"Large Scale"-Unix-Zug fährt auch ohne IBMs AIX370: Amdahl setzt auf Mainframe-Unix

22.09.1989

MÜNCHEN (CW) - Amdahl will UTS, sein Unix-Derivat für Großrechner, weiter ausbauen. Der Hersteller von Plug-kompatiblen Mainframes erwartet, daß die Software/Einnahmen auf fast ein Drittel des Gesamtumsatzes steigen werden. Seit 1987 ist UTS das meistverkaufte Unix-Betriebssystem für Mainframes. Das von IBM ursprünglich für Anfang dieses Jahres angekündigte Konkurrenzprodukt AIX/370 hingegen befindet sich noch in der Testphase.

Amdahl bezeichnet UTS als "the only alternative native Operating System", das heißt, es läuft nicht wie AIX/370 unter VM, sondern direkt auf der Hardware des Rechners. Version 2.0 des "Native Large Scale"-Unix-Betriebssystems soll Anfang Oktober auf den Markt kommen.

"UTS beschert uns einen wichtigen Strom von Nebeneinnahmen, die von den Launen und den Tricks von Big Blue unabhängig sind", freut sich Ken Gorf, Business Development Manager bei Amdahl Europa. Gegenwärtig liegt sein Unternehmen bei den Anbietern von Mainframe-Unix weit vorn. Nach IDC-Angaben beherrschte es schon vor zwei Jahren, kurz nach der Freigabe der Native-Version, mehr als die Hälfte des Marktes. Gorf schätzt, daß UTS innerhalb von fünf Jahren 30 Prozent der Amdahl-Einnahmen ausmachen wird; momentan seien es 15 Prozent.

Big Blue betreibe bei den Ankündigungen seines Unix-Derivates für 370-Rechner "Augenwischerei", so Winfried Plappert, System-Engineer bei Amdahl Deutschland. Beispielsweise fehle es dem Mainframe-AIX an Multiprozessor-Support, wohingegen UTS bis zu vier Prozessoren unterstütze. Da AIX/370 nur unter VM liefe, so Amdahl, seien Lizenzgebühren und Wartungskosten für zwei Betriebssysteme zu tragen. Außerdem koste das Betriebssystem VM Speicherplatz. Der zusätzliche VM-Betrieb verursachte darüber hinaus einen Performance-Overhead von 40 Prozent, meint Development-Manager Gorf. Der Amdahl-Mitarbeiter weiß, wovon er spricht: Vor acht Jahren lief die erste UTS-Version ebenfalls nur unter VM.

UTS ist, wie Amdahl betont, als offenes System konzipiert. So soll es alle OSI-Kommunikationsoptionen enthalten, X/Open- und Posix-Standards befolgen und den System-V.4-Empfehlungen von Unix International entsprechen. Zusätzlich enthalte das Betriebssystem Funktionen zu allen Aspekten, die für ein Large-Scale-Unix notwendig sind, zum Beispiel für mehr Sicherheit, für das Tape-Management sowie für System-Verwaltung, Kommunikation und Multiprozessor-Unterstützung.

Mittlerweile kommen immer mehr Anwendungen für UTS auf den Markt. Datenbankprodukte wie BRS Search und Focus laufen bereits unter dem Betriebssystem, Oracle Version 6 wird demnächst freigegeben.