Leserbriefe/OO-Cobol: Desolate Situation

24.11.1995

Betrifft CW Nr. 35, Nr. 38 und Nr. 44: Ihr Cobol-Artikel hat doch sehr emotionale Leserreaktionen ausgeloest, die der Sache nicht dienen.

Die derzeitige Situation von OO-Cobol ist desolat. Der aktuelle Vorschlag zu OO-Cobol ist im X3J4 95-Draft formuliert, das sich selbst noch als unvollstaendig und inkonsistent bezeichnet. Die Implementierungen (Micro Focus und IBM) sind untereinander inkompatibel und weichen vom vorgeschlagenen Standard ab. Keine Implementierung beruecksichtigt bisher "Exception Handling". "Repository" ist bei IBM implementiert, fehlt aber bei Micro Focus. IBM kennt "Meta-class", das Draft kennt das nicht, wohl aber "Factory", was IBM nicht kennt.

Der damalige Chairman Don Nelson von Tandem hatte an alle Beteiligten appelliert, mit Implementierungen zu warten, bis der Vorschlag zu OO-Cobol stabil sei. Die voreiligen Implementierungen erschweren jetzt den notwendigen Konsens des Komitees. Von Wiederverwendbarkeit der mit derzeitigen Mitteln erstellten OO- Cobol-Klassen kann nicht die Rede sein.

Cobol wird als Sprache ueberleben. Die "privaten" Erweiterungen sollte man meiden, da sie auf Dauer unnoetige Folgekosten produzieren. Relationale Datenbanken sind dem Cobol-eigenen File- Management vorzuziehen. Grafische und charakterorientierte Oberflaechen sollte man ausserhalb von Cobol mit jeweils dedizierten Systemen formulieren. Der Versuch, mit einem System sowohl grafische als auch charakterorientierte Oberflaechen zu gestalten, scheitert an der Maechtigkeit der grafischen Moeglichkeiten. Die speziell fuer den Cobol-Markt entwickelten GUI-Tools lassen die Anwendungen "alt" aussehen. Besser ist hier der Einsatz von allgemeinen, weiter verbreiteten GUI-Tools aus dem Massenmarkt.

Hagen Cyrus, 50530 Koeln-Deutz