Marktplätze sollen im Herbst starten

Lebensmittel und Kunststoff - Branchen handeln online

30.06.2000
MÜNCHEN (qua) - Was der Automobilindustrie recht ist, kann den Lebensmittelherstellern und den Kunststoffproduzenten nur billig sein: Für Ende dieses Jahres haben die Marktführer dieser beiden Branchen den Start von Online-Beschaffungsbörsen und entsprechenden Services angekündigt.

Neben kundeneigenen Beschaffungsmärkten und Handelsplattformen der IT-Anbieter beziehungsweise -Dienstleister schießen derzeit vor allem branchenspezifische Online-Börsen aus dem Boden wie Pilze nach dem Regen. Prominentestes Beispiel ist "Covisint", das Gemeinschaftsunternehmen von Daimler-Benz, Ford und General Motors. In diesem Herbst starten zwei weitere Mammutmärkte: "Omnexus", eine Internet-basierende Beschaffungsbörse der Kunststoffriesen BASF, Bayer, Dow Chemical, Dupont und Ticona, sowie "Transora", eine Kooperation von 49 Unternehmen der Lebensmittel-, Getränke- und Konsumgüterindustrie.

Die Liste der Transora-Gründer reicht von Coca-Cola über Kraft Foods bis Unilever. Zusammen geben sie jährlich etwa 350 Milliarden Dollar aus, um die für ihre Produktion notwendigen Rohstoffe und Halbfertigprodukte zu beschaffen. Selbst wenn sie nur ein Prozent dieser Summe sparen könnten, läge der Deltabetrag bei 3,5 Milliarden Dollar. Experten zufolge bergen solche Online-Märkte jedoch Einsparungspotenziale von zehn bis 50 Prozent.

Angesichts solcher Summen fällt das Startkapital, mit dem die Transora-Eigner ihr in Chikago beheimatetes Gemeinschaftsunternehmen ausstatten, kaum ins Gewicht: Zu den 238 Millionen Dollar trugen die beteiligten Unternehmen jeweils zwischen 500000 und 15 Millionen Dollar bei.

Kartellbehörden sind misstrauischTransora will den Mitgliedern Online-Dienste für die gesamte Lieferkette - vom Teilelieferanten bis zu den Handelsketten - anbieten. Im vierten Quartal dieses Jahres wird, so die Planung, zunächst der Beschaffungsmarktplatz online gehen. Mit Rücksicht auf die bereits misstrauisch gewordenen Kartellbehörden werden Sammelbestellungen unterbunden.

Auf welcher technischen Basis die Handelsplattform stehen wird, ist - trotz des nicht allzu fernen Starttermins - noch nicht spruchreif. Von Transora-Seite verlautete, dass sich der Entscheidungsprozess um so schwieriger gestalte, als viele der beteiligten Unternehmen bereits eigene Ansätze entwickelt hätten.

Vor ähnlichen Schwierigkeiten dürfte auch Omnexus stehen. Doch im Gegensatz zu Transora benennen die fünf Partner des Kunststoff-Marktplatzes bereits einen Lieferanten für die "technologische Plattform" sowie einen Verantwortlichen für den "Aufbau der neuen Gesellschaft". Auf der technischen Seite fiel die Entscheidung zugunsten von IBM aus. Das Interims-Management übernimmt Andersen Consulting.

Der Internet-Marktplatz soll neben den Herstellern von thermoplastischen Kunststoffen auch die Anbieter von Spritzgussmaschinen und -werkzeugen sowie branchenbezogenen Dienstleistungen einschließen.

Den via Omnexus gehandelten Umsatz schätzen die Gründerunternehmen auf zunächst 50 Milliarden Euro im Jahr. Als Sitz des Joint Ventures haben sie Atlanta ausersehen. In den USA geht Omnexus voraussichtlich am 1. Oktober dieses Jahres ans Netz; der Start des europäischen Markts ist für Anfang 2001 geplant.