Ein Großanwender stellt sein DV-Druckzentrum um:

Laserdrucker schreibt handliche Steuerbescheide

15.07.1988

Über 51 Millionen Druckseiten werden jedes Jahr im Rechenzentrum der Oberfinanzdirektion München zentral erstellt: Bescheide und Mitteilungen an den Steuerbürger sowie finanzamtsinterne Unterlagen zur Bearbeitung und Dokumentation. Bei der Umstellung auf ein neues Drucksystem entschied man sich für Hochleistungslaserdrucker. Werner Büdel* beschreibt, welche Erfahrungen die Behörde dabei machte.

Mehr als 500 verschiedene Ausdruckarten - Ergebnisse aus den integrierten Automatisierten Besteuerungsverfahren (IABV) entstanden auf herkömmlichen mechanischen Kettendruckern. Relativ geringe Möglichkeiten zur Gestaltung der Druckseite und uneinheitliche Druckqualität dieses Verfahrens konnten den mittlerweile gestiegenen Ansprüchen nicht mehr gerecht werden. Die Folge waren Steuerbescheide im unhandlichen Breitformat mit ausschließlich Großbuchstaben und durchgehend gleicher Schriftgröße.

Zusatztexte wie Rechtsbehelfsbelehrungen oder Erläuterungen wurden auf der Rückseite der Bescheidformulare vorgedruckt. Dazu mußten diese Texte soweit wie möglich standardisiert werden, um alle denkbaren Inhalte abzudecken, was zwangsweise zu einer Einbuße an Verständlichkeit und Übersichtlichkeit für den Steuerbürger führte. Umfangreiche Vorratshaltung und häufiges Nachbestellen der Formulare waren nicht nur personalkostenintensiv, es erforderte auch viel Lagerplatz und band unnötig Finanzmittel.

Häufiger Formularwechsel an den herkömmlichen Kettendruckern - in der bayerischen Finanzverwaltung wurden damals 60 verschiedene Endlosvordrucker verwendet - sowie umfangreiche Nachbehandlungen, wie Trennen der Endlosformulare und Sortieren der Blätter, belasteten Ablauf und Personal im Rechenzentrum und beeinträchtigten einen effizienten Durchsatz.

Mit dem Start des ersten Offline Zwillings-Laserdrucksystems Siemens 2600 für den Beidseitendruck Ende 1985 wurde das bereits drei Monate zuvor in Betrieb genommene Einseitendrucksystem 2600-1 ergänzt.

Über diese Systeme wird seitdem zentral das gesamte, für den Bürger bestimmte Druckgut - von Steuerbescheiden über Zahlungserinnerungen bis hin zu Mahnbescheiden - sowie ein Teil der internen Arbeitsunterlagen erstellt. Die Ergebnisse aus den täglichen Programmläufen werden weiterhin dezentral in den einzelnen Finanzämtern auf Kettendruckern, die über ein DFV-Netz mit dem zentralen Rechenzentrum verbunden sind, ausgegeben, um eine zeitnahe Bearbeitung zum Beispiel für den täglichen Kassenabschluß zu gewährleisten.

Durch den Laserdruck wurde es möglich, weitestgehend auf vorgefertigte Formulare zu verzichten. Die früheren Vordruckbilder einschließlich der Rahmentexte werden nun, dank der grafischen Möglichkeiten und der großen Flexibilität bei der Zeichen- und Schriftgestaltung, ebenfalls vom Laserdrucker zu Papier gebracht. Gleichbleibende Texte und Grafiken werden dabei elektronisch gespeichert und sind beliebig abrufbar. Sogar das Dienstsiegel des Finanzamtes wird auf diese Weise gedruckt.

Da als Ausgangsmaterial leeres, unbedrucktes Papier verwendet wird, entfällt nicht nur der zeitraubende und personalintensive Formularwechsel, sondern es kann auch weitgehend auf nachträgliche Verteilungs- und Sortierarbeiten verzichtet werden.

Mit den Kettendruckern wurden beispielsweise zuerst alle angefallenen Mahnbescheide ausgedruckt, dann alle Steuerbescheide und so weiter. Anschließend mußten die gesamten Ausdrucke getrennt und nach Finanzämtern sortiert werden.

Mit dem Laserdrucker können heute alle für ein Finanzamt bestimmten Ausdrucke aus den täglichen Programmläufen in einem Durchgang entstehen. Sie liegen dann bereits in der für den Versand oder die Weiterverarbeitung richtigen Sortierung vor. Unbenommen bleibt die Möglichkeit bei sporadischen Großaktionen beispielsweise Vorlageblätter für den jährlichen Versand der Steuererklärungen als gesonderten Druckauftrag und nach anderen Sortierkriterien abzuwickeln. Gerade die Flexibilität ist ein herausragendes Merkmal für den Laserdruck.

