Leserbriefe

01.06.2001
Betrifft CW 20/01, Seite 7, Kolumne: "Preisgebaren wie ein Monopolist"

Es gibt Alternativen zu Microsoft

Grundsätzlich stimme ich mit Ihrer Grundaussage überein. Es gibt tatsächlich ein amerikanisches Unternehmen, das glaubt, mit seinen Kunden nach Belieben umspringen zu können, und sich dabei seiner Sache mehr als sicher wähnt. Seltsamerweise lassen auch viele der Kunden mit sich so umspringen, wobei sie leider - genau wie Sie selbst - einer gewaltigen Fehlannahme zum Opfer fallen: Zu Microsoft-Programmen gebe es "keine Alternativen".

Diese Behauptung wird nun seit vielen Jahren mit großem Erfolg aufrechterhalten und leider auch in der Presse durch falsch oder nicht informierte Personen weiterverbreitet. Die "Office"-Programme von Microsoft (und auch das Betriebssystem) werden nicht nur als Standard bezeichnet, sondern gewissermaßen auf ein Podest der Unerreichbarkeit gestellt. Ich war sehr erstaunt, als ich von Ihnen die Aussage las, dass es keine anderen Möglichkeiten als Microsoft Office gäbe. Lesen Sie denn nicht die COMPUTERWOCHE? Darf ich Ihnen das Office-Paket Star Office von Sun Microsystems Inc. vorstellen? Es ist umfangreicher, stabiler und preisgünstiger (nämlich kostenlos!) als Microsoft Office. Viele der angeblich neuen Features, deren sich Microsoft Office bei der letzten Version Office 2000 rühmte, besitzt Star Office bereits. Star Office ist außerdem ein plattformübergreifendes Office-Paket, das für mehrere Betriebssysteme kostenlos ausgeliefert wird, nämlich für die bekanntesten Linux-Distributionen, alle Microsoft-Windows-Versionen, OS/2 und Unix (Sun Solaris).

Natürlich, jetzt kommt das Gegenargument, Microsoft Office sei nun einmal so weit verbreitet und heutzutage der Standard, da kann man einfach nicht mit einem anderen Office-Paket arbeiten. Wie kann ich dann meine alten Dateien oder Dateien von Kunden lesen, die das Microsoft-Office-Format verwenden? Das lässt sich leicht entkräften: Im Gegensatz zu Microsoft Office, das sich vielen anderen Office-Paketen und meist auch eigenen älteren Versionen gegenüber sehr inkompatibel verhält, ist es für Star Office kein Problem, Dateien im Microsoft-Office-Format abzuspeichern. Meiner Erfahrung nach funktioniert das problemlos.

Nur lachen kann ich über die Behauptung, es sei viel zu aufwändig, das Personal auf ein anderes Office-Paket umzuschulen: erstens werden in den meisten Unternehmen die Mitarbeiter regelmäßig auf in bestimmten Abständen erscheinende Microsoft-Office-Updates geschult, oder sie müssen sich ohne Schulung da-rauf umstellen, weil der Anbieter jedes Mal die Oberfläche ändert. Zweitens ist es für jeden, der ein Office-Paket kennt, sehr einfach, sich in ein anderes Paket einzuarbeiten. Textverarbeitung bleibt Textverarbeitung, Tabellenkalkulation bleibt Tabellenkalkulation.

An Fakten lässt sich nicht viel finden, was für das Podest Microsoft Office spricht - nur die Meinungsbildung, die ändert sich leider nicht.

Ute Hertzog, EDV-Training & Consulting, 72760 Reutlingen

Monopol in den Köpfen

Herr Ottomeier beklagt das bestehende Monopol der Firma Microsoft. Zwar nennt er das Betriebssystem Linux als Alternative, entwertet diesen Vorschlag aber sogleich wieder durch Formulierungen wie "natürlich für den Desktop eigentlich nicht geeignet" und "Einsatz in Nischen". Dies ist bedauerlich. Die Monopolstellung von MS-Software steckt meines Erachtens vor allem in den Köpfen der Anwender. Wer immer laut über ein Abgehen von MS-Produkten nachdenkt, bekommt sofort Totschlag-Argumente der Art: "Aber das kennen alle von zu Hause", "Niemand wurde bisher dafür gefeuert, dass er Microsoft gekauft hat" bis zu "Aber es gibt doch gar keine Alternativen" zu hören. Zwar fordert Herr Ottomeier zur Evaluierung von Linux auf, doch nach den vorher genannten angeblichen Einschränkungen hat der zweifelnde Entscheider bereits weggedacht.

Meiner Meinung nach ist Open-Source-Software im Allgemeinen und Linux im Besonderen in professionellen Umgebungen, in denen mehr die Produktivität der Arbeit mit der DV als persönliche Vorlieben und "Ausleben von Spieltrieb" der Anwender im Vordergrund stehen, eine echte Alternative - auch auf dem Desktop. Deshalb sollte in jedem Projekt der Einsatz von Linux, gegebenenfalls unter Hinzuziehung sachverständiger Berater, ernsthaft erwogen und eine Entscheidung dagegen nur mit wirklich guten, nicht nur aus Bequemlichkeit vorgeschobenen Gründen erfolgen.

Jörg Hopfe, per E-Mail