Leitungs- und Datenbankrechner sind der Leitzentrale vorgelagert Btx-Konzept: Rechnerhierarchie in drei Ebenen

23.04.1982

Das IBM-Konzept für die Bildschirmtextzentralen hat die Bundespost überzeugt. Der Marktführer erhielt den Zuschlag für den 50-Millionen-Auftrag - vor den eingeführten, deutschen Amtsbaufirmen und britischen Herstellern, deren Hard- und Software der Post bereits in der noch laufenden Pilotphase bestens bekannt wurde. Das überzeugendere IBM-Konzept hat"Bildschirmtext Aktuell" in seiner letzten Ausgabe wie folgt beschrieben.

Bis zum Jahresende 1984 soll Bildschirmtext (Btx) nach den Vorstellungen der Post in über 150 Fernsprechernetzen erreichbar sein. Der Auftrag umfaßt die Lieferung von Btx-Zentralen mit insgesamt 5000 gleichzeitig nutzbaren Zugängen. Nach den Planungen der Post reicht dies für 150 000Btx-Teilnehmer.

Neben Berlin und Düsseldorf (die Versuchsteilnehmer werden an das neue System angeschlossen) sollen Hamburg, Frankfurt und Stuttgart die ersten Zentralen erhalten. Bis Mitte 1984 sind unter anderem Hannover, Dortmund, Essen, Köln, München und Nürnberg vorgesehen. Bis zum Jahresende 1984 sollen über 22 Standorte im Bundesgebiet die Einzugsbereiche über vorgeschaltete Konzentratoren vergrößert werden.

Das IBM-Konzept für den Bildschirmtext-Dienst besteht aus einer Rechnerhierarchie in drei Ebenen, die sich auf räumlich verschiedene Standorte aufteilen.

Regionaler Ansprechpartner

Der Standort der Leitzentrale ist Ulm. Für Teilnehmer wie Anbieter ist jedoch jeweils nur die eigene regionale Btx-Zentrale "Ansprechpartner". Dort müssen Anbieter ihre Informationen eingeben (nur einmal)

Die Bildschirmtextteilnehmer kommunizieren mit ihren Btx-Terminals über das Fernsprech- oder Datex-L-Netz mit den jeweils zugeordneten Bildschirmtextzentralen. Diese Lokationen beinhalten die jeweils unteren zwei Ebenen der Rechnerhierarchie (die pro Zentrale mehrfach vorhandenen Teilnehmer-Rechner als unterste Ebene und zwei Datenbankrechner als mittlere Ebene)

Die Teilnehmerrechner (IBM Serie /1) kontrollieren jeweils eine Gruppe von zirka 115 Leitungsanschlüssen. Sie sind in der direkten Kommunikation mit den Teilnehmern für die Abwicklung aller hieraus entstehenden Aktivitäten verantwortlich (Anund Abmeldeverfahren, Seitenabfragen, Gebühren und Statistiken etc.)

Alle Teilnehmerrechner einer Btx-Zentrale sind untereinander und mit den zwei Datenbankrechnern verbunden.

Die Datenbankrechner(IBM Serie/1) der jeweiligen Btx-Zentrale sind für die Verwaltung (Bereitstellung) und Integrität (Sicherung) aller von den Teilnehmerrechnern benötigten Daten (Seiten, Benutzerinformation, etc.) verantwortlich.

Die Btx-Zentralen mit den Leitungs- und Datenbankrechnern (Ebene 1 und 2) sind der Leitzentrale (Ebene 3) vorgelagert und jeweils regional über Deutschland verteilt. Sie sind mit Speichereinheiten ausgerüstet und arbeiten nach dem Prinzip der virtuellen (= regionalen) Datenbank mit der Leitzentrale zusammen. Dadurch wird erreicht, daß die im regionalen Bereich am häufigsten abgefragten Informationen bereits durch die Btx-Zentralen abgedeckt werden können, ohne daß Informationen von der Leitzentrale angefordert werden müssen, obgleich nur ein Teil der insgesamt abrufbaren Seiten in den Btx-Zentralen real gespeichert sind.

Die Leitzentrale kontrolliert und steuert den gesamten Bildschirmtext-Dienst. Sie verwaltet alle Daten als Urkopie (dies gilt sowohl für Bildschirmtextseiten als auch für alle Dienst-relevanten Informationen, wie zum Beispiel Benutzer- und Gebührendaten). Von hier aus werden neben der Steuerung der eigentlichen Anwendung, auch alle für den Bildschirmtext-Dienst erforderlichen Verwaltungsaufgaben (zum Beispiel Gebührenabrechnung) wahrgenommen.

