Leistungsprofil eines Dokumentationssystems

09.06.1978

Dipl.-Math.Rainer Bischoff Projektleiter am BIFOA, Köln

Die Rationalisierungserfolge, die mit der automatisierten Datenverarbeitung erzielt wurden, sind beträchtlich. Jedoch durch die wachsende Anzahl von Programmen und die Vielfalt der zu verarbeitenden Daten geht die Übersicht über die Programmsysteme verloren. Innovative Tätigkeiten sind in Programmierabteilungen selten geworden. Der Anpassungs- und Wartungsaufwand ist enorm.

Es werden daher Rationalisierungshilfsmittel benötigt, deren wesentlichste Voraussetzung die Dokumentation von Anwendungssystemen (Programmsystemen etc.) ist. Ein solches Instrumentarium müßte beispielsweise bestehen aus

- einem Modell und einer Erfassungstechnik zur Dokumentation von Programmsystemen

- einem Programmpaket, mit dem die Dokumentationsdaten in einen Datenbestand eingefügt und gepflegt werden können und

- einer Reihe von Auswertungsprogrammen, die es erlauben, die Dokumentationsdaten zu präsentieren, zu analysieren und zu bewerten.

Grundvoraussetzung einer nutzbringenden Dokumentation ist ein einheitliches und möglichst umfassendes Abbild der Informationsverarbeitung in der Unternehmung. Dies erfordert die Berücksichtigung folgender Elemente:

- Sachgebiete, durch die die betriebliche - Aufgabenverteilung nach funktionellen Gesichtspunkten wiedergegeben wird

- Tätigkeiten (manuell oder automatisiert), die innerhalb der Sachgebiete Informationen erzeugen und verarbeiten

- Informationen (Daten).

Diese Elemente, die aus praktischen Gesichtspunkten weiter untergliedert werden müssen (in Dateien, Datensätzen, Begriffe) stehen in verschiedenen Beziehungen zueinander. Wesentlich sind die Verwendungsbeziehungen, die die Elemente über ihre hierarchische Ordnung miteinander verknüpfen (mehrstufige Cross-Referenzen) und die Reihenfolgebeziehungen, welche die Prozeßabfolge angeben.

Für die Beschreibung der Elemente und Beziehungen ist ein ablochfähiges Formularsystem zu schaffen.

Da für die meisten Tätigkeiten in der Systemanalyse und Programmierung, ebenso wie für den Datenschutzbeauftragten, die Kenntnis des derzeitig realisierten betrieblichen Informationssystems erforderlich ist,

sind an diesem Punkt die Auswertungen anzusetzen. Dies wären etwa

- die Zurverfügungstellung eines schnellen und vollständigen Überblicks über den Ist-Zustand im Informationssystem,

- der Ausweis sämtlicher Schnittstellen zwischen verschiedenen Programmsystemen,

- der Nachweis sämtlicher Elemente (Programme, Satzarten), die von der Änderung eines anderen Elements betroffen sind (Datenfeldänderung).

Aus dieser Aufgabenstellung heraus würde ein solches System auch dem Datenschutzbeauftragten einer Unternehmung die notwendige Unterstützung liefern, in dem es zum Beispiel auf die folgenden Fragen Antwort gäbe:

- Welche personenbezogenen Daten existieren?

- Wo sind sie gespeichert?

- Welche Programme bearbeiten diese Daten?

- Wer hat Zugang zu diesen Daten?

Diese Auswahl der Möglichkeiten zeigt deutlich auf, wie ein Dokumentationssystem entsprechender Leistungsfähigkeit die Arbeitsweise in der Programmierung, in der Systemanalyse und im Programmeinsatz verbessern und den Datenschutzbeauftragten unterstützen kann:

- Wartungsarbeiten können schneller, billiger und sicherer durchgeführt werden, da kein betroffenes Element vergessen wird und der Arbeitsumfang bereits vorher besser abgeschätzt werden kann

- die Abhängigkeit vom Wissen einzelner Personen wird verringert

- geplante Systeme können vor ihrer Realisierung analysiert und bewertet werden; dadurch werden die Systeme stabiler sicherer und wartungsfreundlicher

- die für den Datenschutzbeauftragten notwendige Dokumentation wird mitgeliefert.

SIMMIS - ein Gemeinschaftsprodukt von BIFOA/ Köln und Thyssen Niederrhein AG/Oberhausen - bietet diese Vorteile durch seine Auswertungen. Einige der 20 in drei Ausbaustufen realisierten Moduln seien skizziert. So bieten die Verzeichnisse und Kataloge Auflistungen aller vorhandenen Programm- und Datenelemente (Programmkatalog, Begriffskatalog). Der Verwendungsnachweis liefert Cross-Referencen über mehrere Stufen der dokumentierten Elemente hinweg in beliebiger Sektion. Damit können typische Fragestellungen wie

- In welcher Datei kommt ein bestimmter Begriff vor?

- In welchen Programmen und Runs (Jobs) kommt ein bestimmtes Unterprogramm vor?

- Welche Listen werden im Sachgebiet "Personalwesen" erzeugt?

beantwortet werden. Weitere Auswertungen erlauben die Konstruktion der Ablauf- und Datenflußbeziehungen in Listform und eine dateibezogene Datenmengenbildung. Hierbei werden aus einer vorgegebenen Informationsverarbeitung (real oder geplant) und den dazu benötigten Datenelementen Strukturierungsvorschläge für den entsprechenden Dateien erarbeitet. Eine weitere interessante Auswertung stellt die Subsystembildung dar, bei der eine Menge datenverknüpfter Tätigkeiten in zwei Teilmengen, die eine möglichst geringe datenmäßige Kopplung besitzen, getrennt werden.

Die Programme aus SIMMIS sind bei der Thyssen Niederrhein AG, Oberhausen, auf einer Univac 1108 MP-Anlage implementiert. Ein großer Teil der Programme befindet sich bereits seit längerem im Einsatz. Sie haben sich ganz besonders bei der Schwachstellenanalyse, bei der Erstellung von Terminplänen für das Rechenzentrum und durch die Zurverfügungstellung von Schlüsselhandbüchern für alle Bereiche der Unternehmung bewährt.