Der Krieg der Akkus beginnt

Lebensdauer von Akkumulatoren ist bei weitem nicht ausgereizt

24.07.1992

Energiedichte, Strombelastbarkeit, Spannungskonstanz, Umweltverträglichkeit, Lagerfähigkeit - um das und um vieles mehr geht es in der Akkumulatorenforschung. Sie kann die Anwendung portabler Computer auf vielerlei Weise beeinflussen - weit über die bloße Lebensdauer des Akkus als Energiequelle hinaus.

Die Zahl der verkauften, tragbaren Rechner geht in die Hunderttausende, und auch für die nächsten Jahre rechnen Industriebeobachter mit einem starken Wachstum. Noch werden die meisten portablen Computer aus Nickel-Cadmium-Akkumulatoren gespeist. Mit diesen Zellen arbeitet ein Notebook oder Laptop bis zu drei Stunden, danach müssen sie wiederaufgeladen werden. Fortschritte im Energiemanagement haben zwar die netzunabhängige Arbeitsdauer verlängert (manche Hersteller stellen je nach den Arbeitsgewohnheiten bis zu acht Stunden bis zum nächsten Aufladen in Aussicht), die Grundlebensdauer der Akkus stieg aber zur Enttäuschung der Benutzer kaum an.

"Die Anwender haben uns gesagt, daß die Betriebsdauer der Notebook-Akkus bestenfalls bei fünf bis sechs Stunden liegt", faßt Ralph Millard, Marketingleiter bei Gates Energy Products, dem größten nordamerikanischen Hersteller von Akkus, das Ergebnis einer Befragung von Portable-Benutzern zusammen.

Fülle von Kombinationen

Zur Verlängerung der Betriebsdauer haben die Computerhersteller mit der Umstellung auf Nickel-Hydrid-Akkus begonnen. Sie bieten eine um 30 Prozent längere Lebensdauer als die Nickel-Cadmium-Produkte und belasten auch die Umwelt nicht so stark wie diese, weil sie nicht das giftige Schwermetall Cadmium enthalten. Für kleinere Subnotebook-Computer wie Notepads und Organizer werden dagegen häufig Standard-Mangan-Zellen verwendet.

Einerseits behaupten die Batteriehersteller, daß die Nickel-Hydrid-Technologie noch viel Raum für neue Entwicklungen biete und schließlich eine um 50 Prozent längere Lebensdauer haben könne als Nickel-Cadmium-Akkus, andererseits könne die Zukunft eine Verschiebung auf eine von mehreren neuen Technologien bringen, die aus kleineren Zellen eine längere Lebensdauer herausholen als die heute angebotenen Produkte.

Die meisten Beobachter halten Lithium-Akkumulatoren oder möglicherweise Zink-Luftsauerstoff-Zellen für die zukünftigen Standardakkus portabler Computer. Auch die direkte Methanol-Luftsauerstoff-Technik könnte sich zur ausgedehnten kommerziellen Nutzung eignen.

Die Akku-Forschung ähnelt in gewisser Hinsicht einer Ehevermittlung, nur geht es hier um das Zusammenführen von Paaren, die optimale chemische Reaktionen hervorrufen.

Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Fülle möglicher Kombinationen; in der Praxis durchgesetzt haben sich aber wegen der an sie gestellten hohen Anforderungen nur wenige.

Die aussichtsreichste neue Technologie scheint die Lithium-Technologie zu sein. "Ich glaube, dem Lithium-Akku wird die Zukunft gehören", meint zum Beispiel Ralph Brodd, Marketingdirektor bei der Valence Technology Inc.

Brodds Unternehmen mit Sitz in San Jose in Kalifornien arbeitet an einer Art wiederaufladbarer Lithium-Akkus nach dem Prinzip des Feststoffpolymer-Systems. Der Vorteil des Feststoffpolymers bestehe in seiner Festigkeit, sagt Brodd. Organische Lithium-Verbindungen könnten dagegen bei Unfällen auslaufen - ein Feuer oder eine Explosion wären die Folge.