Die wichtigste Aufgabe der Leitzentrale ist jedoch die Verwaltung der Bildschirmtext-Datenbank, die alle im Dienst abrufbaren Informationen juristisch verbindlich gespeichert hat und die in die unteren Ebenen ausgelagert wird.

In der Btx-Datenbank-Hierarchie gibt es grundsätzlich nur einen verbindlichen Seitenbestand, nämlich den in der Leitzentrale. Alle in der Hierarchie untergeordneten Datenbanken, sowohl die des Datenbank-Rechners als auch die des Rechners innerhalb eine Btx-Zentrale, arbeiten nur mit Teilkopien der zentralen Seitendatei. Diese Kopien bilden sich dadurch, daß eine Abfrage auf eine zur Zeit in der unteren Ebene nicht zwischengespeicherte Seite zum Abruf dieser von der höheren Ebene und anschließenden Einspeicherung in der sogenannten, "Page" -Datei (siehe Grafik) führt.

Hierbei wird durch Dimensionierung der jeweiligen Speicherbereiche erreicht, daß weitestgehend alle Abfragen auf Informationsseiten bereits vom Teilnehmerrechner aus der eigenen" Page"-Datei befriedigt werden können. Nur in den übrigen Fällen reicht der Leitungsrechner die Anfrage an den Datenbankrechner weiter, der nun seinerseits versucht diese Seite in seiner (wesentlich größeren) "Page"-Datei zu finden.

Dies sollte in fast allen Fällen möglich sein, da lediglich statistisch sehr selten abgefragte beziehungsweise gerade von der Leitzentrale als modifiziert gemeldete Seiten hierin nicht vorhanden oder gelöscht sind (aufgrund der Rechner-Hierarchie in der jeweiligen Btx-Zentrale enthält die "Page"-Datei der untersten Ebene des Leitungs-Rechners die statistisch am häufigsten abgefragten Seiten, die "Page"-Datei der übergeordneten Ebene des Datenbankrechners hingegen die relativ selten abgefragten Seiten). Nur im Ausnahmefall wird durch eine Abfrage von der Leitzentrale die jeweils aktuelle Kopie einer Informationsseite zur Btx-Zentrale übertragen und in die "Page" -Dateien abgespeichert.

Sollte der Plattenspeicherplatz in einer der unteren Ebenen zur Ablage einer Seitenkopie erschöpft sein, wird diejenige Seite, die in letzter Zeit am wenigsten häufig abgefragt wurde, durch die aktuell angeforderte Seite ersetzt (die statistische Häufigkeit, mit der Abfragen ohne Durchgriff auf die Leitzentrale befriedigt werden können, kann durch die Kapazität der jeweiligen "Page"- Dateien beeinflußt werden).

Wird von einem Informationsanbieter eine Btx-Seite oder Leitzentrale in neuer Version zur Abspeicherung übertragen oder wird eine Seite gelöscht, so überträgt die Leitzentrale an alle Btx-Zentralen eine Mitteilung, die zur Löschung aller dort eventuell noch gespeicherten Kopien dieser Seite aus der "Page"-Datei führt. Die nächste Abfrage auf eine solche Seite kann sodann von den unteren Ebenen nicht befriedigt werden und führt zum Abruf der neuen Version von der Leitzentrale. Jeder weitere Zugriff jedoch wird von den Btx-Zentralen aus der nun abgespeicherten neuen Kopie befriedigt, ohne weiteren Zugriff auf die Leitzentrale.

Durch dieses Verfahren wird neben einer erheblichen Verbesserung des Antwortzeitverhaltens

Durch dieses Verfahren wird neben einer erheblichen Verbesserung des Antwortzeitverhaltens (da im überwiegenden Fall alle Abfragen im lokalen Bereich beantwortet werden können) ein Automatismus in der Verwaltung und Verteilung der jeweils gültigen Informationsseiten auf alle am Dienst beteiligten Bildschirmtextzentralen erreicht.

Im Falle der Kommunikation eines Teilnehmers mit einem externen Informationsanbieter (Gateway-Funktion/Rechnerverbund) wird vom Teilnehmerrechner direkt ein SVC (=switched virtual call - Begriff aus dem Datex-P-Bereich; eine Verbindung muß erst aufgebaut werden, ähnlich einem Telefonanruf zum Rechner des Anbieters über das Datex-P-Netz abgesetzt. Die aus einem Dialog mit dem Rechner des externen Informationsanbieters resultierenden Informationsseiten werden nicht für spätere eventuelle Abfragen anderer Teilnehmer zwischengespeichert.