Anwenderbericht: optische Werke G. Rodenstock, München

Lastenheft, Benchmarks und Softwaretricks

08.10.1976

MÜNCHEN - Seit Juli 1975 ist in der Physikabteilung der Firma Rodenstock, München, ein Modcomp-IV-Minicomputer im Einsatz (siehe Kasten). "Dabei stand, als wir uns Mitte 1974 auf dem Markt umzusehen begannen, dieses System zunächst gar nicht auf unserer Wunschliste", gesteht Dr. Walter Smilga, der bei dem bekannten Optik-Hersteller (6000 Beschäftigte, Zweigwerke, in Regensburg und Ebersberg) für den Modcomp-Rechner zuständig ist. Der Außenseiter wurde erst von einem Modcomp-VB angeboten, nachdem sich in der Branche wie üblich schnell herumgesprochen hatte, daß Rodenstock einen neuen technisch-wissenschaftlichen Rechner suchte.

"Wir waren auch vor zwei Jahren keine heurigen Hasen", erklärt Smilga. Gesucht wurde nähmlich eine Nachfolgemaschine für die in der Abteilung Geometrische Optik installierte IBM 1130, "die einfach zu klein wurde, zumal nach und nach weitere Abteilungen bedient werden sollten". So waren etwa die "Physiker" bis zu diesem Zeitpunkt "leidlich geduldete Gäste" im Rodenstock-RZ (Siemens 4004/135). Dazu Smilga: "Den Kaufleuten war die Fakturierung immer wichtiger als unsere Berechnungen von Objektiven. "

Fünfmal schneller

Nachdem intern festgelegt worden war, daß die neue Anlage in der reinen CPU-Leistung gegenüber der 1130 um den Faktor 5 schneller sein sollte, wurden Lastenhefte an zehn Hersteller geschickt. Gefordert wurde ferner, mit dem neuen System Multi-Terminalbetrieb möglich sein mußte.

Wie Smilga berichtet, schieden die "Großen" (IBM und CDC) recht schnell aus, "weil sie nichts anbieten konnten, was unseren Preisvorstellungen entsprach".

Der Kreis engte sich weiter ein, als von Rodenstock-Seite ein Benchmark zur Auflage gemacht wurde: Wir stellten dafür jedem Hersteller ein in Fortran geschriebenes Testprogramm zur Verfügung. 10 000 Strahldurchrechnungen, wie sie Basis für jede optische Rechnung sind, hatten wir in eine Schleife gesetzt." Von diesem Benchmark versprach man sich bei Rodenstock - so Smilga - auch einen Test der angebotenen Fortran-Compiler: "Da gibt es bekanntlich bei den einzelnen Herstellern erhebliche Unterschiede." Da die Rodenstock-Programme sehr rechenintensiv sind, wurde bei dem Test der Ein-/Ausgabe nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen. Um so genauer wurde die Geschwindigkeit des Zentralrechners gemessen. Schließlich sollte der Floating-Point-Prozessor auf Wortlängen von 32, 48 und 64 Bits ausgelegt sein.

In den genannten Punkten ließ der Modcomp-Rechner kaum Wünsche offen. Außerdem waren Subroutinen wie Quadratwurzel, Sinus etc. bereits hardwaremäßig realisiert.

Keine Preisunterschiede

Auch den Multiprogramming-Test bestand die Modcomp IV: "Wir sind allergisch dagegen, wenn hier mit der Software getrickst wird", Weitere Beurteilungskriterien: Ausbaufähigkeit und Wartungsfreundlichkeit der Hardware sowie die Servicebereitschaft des Herstellers (Smilga: Es ist gut, wenn man einen Techniker am Ort hat"). Der Preis war bei allen untersuchten Modellen in etwa gleich.

Zu guter Letzt kam es auf die Verfügbarkeit der Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an: "Sie glauben gar nicht, was da auf dem Papier so alles versprochen wird."