Hannover Messe Industrie

Leistungsschau der Industrie 4.0

15.04.2014
Von 


Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

DFKI: Modulare Smart Factory

In den vergangenen Jahren hat sich insbesondere das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) hervorgetan, wenn an der Fabrik der Zukunft entwickelt wird. Die Vision der Forscher ist es, die Einzelfertigung mit den Mitteln der Massenproduktion zu betreiben. Dazu sind auf Maschinenebene flexible Anlagen mit minimalen Umrüstzeiten erforderlich. Zudem muss das zu fertigende Produkt - oder zumindest sein Begleiter durch den Produktionsprozess wie etwa das Trägersystem - ein intelligentes Gedächtnis mit sich führen. Auf Prozessebene sind durchgängige und mit der Produktion synchronisierte Abläufe erforderlich, um eingehende Einzelaufträge anzunehmen, in den Fertigungsprozess einzupflegen, in Rechnung zu stellen und das Endprodukt an den Kunden auszuliefern.

Die Smart Factory des DFKI auf der Hannover Messe Industrie 2014: Die einzelnen Module arbeiten unabhängig voneinander, die gemeinsame Produktionssteuerung wird RFID-Chips auf dem Produkt gewährleistet.
Die Smart Factory des DFKI auf der Hannover Messe Industrie 2014: Die einzelnen Module arbeiten unabhängig voneinander, die gemeinsame Produktionssteuerung wird RFID-Chips auf dem Produkt gewährleistet.

Auf der Messe in Hannover konnte das Institut einige Industriepartner für eine kleine Modellfabrik gewinnen, die die Herausforderungen ansatzweise skizziert. Die Aufgabe bestand darin, Anlagenmodule von unterschiedlichen Herstellern mit jeweils eigenen Steuerungsarchitekten so zu einer vollständigen Produktlinie zu kombinieren, dass sie gemeinsam in der Lage waren, Visitenkartenhalter mit unterschiedlichen Deckelfarben und individueller Gravur herzustellen.

Die Fertigungseinheiten von Festo, Rexroth, Harting, Phoenix Contact und Lapp Kabel haben dabei jeweils einzelne Fertigungsschritte übernommen (etwa das Festo-Modul für die Gravur, Rexroth für Verbindung von Klammer und Gehäuse, Lapp-Kabel für die Qualitätskontrolle). Weitere Kooperationspartner lieferten unterstützende oder haben Backend-Dienste zu. Beispielsweise übernahm der ERP-Hersteller Proalpha den Auftragseingang am Terminal und die erste Programmierung des RFID-Tags. Cisco lieferte Dienste für die Videoüberwachung des Prozesses.

Die Standards und Schnittstellen zwischen den einzelnen Modulen (etwa für die Schleusen, Höhe des Transportbandes, RFID-Programmierung) hatte das DFKI definiert. Die Versorgung mit Strom, Druckluft und Kommunikationsdiensten lieferte ein gemeinsamer Backbone an der Rückseite der Anlage, an den jedes einzelne Modul per Standardstecker angeschlossen wurden.

Um die Flexibilität der Anlage zu zeigen, wurden einzelne Anlagenteile zweimal am Tag in ihrer Reihenfolge verändert. Während der Umrüstung, die nur wenige Minuten dauerte, lief die Produktion der Kartenhalter in den nicht betroffenen Module unverändert weiter. Das wurde möglich, weil dafür erforderlichen Produktionsdaten auf den RFID-Chips gespeichert wurden, die im Deckel jedes Visitenkartenhalters integriert waren. Der RFID-Chip lieferte jeder Anlage Informationen darüber, welche Produktionsschritte bereits absolviert waren und welche noch ausstehen. Damit konnten DFKI und Industriepartner zeigen, dass sich die traditionellen hierarchischen Steuerungsarchitekturen in der Produktion aufbrechen und auf dezentrale, intelligente Einheiten verlagern lassen.