Internet-Newcomer wie Doubleclick oder CD Now machen Furore

Kursexplosion basiert auf dem Prinzip Hoffnung

24.04.1998

Ähnlich wie die irrationale Bewertung einiger Unternehmen am Neuen Markt in Frankfurt am Main ist in den USA derzeit die Einschätzung vieler Internet-Werte zu sehen. Dort vervielfachen sich die Bewertungen teilweise ohne jeden ersichtlichen Grund. Anleger, die in der Vergangenheit skeptisch waren, springen nun auf den fahrenden Zug auf; sie haben Angst, das Geschäft ihres Lebens zu versäumen.

Als Beispiel für einen Internet-Neuling, der sich über die Bereitstellung von Inhalten einen Namen gemacht hat, kann die Sportsline USA Inc. gelten. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, das weltweit Sportinformationen über das Internet verbreitet und zudem im Merchandising-Geschäft aktiv ist.

Der Kurs stieg seit Jahresbeginn um 250 Prozent auf mehr als 38 Dollar. Die Marktkapitalisierung liegt bei abenteuerlichen 550 Millionen Dollar, obwohl das Unternehmen im vergangenen Jahr lediglich 10,3 Millionen Dollar umsetzte und einen Verlust von 26,5 Millionen Dollar schrieb. Diese von Anlaufkosten gekennzeichneten Zahlen sind nicht entscheidend, wohl aber die Akzeptanz beim Web-Surfer, die sich in den sogenannten Pageviews niederschlägt.

Die Sportsline hatte im ersten Quartal 1997 875000 Besucher pro Tag verzeichnet, ein Jahr später waren es bereits 4,22 Millionen. Der Trend hält an: Im März 1998 besuchten 5,34 Millionen Besucher aus aller Welt die Web-Site - ein Wert, der durch das starke Interesse an den Olympischen Winterspielen in Nagano sowie an der amerikanischen Basketball-Liga zustande kam.

Abkommen mit Medien und IT-Konzernen wie CBS, AOL, Microsoft oder Netscape sorgten für den hohen "Traffic". Bei diesen Referenzen verwundert es nicht, daß Konzerne wie Budweiser, Xerox oder Shell die Internet-Site als Werbemedium nutzen.

Die Zahl der Nutzer ist auch für die Entwicklung der klassischen Navigationsdienste entscheidend. Der Yahoo-Kurs stieg binnen eines Jahres von 16,5 auf knapp 130 Dollar (Stand 16. April), die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt inzwischen bei 5,4 Milliarden Dollar. Yahoo hatte im ersten Quartal dieses Jahres einen für Internet-Companies noch ungewöhnlichen Nettogewinn von 4,3 Millionen Dollar verbucht. Das war doppelt soviel, wie Analysten vorhergesagt hatten.

Vor allem macht Yahoo jedoch Eindruck bei Anlegern, weil das Unternehmen über eine permanent steigende Zahl von Pageviews und Anzeigenkunden berichtet. Zudem gelingt es der Company schon seit einiger Zeit, Web-Surfer über personalisierte Seiten zu binden: Wer sich bei Yahoo registrieren läßt, bekommt permanente individuell aufbereitete Nachrichten, Börsenkurse und sonstige Dienste serviert.

Auch Yahoos Rivalen Excite, Lycos und Infoseek stiegen in der Gunst der Anleger. Dazu trug unter anderem bei, daß die Investment-Banker von Merrill Lynch diese Anbieter erstmals in die Empfehlungsliste aufnahmen und dabei durchweg günstig bewerteten.

Excite setzte zu einem Kurssprung um mehr als 60 Prozent an, nachdem das Unternehmen ankündigte, man werde die Frontseite (www.excite.com) zu einer Startseite in das Internet umwandeln, die von Anwendern - ähnlich wie bei Yahoo - individuell eingerichtet und nach persönlichem Interesse mit Inhalt gefüllt werden könne. Internet-Surfer werden direkt nach dem Einwählen mit Nachrichten, Wettervorhersagen, Aktienkursen, Sportergebnissen, Horoskopen, Fernsehprogrammen etc. versorgt.