Der Vorteil des Lithiums ist seine hohe Energiedichte: Ein Lithium-Akku liefert viermal soviel Energie wie ein gleich großer Nickel-Cadmium-Akku und hat außerdem eine mindestens viermal so lange Lebensdauer zu bieten, bis die aus der Akku-Physik bekannten Unregelmäßigkeiten kurz vor der Entladung des Akkus - etwa der schlagartige Spannungsabfall - in Erscheinung treten.

Lithium-Zellen werden schon häufig verwendet, beispielsweise in Kameras oder als Memory-Backup in PCs, meistens aber nur in der Form von Primär-Batterien, die sich nicht wiederaufladen lassen.

Hochleistungs-Akkus für den Einsatz im All

Haben sie hier den großen Durchbruch schon hinter sich so läßt dieser aber bei den wiederaufladbaren Lithium-Akkus auf sich warten. Ihr Nachteil ist die geringe Strombelastbarkeit, können sie doch nur mit wenigen Milliampere ge- und entladen werden. Auch die Zahl der Lade-Entlade- Zyklen läßt noch zu wünschen übrig. "Lithium-Akkus halten nur ein paar hundert Zyklen aus, und das ist für viele Anwendungen nicht lang genug, um wirtschaftlich zu sein", meint Hervey Frank vom Jet Propulsion Laboratory der Nasa am California Institute of Technology in Pasadena. Zum Vergleich: Nickel-Cadmium-Akkus halten 500 bis 700 Zyklen aus, Nickel- Hydrid- Systeme 300 bis 500.

Am Jet Propulsion Laboratory konzentrieren sich die Forscher auf Lithium in seiner elektrolytischen Form und nicht auf das von Valence bevorzugte Festpolymerform.

Ihr Ziel ist die Entwicklung von Hochleistungs-Akkus für die Weltraumflüge der Nasa. Brodd und Frank sind sich darin einig, daß der Preis von Lithium-Zellen in absehbarer Zeit unter den von Nickel-Cadmium sinken könnte. Großhersteller wie Gates Energy Products sind aber in dieser Hinsicht skeptisch.

Falls das Akku-Lithium so stabilisiert werden könnte, daß keine Unfallgefahr mehr besteht würde seine höhere Energiedichte eine längere netzunabhängige Arbeitsdauer von Laptops ermöglichen und außerdem deren Gewicht verringern.

Aber auch die verbesserten Nickel-Cadmium-Akkus sollten nicht unterschätzt werden, haben sie doch Farbbildschirme und die Verwendung von 80486-Chips in Akku-gespeisten Portablen möglich gemacht. Im Rahmen der Vorbereitung auf die nächste Reiserechner-Generation plant Valence, in etwa 18 Monaten Prototypen eines Lithium-Akkus einzuführen.

Frank und Brodd zufolge läßt sich die Energiedichte des Zink-Luftsauerstoff-Systems mit Lithium vergleichen. Doch auch hier bereitet die Frage der Lebensdauer noch Kopfzerbrechen, außerdem sind stärkere Stromentnahmen mit Problemen verbunden, weshalb Zink-Luftsauerstoff-Akkus im allgemeinen nur für Niederleistungsanwendungen, zum Beispiel Hörhilfen, in Frage kommen. Hinzu komme, daß diese Zelle Sauerstoff aus der Luft aufnimmt. Sie darf also nicht völlig abgekapselt sein. Bis Ende dieses Jahres will aber die AER Energy Resource Inc. in Atlanta mit neuen Zink-Luftsauerstoff-Akkus auf den Markt kommen.

Noch zu teuer: Direkt-Methanol-Akkus

Bezüglich der Direkt-Methanol-Akkus meinte Frank, sie sei eine hervorragende Energiequelle, die sich leicht wiederaufladen lasse. Die gegenwärtigen Versionen erzeugten aber für viele Zwecke nicht die erforderliche Energie, außerdem seien sie wegen ihres Platingehalts teuer.

Mittlerweile gehen die meisten Beobachter davon aus, daß der Nickel-Hydrid-Akku trotz der Entwicklung der anderen Technologien an Popularität gewinnen werde. In etwa fünf Jahren könne Nickelhydrid zur dominierenden Technologie werden, sagt Robert O'Keefe, Strategic Markets Manager der OEM Division von Duracell International in Bethel, Connecticut. Nickel-Hydrid fange erst an, ein Marktfaktor zu werden.