Deutsches Institut für Normung (DIN) will Unsicherheiten beseitigen:

Leistungsmessung soll genormt werden

08.07.1983

BERLIN (CW) - Hilfestellung bei der Bewertung von DV-Systemen durch Leistungsvergleiche will der Normenausschuß Informationsverarbeitungssysteme (NI) Im Deutschen Institut für Normung (DIN) geben. Der NI bereitet zu diesem Zweck eine Verfahrensnorm vor, die Meßverfahren und Meßumgebung beschreibt. Der Arbeitskreis sucht noch Mitglieder.

An vielen Stellen findet man heute Leistungsvergleiche von Datenverarbeitungssystemen, die auf der "Millions-of-instructions-per-second-Rate MIPS-Rate) " - zu deutsch "Millionen-von-Operationen-pro-Sekunde-Rate" (MOPS-Rate)" - basieren. Dabei werden häufig Angaben der verschiedenen Hersteller zusammengezogen. Damit ist stets die Gefahr gegeben, daß ein unterschiedlicher "Instruktionsmix" zugrunde gelegt wurde, was den Wert eines solchen Vergleichs zumindest relativiert.

Wollte man gar eine Kapazitätsplanung auf solchen Angaben aufbauen, so wird man oft Überraschungen erleben, weil das gegebene Arbeitslast-Profil in den seltensten Fällen den Instruktionsmix repräsentiert, auf dem die Leistungsaussagen basieren. Ähnlich ist die Situation bei der Angabe relativer Leistungswerte, da auch hier in den meisten Fällen die Testumgebung nicht definiert ist.

Realistischerweise kann man sich als Anwender gegen solche Fehlbeurteilungen und -planungen nur schützen, wenn man das eigene Aufgabenspektrum und die vorliegenden Serviceanforderungen analysiert und komprimiert und so den Herstellern als "Maßeinheit" für Leistungsaussagen vorgibt. (Dabei sollte man allerdings neben der Leistung - und natürlich dem Preis - nicht die zahlreichen Randbedingungen vergessen, die ebenfalls eine Entscheidung Pro oder Kontra wesentlich beeinflussen können, zum Beispiel Ausbaufähigkeit, Steilfläche und Klimatisierung sowie Anschlußmöglichkeiten von nach Art und Zahl bestimmter Zentral- oder Fern-Peripherie).

Ni zufolge wird eine solche Vorgehensweise bisher nur selten angewandt. Sie setzt zum einen ein relativ gutes Verständnis des Gesamtsystems voraus; zum anderen ist der Aufwand oft beträchtlich da es bisher keine Richtlinien gibt, die die Anwendung erleichtern könnten. So insbesondere der kleine und mittlere DV-Anwender weitgehend auf Herstellerangaben angewiesen, die seinen speziellen Fall häufig nur partiell abdecken; entsprechend desillisionierend sind oft genug die Ergebnisse.

Seit einiger Zeit wird in einem Arbeitskreis des Normenausschusses Informationsverarbeitung die Frage diskutiert, wie für solche Leistungsaussagen allgemein gültige Regeln aufgestellt werden können, um Anwendern wie Herstellern als Richtschnur zu dienen. Zunächst muß dabei der Begriff der Leistung eindeutig definiert werden. Darauf aufbauend eine Verfahrensnorm entwickelt werden, die Meßverfahren und Meßumgebung beschreibt. Formal geschieht dies durch Festlegung eines Tripels Auftraggeber - Schnittstelle - Auftragnehmer, wobei der Auftraggeber die funktionalen und Serviceanforderungen Vorgibt, die vom Auftragnehmer (in der Regel einem DV-System) an der festgelegten Schnittstelle zu erbringen sind.

Flexibel ist dieses Modell durch die Möglichkeit der adäquaten Wahl der Schnittstelle (Terminal, Jobfernverarbeitungs-Station, Verbindung Kommunikationsrechner - Verarbeitungsrechner, Schnittstelle Anwendungsprogramm - Betriebssysteme) sowie der Freiheit, die Anforderungen festzulegen. Die Probleme liegen darin, daß eine solche Normung einerseits eine vollständige, aber nicht redundante Beschreibung enthalten muß, andererseits aber so allgemein gehalten sein sollte, daß sie auf alle denkbaren Fälle, vom Mikrocomputer bis zum komplexen Großsystem, vom transaktionsorientierten bis zum ausschließlich stapelverarbeitenden Rechner - angewandt werden kann.

Um dieses Ziel zu erreichen, ist es erforderliche, möglichst viele und vielfältige Erfahrungen in den Arbeitskreis einzubringen; eine Erweiterung dieses Gremiums um einige Mitglieder, insbesondere auch von Herstellern, wird daher dringend gewünscht. Interessenten bittet der NI, sich zwecks Mitarbeit an den Sprecher des Arbeitskreises "Leistung", H. Bleck (Telefon 0 61 51/17 48 78) oder Prof. Dr. W. Dirlewanger (Telefon 05 61/8 04-22 87) zu wenden.