Die Infoseek-Aktie machte sogar innerhalb von nur drei Tagen einen Satz von rund 20 Dollar auf den Stand von 44 Dollar. Das Unternehmen hatte angekündigt, den kalifornischen Internet-Pionier Webchat Broadcasting System für rund 6,7 Millionen Dollar zu übernehmen. Rund 2,7 Millionen registrierte Mitglieder frönen ihrer Chat-Leidenschaft über diese Adresse (www.wbs.net). Laut Infoseek werden rund fünf Millionen Pageviews pro Tag verzeichnet, die Site ist mit 350000 anderen Homepages verlinkt.

Auch der Lycos-Kurs hat sich innerhalb eines Jahres mehr als versechsfacht. Der Navigationsdienst spinnt besonders geschickt ein Netzwerk aus Content-Anbietern um sich herum: Zuletzt wurden in den USA Verträge mit den Anbietern Barnes & Noble, E-Loan, Get Smart, Home Shark, Preview Travel sowie dem Internet-Newcomer CD Now geschlossen.

Wie die Wettbewerber müht sich auch Lycos darum, mit Hilfe eines "Personal Guide" zur Einstiegsseite für Internet-Surfer zu werden und damit das Interesse der werbetreibenden Wirtschaft zu wecken.

Zu den interessanten Neulingen im Internet-Geschäft gehört die E-Commerce-Company CD Now. Sie regt die Phantasie der Anleger wegen einer besonders innovativen Geschäftsidee an. Das Unternehmen ermöglicht seinen Kunden, online individuell konfigurierte Musik-CDs zu bestellen. Die Surfer können sich "ihre" Lieder aus einer immer größer werdenden Auswahl an kommerziell verfügbaren CDs auswählen. CD Now brennt sie auf CD und sendet sie dem Hörer zu. Seit Februar ist das Unternehmen börsennotiert - der Kurs hat sich bereits verdoppelt.

Daß sich rund um das Internet auch jenseits von Content und E-Commerce Geschäfte machen lassen, zeigt der Newcomer Doubleclick. Das erst seit wenigen Wochen börsennotierte Unternehmen bietet Web-Publishern und Werbeagenturen Werkzeuge, um Anzeigen im Web effektiv zu plazieren und ihren Erfolg zu überprüfen. Das Unternehmen hat schon jetzt seinen Börsenwert fast verdoppelt. Obwohl der Umsatz 1997 nur bei 30,6 Millionen Dollar lag und ein Verlust von 8,4 Millionen Dollar hingenommen werden mußte, beträgt die Marktkapitalisierung des Unternehmens bereits 650 Millionen Dollar.

US Web wächst um 222 Prozent

Ein Wachstum von 222 Prozent seit Jahresbeginn verzeichnete der Internet-Service-Anbieter US Web Corp. Das Unternehmen wird seit Dezember 1997 an der Nasdaq gelistet und hat seinen Marktwert seitdem bereits vervierfacht. US Web definiert sich als Unternehmen, das seinen Kunden bei der Entwicklung und Umsetzung einer Internet-Strategie unterstützt.

Das Angebot reicht von der Strategieberatung über die Bedarfsanalyse und Architekturplanung bis hin zum Design und zur Entwicklung von Intranet-, Internet- und Extranet-Lösungen sowie deren Pflege. US Web wächst zur Zeit rasant durch Zukäufe in aller Welt. Zuletzt akquirierte das Unternehmen die Ikonic Interactive Inc. aus San Franzisko, die unter anderem den Medienkonzern Time Warner erfolgreich bei seiner Web-Strategie unterstützt hatte.

Absoluter Shooting-Star der letzten Monate ist jedoch ein seit langem bekanntes Internet-Unternehmen: die Network Solutions Inc. Die US-Regierung und ein Richter machten ihr den Weg frei für einen beispiellosen Durchmarsch an der Nasdaq. Die NSI steigerte ihren Kurs seit Jahresbeginn unter anderem deshalb um 303 Prozent (auf 53 Dollar), weil ihr ein öffentliches Gericht konzedierte, legale Registrierinstanz für Domain-Namen in den USA zu sein und keine widerrechtlichen Monopolabsichten zu hegen.

Das Unternehmen dürfte damit auf absehbare Zeit weiter im Auftrag der US-Regierung Inhaber exklusiver Verwaltungsrechte von Domain-Namen bleiben. Damit behält die NSI eine Schlüsselposition im weltweiten Internet-Geschäft. (Wichtige Internet-Werte lassen sich unter fast.quote.com/groups/isdex.htm beobachten)