Leistungskriterien fuer User-Interface-Managementsysteme Software rund um GUIs sollte einfacher erstellt werden koennen Von Ulrich Dietz*

18.06.1993

User-Interface-Management-Systeme (UIMS) sind Entwicklungs-Tools zur individuellen Gestaltung und Einbindung grafischer Oberflaechen (GUIs) die zwar fuer Anwender sehr attraktiv sind, fuer Entwickler hingegen problematisch, da es aufwendig ist, sie zu programmieren. Haeufig entfallen 60 Prozent des Codes auf die Programmierung der GUIs. Ein Grossteil davon koennte durch ein Interface-Management- System entfallen.

In der Entwicklung der Informationstechnik nehmen Oberflaechengeneratoren eine ueberragende Stelle ein. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich ueber den technisch- wissenschaftlichen- bis hin zum kaufmaennischen Bereich, und die Anforderungen, die an sie gestellt werden, sind mannigfach und sollten daher genauer definiert werden.

Ihr besonderer Vorteil liegt darin, Benutzer-Schnittstellen und die dahinterliegenden Anwendungen trennen und deshalb anwendungsunabhaengige Oberflaechen entwickeln zu koennen.

User-Interface-Management-Systeme bestehen aus drei Schichten: Praesentationsschicht, Dialog-Kontrollschicht und Anwendungs- Schnittstellen. Die Ausgabedaten werden in der Praesentationsschicht in eine benutzergerechte Form und die Eingabedaten in ein fuer die darunterliegenden Schichten lesbares Format transformiert. Die Dialog-Kontrollschicht tritt als Vermittlungsinstanz zwischen dem Benutzer und der Applikation auf. Die Anwendungs-Schnittstelle definiert schliesslich die Semantik der Anwendung.

Einheitliches Look and

feel der Applikationen

Der Anforderungskatalog an UIMS ist sehr umfangreich und umfasst die Leistungskriterien: Masken-Editor und -Testprogramm, Dokumentationsprogramm, Skalierprogramm, Sprach-Editor, Funktions- Interpreter, User-Interface-Language, Dateiselektor, Bitmap- Editor, Font-Editor, Scroll-Text und ein Oberflaechenmodul.

Weiterhin zaehlt zu den vielfaeltigen Wuenschen an UIMS, dass sie die Entwicklung von Applikationen fuer SQL-faehige Datenbanksysteme ohne Programmierung erlauben und die interaktive Erstellung von Anwendungen fuer die Benutzeroberflaechen MS-Windows, Presentation Manager und OSF/Motif unterstuetzen. Die erstellten Applikationen sollten sich auch durch einfache Neukompilierung auf die Betriebssysteme DOS/Windows, OS/2 und Unix portieren lassen. Hierbei muessen Interface-Management-Systeme direkt auf der sogenannten Grafikbibliothek beziehungsweise dem Window-System des jeweiligen Betriebssystems aufsetzen, so dass ein einheitliches Look and feel der Applikationen gewaehrleistet ist.

Ein problemloser Einsatz von erstellten Benutzer-Schnittstellen auf den unterschiedlichen Zielsystemen ist eine wesentliche Voraussetzung fuer eine kostenguenstige Software-Entwicklung. Hierdurch kann auch eine systemspezifische Window-Management- Software entfallen.

In diesem Zusammenhang ist das Fraunhofer-Institut fuer Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) bei einem Vergleich von 34 verschiedenen Entwicklungs-Tools aus den Bereichen UIMS, Oberflaechen-Editoren (User-Interface-Builder) und Oberflaechenprogrammier-Werkzeuge zu dem Ergebnis gekommen, dass nur zwei der angebotenen UIMS, naemlich Grit und ISA, die am weitesten verbreitete Benutzeroberflaeche MS-Windows unterstuetzen, wobei Grit als die einzige Software-Umgebung eruiert wurde, die integriert die Erstellung grafischer Benutzeroberflaechen und die Entwicklung von Datenbankapplikationen unterstuetzt.

Mit einem Interface-Management-System koennen Programmierer und Softwareentwickler, die sich mit dem Erstellen von umfangreichen Applikationen mit grafischer Benutzeroberflaeche befassen, die Software-Entwicklung erheblich vereinfachen und beschleunigen, was eine Konzentration auf die aufgabenspezifische Loesungen erlaubt. Durch die so entstandene Bedienerfreundlichkeit wird die Akzeptanz des gesamten Systems gefoerdert.

Ausserdem sollten die Tools den Programmierer von Routineaufgaben befreien. Hierzu gehoeren beispielsweise der zentrale Baustein einer Klassenbibmliothek fuer bestimmte Oberflaechenobjekte, umfangreiche, auf diese Objekte anwendbare Methoden, Funktionalitaetsanbindung ueber umfangreiche Interpreter-Sprachen mit C-aehnlicher Syntax, eine Schnittstelle zu in Cii programmierten Anwenderfunktionen, eine SQL-Schnittstelle zur Datenbankintegration und ein Grafikanimations-Tool zur Darstellung dynamischer Oberflaechen.

Ein Leistungskriterium fuer die Klassenbibliothek ist, dass sie Objekte und Methoden bereitstellt, mit denen Masken generiert und gehandhabt werden koennen. Ausserdem sollte die Bibliothek mit animierbaren Grafikobjekten erweiterbar sein.

Jedem Objekt eines UIMS sollte eine Callback- oder Erweiterungsfunktion zugeordnet werden. Ueber diese Event- Funktionen kann dann auch die Kommunikation von Anwender und Programmierer erfolgen. Der Programmierer wird somit von der Objekt- und Oberflaechensteuerung entlastet. Diese Aufgaben kann das UIMS uebernehmen.

