EDV-Seeing in Norwegen:

Last not least auf der deutschen Spielwiese

01.12.1978

OSLO - Electronic - made in Norway: Das war das erklärte Ziel einer Reise von fünf deutschen EDV-Fachredakteuren nach Oslo und Kongsberg Anfang November.

Selbstbewußt und optimistisch, wie die "EDV-Winzlinge" unter den europäischen Computerriesen sind - wollen sie an der Sonderkonjunktur in der Bundesrepublik in Sachen Midi-, Mini- und Mikro-Rechner sowie in Software und Systemprogrammen teilhaben, und zwar einerseits durch Gründung oder Ausweitung eigener Tochtergesellschaften hierzulande und andererseits in der Anwendungstechnik. Schon jetzt sind die norwegischen Computer-Zwerge mit technisch-wissenschaftlichen Anwendungen m namhaften deutschen Großfirmen vertreten.

Besuch bei Norwegens EDV-Nr.1: Norsk Data A. S.

Das Unternehmen, das Computersysteme und Minicomputer herstellt ist jetzt elf Jahre alt und gerade in einen Neubau am Rande Oslos gezogen. Seit 1971 wird es an der Börse in Oslo notiert und gehört inzwischen zirka 200 Aktienbesitzern. 400 Mitarbeiter machen in diesem Jahr einen Umsatz von fast 50 Millionen Mark. Der Export beträgt 46 Prozent davon. Die Konkurrenten der ND haben klingende Namen und werden stolz genannt: SEL, Siemens, Interdata oder auch Hewlett-Packard. "Flaggschiffe" der ND sind zum Beispiel die Nord l0 und die Nord 50. Ihre Hauptanwendungsgebiete liegen im technischwissenschaftlichen Bereich. Begonnen hat das ganze allerdings mit der Hochsecschiffahrt respektive der damit verbundenen Prozeßdatenverarbeitung 100 Rechner sind inzwischen verkauft.

Die Norsk-Data VBs arbeiten nicht auf Provisionsbasis; sie beziehen ein Gehalt auch die sogenannten "Agenten" in England, im Ostblock, in Frankreich oder auch in der Bundesrepublik, wo vor einem Jahr in Wiesbaden ein Tochterunternehmen gegründet wurde. Augenblicklich sind bei der Norsk Data Deutschland GmbH acht Mitarbeiter beschäftigt.

Sehr aufschlußreich gestaltet sich das Pressegespräch in der Tandberg Radiofabrik S. A. Tandberg liefert für den EDV-Sektor im wesentlichen zwei Terminalmodelle. Erst vor kurzem erhielt man einen größeren Auftrag von Siemens. Das deutsche Vertriebssystem soll gut laufen. Die ersten Terminals wurden vor fünf Jahren entworfen und vertrieben. Heute sind 200 Mitarbeiter im Terminalgeschäft tätig. Der Export (70 Prozent) geht zu 30 Prozent nach Skandinavien. Ein weiteres Tandberg-Produkt: Bandgeräte mit Zielrichtung OEM-Markt.

Das SI, ein beratendes Gremium

Im "Sentralinstitut for Industriell Forskning" (SI) läßt die Informationsdichte, was die eigentliche EDV angeht, nach. Relativ Neues aus und über das Institut: Das SI in Oslo ist von der Industrie getragen, beschäftigt im Bereich Elektronik 80 Personen und versteht sich mehr als ein beratendes (juristisch: öffentlich-rechtliches) Gremium. Es hat heute insgesamt 350 Mitarbeiter, existiert seit 1950 und kann stolz sein auf seine Roboterforschung und -entwicklung für die Industrie Norwegens. Jährlich muß das Institut 450 Spezialaufträge abwickeln.

Mycron A/S stellte sich als "Quasi-Ingenieurfirma" vor für Software-Entwicklung und Minicomputer-Design.

Ihre Tätigkeit als "Engineering-Firma" begann die Mycron erst vor gut drei Jahren, damals mit vier Mitarbeitern. Heute sind es 40, und der Umsatz wird sich 1978 wohl um die zwölf Millionen Mark herum bewegen. Für 1979 strebt man 17 Millionen an. Der Exportanteil

bei Mycron beträgt 25 Prozent und wird vornehmlich in Skandinavien erzielt. In Deutschland will man 1979 eine Millión Mark Umsatz machen und sucht deshalb nach Kooperationspartnern. Medizinische Anwendungen stehen hier im Vordergrund. Was die Hardware betrifft, so will Mycron mit dem Prozessor DIM 1003 den stärksten Mikroprozessor der Welt entwickelt haben. Interessant am Rande: Nur 20 Prozent der Mikroprozessoren in Norwegen werden importiert der Rest kommt aus dem Lande selbst.

Bei der Firma Kongsberg Vapenfabrik A/S in dem gleichnamigen Ort erfuhr man etwas über NC-Steuerungen und Datenerfassungssysteme, angewandt in der Waffen- und Turbinenproduktion. Die Division Datensysteme gibt das Know-how und die speziellen Prozeßrechner-Anwendungen zum Beispiel auch nach Deutschland weiter. Das Unternehmen hat mehr als 450 Mitarbeiter Seit 1973 gibt es die Kongsberg Deutschland GmbH - vor allem für den Gasturbinen-Bereich und industriellen Service. Die EDV ist hier nur "Abfallprodukt" Anders schon stellt sich die Kongsberg-Tochter in Stuttgart dar, die IKOSS GmbH. Mit 55 Mitarbeitern und zuletzt 6 Millionen Mark Umsatz leistet sie in erster Linie DV-Programmservice für Wissenschaft, Forschung und Technik in Deutschland.

Fazit dieser Informationsreise: Norwegens EDV-Industrie will ihr Knowhow auf dem international expandierenden Markt bekannter machen. Für sie liegt zur Zeit das DV-Mekka dort, wo die zweitmeisten Computer stehen: In der Bundesrepublik. Doch Norwegen wird noch viel lernen, erwirtschaften und entwickeln müssen.