, später 19 US-Bundesstaaten eine Wettbewerbs-Klage gegen Microsoft lancierten. Sie warfen dem Softwarehaus vor, seine Monopolposition im Desktop-Betriebssystemmarkt auszunutzen, um etwa auch das Geschäft mit Internet-Browsern zu bestimmen. Seinerzeit hieß der Gegner Netscape, der mit dem gleichnamigen Produkt den Markt beherrschte.

Im Jahr 2001 übertrug das damalige Appellationsgericht den Fall an Richterin Colleen Kollar-Kotelly, nachdem es vorher entschieden hatte, dass Microsoft sehr wohl seine wettbewerbsrechtlichen Befugnisse überschritten hatte und sein Windows-Monopol in illegaler Weise benutzt hatte, um den Wettbewerb auf anderen Feldern zu beeinträchtigen. Damals hatte das Gericht es aber abgelehnt, dem Antrag von Microsoftgegnern stattzugeben, die das Unternehmen in mindestens zwei Teile (Betriebssystemsoftware und Anwendungen) aufbrechen wollten. Kollar-Kotelly war beauftragt, die richterliche Entscheidung des Appellationsgerichts zu interpretieren und in entsprechende Maßnahmen umzusetzen.

Im November 2001 einigten sich dann das US-Justizministerium und Microsoft unter Vorsitz von Kollar-Kotelly auf einen Vergleich. Danach musste Microsoft seinen Softwarecode von Windows für andere Hersteller öffnen, damit diese ihre Produkte besser an die Windows-Betriebssysteme anpassen konnten. PC-Hersteller erhielten das Recht, den Desktop von Windows so zu verändern, dass etwa die Browsersoftware eines anderen Anbieters als die von Microsoft als erste Option sichtbar war.

Alles in allem waren die Maßnahmen für Microsoft allerdings mehr als erträglich. Trotzdem haben sich in der Folge bis auf Massachusetts alle anderen US-Bundesstaaten dem Vergleich angeschlossen.

Das Appellationsgericht muss jetzt in einer neuerlichen Anhörung von Microsoft-Justitiaren und Rechtsvertretern von Massachusetts entscheiden, ob der damalige Vergleich tatsächlich im Interesse der US-amerikanischen Öffentlichkeit und der Konsumenten war und ob Microsoft durch die Maßnahmen wirkungsvoll daran gehindert wird, seine wettbewerbsrechtlich inkriminierten Geschäftsgebaren fortzusetzen. (jm)