Es ist vorteilhaft, die Event-Funktionen mit umfangreichen Interpreter-Funktionen in C-aehnlicher Syntax zu belegen. Dadurch werden die Oberflaechen und die Oberflaechenobjekte bereits in der Entwicklungsphase mit einer Funktionalitaet ausgestattet, ohne dass eine Zeile individueller Programmcode erforderlich ist.

Mit Hilfe der Interpreter-Funktion kann die Funktionalitaet der Masken erheblich erweitert werden, ohne dass der Anwender hierzu einen Programmcode schreiben und kompilieren muss.

Es ist besonders wichtig, dass die Tools die freie Erzeugung von grafischen Bedieneroberflaechen erlauben und dass die Anwendungen problemlos nicht nur auf unterschiedliche Hardwareplattformen, sondern auch auf verschiedene Betriebssysteme uebertragen werden koennen.

Dies hat den Vorteil, dass Anwendungen auf einem spezifischen Rechnersystem entwickelt und auf den unterschiedlichsten Ebenen, vom PC unter Windows bis hin zum VAX-Rechner unter VMS, eingesetzt werden koennen.

Datenbankintegration schafft die Voraussetzung fuer eine volle Integration aller UIMS-Anwendungen in bestehende Strukturen. Bei den Produkten sollte es sich um offene Systeme handeln, die beliebig ausbaubar sind.

Ein weiteres Anforderungskriterium ist, dass die benoetigten Ablaeufe und Datenbankzugriffe objektorientiert in Masken auf dem Bildschirm erstellt und leicht mit grafischen Benutzeroberflaechen versehen werden koennen. Dabei sollten die Datenbanksysteme Oracle, Ingres und Informix auf Anhieb unterstuetzt werden koennen.

Flexibilitaet bei leichter

Wartbarkeit erwuenscht

Der Einsatz von UIMS in der Software-Entwicklung oder beim Erstellen von Applikationen sollte dem Anwender weiterhin die Vorteile der objektmorientierten Entwicklungsumgebung, der Flexibilitaet von Style-Guide-gerechten Bedieneroberflaechen sowie Effektivitaet und Zeitersparnis bieten. Zudem sollten sie auch erweiterbar sein.

Unter objektorientierter Entwicklungsumgebung ist hier die vielfaeltige Erweiterbarkeit der Softwareloesung und die leichte Wartbarkeit und Pflege der Applikationen zu verstehen.

Flexibilitaet bedeutet in diesem Kontext die Entwicklung Hardware- unabhaengiger Softwaresysteme sowie die Funktionalitaetserweiterung durch Zusatzmodule. Eine Style-Guide-gerechte Bedieneroberflaeche umfasst sowohl ein einheitliches Look and feel auf allen Window- Managern als auch die Unterstuetzung von Dialogobjekten und eine gute Bedienerergonomie fertiger Applikationen. Effektivitaet und Zeitersparnis fordern einen komfortablen Masken-Editor, einfache Erlernbarkeit, kurze Einarbeitungs- und Entwicklungszeiten sowie die einfache Pflege und Wartung der Applikationen.

Ein UIMS sollte daher aus einem interaktiven Masken-Editor, einer Klassenbibliothek, einem Maskentestprogramm zur Simulation der Oberflaechensteuerung und einem Interpreter zur Erweiterung der Funktionalitaet der Oberflaechen bestehen.

Zu den Leistungskriterien dieser vielfaeltigen Interface- Management-Systeme gehoert auch, dass sie zur Erstellung einer grafischen Benutzeroberflaeche einen interaktiven, mausorientierten Masken-Editor zur Verfuegung stellen. Damit koennen dann komplexe Benutzeroberflaechen beispielsweise nach dem WYSIWYG-Prinzip generiert werden. Waehrend der Entwicklung eines Maskensystems ist darauf zu achten, dass sich die Masken ueber bestimmte Funktionen auch gegenseitig aufrufen koennen.

Grafische Benutzeroberflaechen koennen als Leistungsmerkmal fuer den effizienten Einsatz von Informations- und Kommunikations- Technologien angesehen werden. Sie haben sich in der Praxis bereits als Standard durchgesetzt. Die Benutzeroberflaeche der UIMS, mit der die Ablaeufe einer Applikation gesteuert werden koennen, sollte die Frames Anwendungsfenster, Dialogfenster und Message-Box enthalten.

Das Anwendungsfenster muss dabei direkt nach dem Start der Anwendung sichtbar sein. Jede Applikation muss mindestens ein solches Fenster enthalten. Das Dialogfenster muss zwar dieselbe Funktionalitaet wie ein Anwendungsfenster besitzen, doch im Gegensatz zu diesem sollte es von der Applikation verwaltet werden.

Es ist gleichermassen von Vorteil, wenn alle Fenster in beliebiger Weise mit den zur Verfuegung stehenden Objekten gestaltet werden koennen, die sowohl einen Text- als auch einen Grafikmodus aufweisen. Die Message-Box dient dazu, Warnungen, Informationen oder Hinweise mitzuteilen. Der eingesetzte Window-Manager bestimmt dabei die Gestaltung und den Leistungsumfang.

Ein weiteres Kriterium fuer UIMS ist die Mehrsprachigkeit der Systeme. Viele Unternehmen sind im Auslandsgeschaeft taetig. Softwaresysteme muessen daher nicht nur national, sondern auch international einsetzbar sein. Zudem lassen sich durch einen Sprach-Editor auch die Entwicklungs- und Wartungskosten spuerbar senken.

*Ulrich Dietz ist Geschaeftsfuehrer der GFT in St. Georgen im Schwarzwald