"Last-minute-fax"

15.02.1991

Eigentlich kein Wunder, daß ein Kommunikationsdienst erfolgreich ist, der die menschliche Schwäche unterstützt, bestimmte, meist ungeliebte Arbeiten nur "auf den letzten Drücker" zu erledigen. Schon als Telefax noch teuer war und deshalb nur ausnahmsweise eingesetzt wurde, stützten sich viele Last-minute-Spezialisten - und sei es zu Lasten des eigenen Portemonnaies - auf den schnellen Kompromiß zwischen elektronischer und gelber Post. Das wenig ansprechende Erscheinungsbild der grauen Fax-Dokumente spielte dann auch schon keine Rolle mehr.

Mit wachsender Teilnehmerzahl und den damit einhergehenden sinkenden Kosten ergaben sich indes über die Geschwindigkeit hinausgehende Komfortwünsche. Medienbrüche, also redundantens Arbeiten, wie Mehrfach-Erfassen und -Bearbeiten sowie Konvertieren von Texten und Grafiken, sollten vermieden werden - als weiteres Moment der Beschleunigung.

Ein quasi hochintegriertes Faxgerät in Form einer intelligenten Einschubkarte für den Arbeitsplatz-Rechner war der erste Schritt in diese Richtung (von kostspieligen Scannern einmal abgesehen). Geringere Fehlermöglichkeiten, besseres Erscheinungsbild, Editier- und Archivierungsmöglichkeiten etc. taten sich auf.

Heute sind allein in Deutschland mindestens 62 Karten zugelassen - mit stark steigender Tendenz. Zwar ist Fax (noch) nicht wie Text eine normale Standardapplikation für jeden ausgelieferten PC, doch dürfte zur Zeit an jedem zweiten oder dritten Arbeitsplatz-Rechner darüber nachgedacht werden, auf welche Weise über die inzwischen in den Betrieben fast schon selbstverständliche lokale Kommunikation im Inhouse-Netz hinaus tele-kommuniziert werden soll: via Mailbox in den Varianten von reinrassiger elektronischer Post (EDI, X.400 etc.) oder über den Fax-Dienst der DBP Telekom.

Deren Fax-Kunden verteilen sich schön gleichmäßig über die Branchen. Und die Unternehmensgröße stellt auch keine Barriere mehr dar. Vom Personal-Fax bis zum Standard-Feature im unternehmensweiten Netzwerk hat es die einstige "Faksimile-Übertragung" gebracht, die 1847 mit ersten Versuchen durch Frederik Collier Bakewell zwischen London und Slough ihren Anfang genommen hatte. Ergebnis: Man kann mit immer mehr Partnern "Just-in-time" arbeiten, mit anderen Worten per "Last-minute-fax".

bi