Moderne Methoden lehren den Umgang mit Warenwirtschaftssystemen:

Lehrsysteme unterstützen die Endbenutzer-Ausbildung

30.09.1988

Angelika Maassen ist Leiterin des Bereiches Pläne und Mittel in der Zentralen Bildungsstelle der Kaufhof AG, Köln

Train-the-trainer - das war der erste Schritt, den die Kaufhof AG bei der Einführung des Warenwirtschaftssystems WWS vornahm. Dazu mußte das Personal aus der Mitarbeiterschulung zunächst die Kniffe eines Autorensystems erlernen. Wie dann Lernprogramme für die Belegschaft erstellt werden konnten, schildert Angelika Maassen.

Die Zentrale Bildungsstelle des Kaufhauskonzerns ging schon im Vorfeld der notwendigen Schulungsmaßnahmen auf die Suche nach geeigneten Medien, die den WWS-Trainern mittelfristig Entlastung bringen könnten. Dabei stieß man unter anderem sehr rasch auf die Möglichkeit, mit Hilfe sogenannter Autorensysteme computergestützte Lernprogramme zu entwickeln. Diese Idee überzeugte auf Anhieb. Denn es ist naheliegend und pädagogisch sinnvoll, Computeranwendern die Handhabung des Computers und der Programme mit Hilfe eben dieses Computers erlernen zu lassen.

Schließlich entschied man sich für das Trainingssystem Interpret der Firma Janotta, Darmstadt. Das Autorensystem kann sowohl auf einem PC wie auch einem Großrechner eingesetzt werden. Gerade dieser Punkt war für die Kaufhof-Trainer wichtig, weil in den einzelnen Filialen noch nicht entschieden war, welche Systeme angeschafft werden sollten. Hinzu kommt, daß Interpret die Überspielung und Nutzung der Original-Masken des WWS möglich macht, was für die Gestaltung praxisnaher Übungen unerläßlich ist.

Mitte 1984 wurden dann die ersten PCs in der Bildungsstelle installiert. Die Kölner betraten dies Neuland allerdings ohne Berührungsängste. Zwar hatte man bereits Erfahrungen in der Erstellung von gedruckten und audiovisuellen Lernprogrammen gesammelt, doch wie man dies alles jetzt mit Computerhilfe durchführen kann, mußten erst Spezialisten den Trainern beibringen.

1985 begannen die WWS-Trainer sich "freizuschwimmen". Vier computergestützte Lernprogramme wurden auf dem PC entwickelt. Und mit den ersten Programmiererfahrungen konnte man schon die eigene Kursstruktur und Einsatzkonzeption einbringen. Bei der anschließenden Programmerstellung spielten zunächst die Computer-Anwendungsaufgaben, die von den Mitarbeitern im Einkauf in der Zentrale und in den Filialen zu bearbeiten sind, eine große Rolle. Hierbei handelt es sich in der Mehrzahl um sogenannte Listungsaufgaben, das heißt, daß jeder bestellte Artikel als erstes vom Einkauf mit seinen Grunddaten (Artikelnummer, Sortimentseingliederung, Größen, Farben, Preis, Lieferant, Bestellmenge) in das WWS eingegeben werden muß. Unterlaufen hierbei Fehler, so multiplizieren sich diese - getreu dem Motto: Mist rein, Mist raus - in allen Filialen und können große Verwirrung stiften. Eine einzige falsch eingetippte Zahl vermag beispielsweise einen ganzen Container mit Senftuben in Bewegung zu setzen, wo eigentlich nur ein Paket davon bestellt werden sollte.

Inzwischen sind siebzehn computergestützte Lernprogramme, mit Bearbeitungszeiten zwischen 20 bis 60 Minuten, - teilweise auch in unterschiedlichen Versionen für unterschiedliche Anwendergruppen - im Einsatz, drei weitere werden derzeit erstellt. Im Einsatz bedeutet, daß jeder Mitarbeiter im Einkauf die Programme nach Bedarf an seinem Bildschirm (sprich Arbeitsplatz) abrufen kann. Hiervon wird reger Gebrauch gemacht. Auch alte Hasen rufen sich gerne vor der Bearbeitung nicht so häufig anfallender Vorgänge mit Hilfe dieser Programme den Arbeitsablauf noch einmal in Erinnerung. Es soll sogar Chefs geben, die so -

"ohne Gesichtsverlust" - Halbvergessenes auffrischen.

Jedes einzelne Programm ist so aufgebaut, daß sowohl ein Neuling die Arbeitsgänge von Grund auf lernen, als auch ein Routinier im Schnelldurchlauf das Ganze kurz nochmal überfliegen kann. Zu jedem Programm gehört schriftliches Begleitmaterial, das zum Beispiel erklärende Texte, Daten für die Übungsaufgaben, ein Lexikon und listen enthält. So wird verhindert, daß längere Texte vom Bildschirm gelesen werden müssen. Der Bildschirm hat als Buchersatz nicht seine stärkste Seite. Außerdem entspricht das Begleitmaterial auch der echten Arbeitssituation, in der häufig die einzugebenden Daten aus diversen schriftlichen Unterlagen zusammenzusuchen sind.

Seit vier Jahren ständig im Einsatz

Alle Programme laufen in Dialogform, das heißt: Richtige Eingaben werden bestätigt; bei Fehleingaben erhält der Lernende zusätzliche Erklärungen, Hinweise und Lösungsvorschläge. Hierin beweist ein computergestütztes Lernprogramm seine Überlegenheit gegenüber anderen Selbstlernmethoden.

Die Programmierung nimmt, allerdings beträchtlichen Zeitaufwand in Anspruch. Bei einiger Übung verringert sich die notwendige Erstellungszeit. Für die Erstellung eines Kurses von rund 40 Minuten Bearbeitungszeit (zirka 100 bis 120 Files) benötigt ein eingearbeiteter Abteilungsleiter durchschnittlich vier Wochen - inklusive der Zusammenstellung des Begleitmaterials und der Tests auf PC und Host. Seit vier Jahren wird ständig mit dem System gearbeitet und man ist durchaus zufrieden damit.