Zur besseren Graduierung und Auslastung der Infrastruktur

Layer-4-Switching: Alte Idee mit neuen Funktionen

17.04.1998

Ist die Layer-4-Funktionaliät in Switches reines Marketing-Getöse der Hersteller, die den Anwendern alten Wein in neuen Schläuchen verkaufen wollen? "Jein", meint Hartwig Bazzanella, Geschäftsführer der NCB Informationssysteme AG in Neuhausen, Schweiz, "denn in früheren Spezifikationen der International Standardization Organization (ISO) gibt es mit dem Transport Service Access Point (TSAP) bereits ein vergleichbares Verfahren, das die Layer-4-Informationen nutzt. "Die nun von den Anbietern angepriesenen Schicht-4-Lösungen, so seine Erklärung, tragen diese Möglichkeiten nun auch in die IP-Welt.

Doch die erweiterten Funktionen der Netzkomponenten haben es in sich."Der Switch eröffnet auf Basis der Applikationskennungen der Ebene 4, der sogenannten Port Numbers, eine eigene, spezielle Applikationsdomäne", erklärt der Netzexperte.Aufbauend auf ein sauber implementiertes IP-Netzwerk, ergeben sich neue Optionen, Arbeitsprozesse im Unternehmen auf die Infrastruktur abzubilden.Erlauben IP- oder Schicht-3-Switches, virtuelle Arbeitsgruppen einzurichten, "so ist die Layer-4-Funktionalität eine Weiterführung dieses Konzeptgedankens", erläutert Bazzanella.Denn die IT-bezogene Umsetzung der Informationsflüsse eines Unternehmens läßt sich feiner mit diesem Verfahren graduieren.

Vor allem erleichtert die neue Switching-Technik die exakte Zuordnung von Applikationen zu Mitarbeitern.Auf Basis von IP-Informationen ist dies oftmals schwer zu realisieren, wenn wie häufig die dynamische Adreßzuweisung (beispielsweise Dynamic Host Configuration Protocol, siehe Lexikothek) verwendet wird.Bereits auf der Netzwerkebene lassen sich somit Workflow-Mechanismen realisieren.Die Entlastung des Netzes ist ein positiver Nebeneffekt.

Eine weitere Ausprägung dieses Verfahrens ist die bevorzugte Behandlung von Anwendungen und die Lastverteilung.Durch die Informationen, die ein Datenpaket mit sich trägt, erkennt der Switch die Art der verwendeten Applikation (etwa Internet-Dienste wie Telnet und FTP, aber auch betriebswirtschaftliche Lösungen etc.) und kann ihr ein Vorfahrtsrecht durch das Netz einräumen.Viele Hersteller positionieren ihre Switches auch als vorgeschaltete Komponente zu einer Server-Farm.Die Anfragen der Clients laufen hier ein, adressieren den Ziel-Server aber mit einer virtuellen statt der physikalischen IP-Adresse."Ist die angefragte Applikation mehrfach auf Servern vorhanden", beschreibt Mike Lange, Product Manager bei Controlware in Dietzenbach, "vermittelt der Switch das Paket an den am wenigsten ausgelasteten Rechner."Dieses Auslastungs-Feature ist erst durch die jüngste Switch-Generation möglich.Zwar haben bislang auch herkömmliche Router Layer-4-Informationen zumindest in Teilen analysiert, "doch unter dem Label Layer-4-Switching gibt es neue Funktionen", betont Lange den Vorteil der Geräte.

LAYER-4-SWITCHING IN DER PRAXIS

Mit Layer-4-Switches verfolgen die Hersteller durchaus neue Ansätze, denn sie erweitern die Funktionsfähigkeit der Netzkomponenten.Zwei Einsatzmöglichkeiten sollen den Nutzen verdeutlichen.

Für Hartwig Bazzanella, President und CEO der NCB Informationstechnik AG in Neuhausen, Schweiz, ist der Nutzen des Layer-4-Switchings eindeutig: die Abbildung der Geschäftsprozesse auf die Infrastruktur.In einer derzeit konzipierten Bausparanwendung, so sein Beispiel, haben bestimmte Mitarbeiter Zugriffsrechte auf definierte Applikationen und Daten.Um den Informationsfluß IT-technisch umzusetzen, ist ein Workflow-Mechanismus erforderlich.Auf Basis der Layer-4-Informationen läßt sich der schon auf Netzebene realisieren, indem die Mitarbeiter nur die ihnen zugedachten Informationen erhalten.Die Zuordnung der Zugriffsrechte übernehmen quasi die Switches, ohne die Applikationen auf den Servern oder den Clients zu belasten.

In Netzwerksegmenten mit mehreren Arbeitsplätzen streut der Switch an alle IP-Adressen die gleichen Informationen und Daten."Nur der Arbeitsplatz mit der entsprechenden Layer-4-Kennung", verdeutlicht Bazzanella, "bekommt weitere Informationen für den dort zu bearbeitenden Geschäftsprozeß."

Aber auch für Service-Provider und Unternehmen mit Intranets oder Extranets ergeben sich Anwendungsmöglichkeiten, denn die Switches können die Zugriffe auf Web-Seiten effektiver gestalten.Das kann zum einen über die Lastkontrolle geschehen, indem der Switch den Web-Dienst erkennt und die Aufrufe zu dem HTTP-Server weiterleitet, der am wenigsten ausgelastet ist.

"Die Möglichkeiten des Layer-4-Switchings gehen aber noch weiter", erklärt Mike Lange, Product-Manager bei dem Systemintegrator Controlware in Dietzenbach.So ließe sich die Anfrage eines Clients nach einer Web-Seite auch auf mehrere Server verteilen, indem einer etwa den Rahmen liefert, ein zweiter die Icons und ein dritter den Text."Das bringt Performance", beschreibt Lange den Nutzen der Switches.