Lenovo-Deal kann IBM-Kunden kalt lassen

14.12.2004
Im Alltagsgeschäft bleibt alles beim Alten.

Schon die Personalentscheidung an der Spitze des Joint Ventures verspricht Kontinuität: Stephen Ward, derzeit Senior Vice President und General Manager von IBMs Personal Systems Group, wird nach Abschluss des Verkaufs, der im zweiten Quartal 2005 vollendet sein soll, neuer Chief Executive Officer (CEO) von Lenovo. Dessen bisheriger Chef Yuanqing Yang übernimmt als Chairman den Vorsitz des Verwaltungsrats. Hauptsitz des Unternehmens wird New York.

IBM behält den Vertrieb und wird auch Service- und Finanzierungsmodelle anbieten - ein wichtiger Aspekt für den IT-Konzern, der mit diesem Pfund auch künftig um Dienstleistungs- und Outsourcing-Verträge buhlen kann. Die Unternehmensberater von Gartner gehen davon aus, dass durch die IBM-Lenovo-Vereinbarung der Druck auf die Preise und Gewinnmargen der anderen PC-Anbieter weiter steigen wird. Group Vice President Martin Fellow sagte, kommerzielle Anwender sollten die theoretischen Risiken des Deals für sich nutzen und versuchen, niedrigere Preise und bessere Servicekonditionen mit IBM auszuhandeln.

Kümmert Big Blue sich wieder um Privatanwender?

Mark Fischer, Leiter des PC-Geschäfts im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz), betonte, durch den Lenovo-Deal werde sich für IBM-Kunden so gut wie nichts ändern. Die Ansprechpartner bei Big Blue blieben dieselben. Auch bei den Vertriebspartnern werden sich nach Fischers Darstellung keine Veränderungen ergeben. Sämtliche vertraglichen Verpflichtungen mit Kunden gehen unmodifiziert auf das neue Unternehmen über, langfristige Verträge und Verbindungen, "die Terms and Conditions", werden übernommen. Gewährleistungsansprüche über die Global Services Division der IBM und über rund ein Dutzend autorisierte Partner in Deutschland bleiben ebenfalls erhalten. Auch gebe es keinen Grund, an IBMs Partnerkonzept etwas zu ändern. "Wir haben gute Erfahrungen mit den Distributoren gemacht, das Projektgeschäft läuft ebenfalls sehr gut." Für die PC-Konkurrenz könnte eine Bemerkung von Fischer zum Retail-Markt interessant werden. Das Geschäft mit Privatkonsumenten dürfte "in Zukunft wieder eine Option" sein, sagte er. Bislang habe die IBM nicht die Struktur gehabt, um auf dem Consumer-Markt erfolgreich aufzutreten, so Fischer. Das werde sich nun ändern. IBM hatte sich aus dem Massenkonsumentengeschäft bereits vor Jahren zurückgezogen.

Die Analysten von Ovum erwarten, dass das Augenmerk sich nun auf Hewlett-Packard (HP) richten wird und auf die Frage, ob auch dieses Unternehmen seine PC-Sparte abstoßen wird. HP-Chefin Carleton Fiorina hatte dies kürzlich erst wieder abgelehnt.

IDC sieht in dem IBM-Lenovo-Abkommen eine Chance für Dell, stärker in den Markt für Großkunden vorzudringen. Hier sei der Direktanbieter bislang eher unterrepräsentiert - eine Ansicht, die Dell selbst immer bestritten hat. (jm)