Laserdruck integriert das "Kleingedruckte"

Auch gehören die Computerbescheide im unhandlichen, 357 Millimeter breiten Format der Vergangenheit an. Die neuen Bescheide werden auf weißem Endlospapier im üblichen A4-Format gedruckt. Durch geschicktes Nutzen der unterschiedlichen Schriftarten und Schriftgrößen wird die Darstellung übersichtlicher und die inhaltliche Nachvollziehbarkeit für den Steuerbürger deutlich verbessert, wobei der Rahmen für den Aufbau und die Gestaltung bundeseinheitlich vorgegeben ist. Durch den Beidseitendruck wird auch die früher erforderliche Trennung - Individualdaten auf der Vorderseite und Erklärungen, das "Kleingedruckte", auf der Rückseite - hinfällig. Dank der Loslösung von vorgegebenen Formularen werden auch unterschiedliche, auf den jeweiligen Bescheid zugeschnittene Rechtsbehelfsbelehrungen möglich, was zur Rechtsklarheit beim Bürger beiträgt.

Begonnen wurde mit der Planung "Laserdruck bei den Oberfinanzdirektionen München und Nürnberg" bereits im Jahre 1983. Eine speziell hierfür gebildete Projektgruppe übernahm Vorbereitung und Programmierung. Mit den Pilotierungsarbeiten und den ersten Tests konnte im zweiten Halbjahr 1985 begonnen werden. Kurz vor der Anlieferung des Einseitendrucksystems konnten auf der Basis einer 1:1 -Umstellung bereits Echtarbeiten durchgeführt werden. Bei der 1:1-Umstellung wurde, um Eingriffe in die Organisation möglichst gering zu halten oder ganz zu vermeiden, die bisherige Druckausgabe unter Verzicht auf einen Großteil der zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten übernommen. Inzwischen sind auch zwei Zwillingsdrucker im Druckzentrum installiert.

Vor allem auch für die Ablauforganisation brachte der Laserdrucker beachtliche Verbesserungen: Druck und Nachbehandlung des Druckgutes wurden räumlich vom Rechenzentrum getrennt und zu einer organisatorischen Einheit zusammengefaßt.

Gerade das rationelle "Durchschleusen" des Papiers - vom Beschicken der Drucker bis zum Abtransport - war eine wichtige Planungsvorgabe . Sogenannte Jumbostapel mit 90000 Blatt Endlospapier (gegenüber 2000 Blatt beim Normalstapel) reduzieren den Aufwand bei der Papierzuführung. Über synchronisierte wahlweise zuschaltbare Schneideautomaten lassen sich die Vorzüge der Endlosverarbeitung (in erster Linie größere Sicherheit) mit der Einzelblattausgabe verbinden. Zudem ermöglichen die Drucksysteme Quer- und Hochformulare in einer Papierbahn.

Bei dieser Offline-Lösung kann der Druckbetrieb völlig unabhängig vom Rechenzentrum und entkoppelt von den zentralen Rechensystemen abgewickelt werden. Die dadurch erreichte Entlastung des Rechenzentrums erfordert allerdings eine Informationsbrücke zwischen Rechenzentrum und Druckzentrum. Diese bildet ein selbst erstelltes Druckdatenverwaltungssystem, das die Abwicklung der Druckaufträge steuert und überwacht.

Selbstverständlich sind die Nahtstellen und Berührungspunkte bei einer Umstellung des Druckbetriebes in dieser Größenordnung vielfältig und komplex. Auch wenn sich systemtechnische Schwierigkeiten in Zusammenarbeit mit den Fachstäben des Herstellers noch in der Pilotphase lösen ließen, verblieb die schwierige Aufgabe, die organisatorischen Vorgaben für ein schrittweises Hochfahren der Produktion einzuhalten. Dafür sind vor allem eine intensive Schulung des Personals und die laufende Rückkoppelung aus dem praktischen Einsatz wichtig.

Haben sich diese Anstrengungen gelohnt? Bereits jetzt steht jedenfalls fest: Die angestrebten organisatorischen Verbesserungen sind nicht auf der Strecke geblieben, auch wenn auf dem Weg vom technisch Machbaren zum praktikablen Dauerbetrieb eine ganze Reihe von Hürden zu überwinden war.

Die neugestaltenen Steuerbescheide machen zwar dem Bürger das Steuerzahlen nicht leichter, die bessere Darstellung erleichtert aber die inhaltliche Nachvollziehbarkeit. Von besonderem Interesse für den Bürger ist es, daß mit der neuen Drucktechnik bei einer Gesamtkostenbetrachtung sogar Einsparungen gegenüber dem konventionellen Druckbetrieb erzielt werden konnten.

*Werner Büdel ist Referent für Automatisierte Datenverarbeitung bei der

Oberfinanzdirektion München.