Auch wenn Data-Warehousing nicht mehr auf die technologischen Vorreiter unter den weltweit führenden Konzernen beschränkt ist, so trägt die Popularisierung solcher Anwendungen nicht automatisch zur Klärung von Mißverständnissen und Fehleinschätzungen bei. Der Herausgeber moniert, daß gerade im deutschen Markt Data-Warehousing als Nachfolger von Management-Informationssystemen und dem Berichtswesen gesehen wird. Die Folge davon ist eine funktionale Betrachtung des Data-Warehousing, anstatt dieses als eigene, prozeßorientierte Wertschöpfungskette zu begreifen. Als solche soll es das operative Geschäft um Rückkopplungen ergänzen und so Unternehmensprozesse kontrollieren und steuern. Damit wird es neben den transaktionsorientierten Systemen und der Ablaufsteuerung durch Workflow-Systeme zur dritten Säule der Unternehmens-DV.
Wichtigste Triebfeder für die Einführung von Data-Warehouse-Projekten ist eine sich herausbildende, kundenzentrierte Unternehmenskultur. Diese wiederum verdankt sich nicht einer plötzlichen Philantropie von Managern, sondern ist die Folge von verschärfter, globaler Konkurrenz und Marktsättigung in vielen Sparten. Nachdem Firmen durch Verflachung von Hierarchien und Rationalisierung von Abläufen Einsparungsmöglichkeiten weitgehend ausgereizt haben, versuchen sie nun, Unternehmensprozesse auf Kunden, Lieferanten sowie Geschäftspartner auszudehnen und so Umsätze zu steigern. Im Fall der neuen Kundenorientierung geht es darum, das früher im persönlichen Kontakt gewonnene Kundenwissen des Verkäufers unter den Bedingungen von Massenmärkten zu reproduzieren. Ziel von Data-Warehousing ist im Idealfall der gläserne Kunde. Besonders im Finanzsektor und der Telekommunikation läßt sich Kundenverhalten leicht verfolgen. Der hohe Konkurrenzdruck in diesen Branchen machte deshalb vor allem Banken und Telefongesellschaften zu frühen Anwendern von Data-Warehousing.
Der vorliegende Band nimmt auch bei diesem gesellschaftlich brisanten Thema ganz die Perspektive der gewinnorientierten Unternehmen ein. Nicht zufällig ist die Mehrzahl der Autoren bei Softwarefirmen oder IT-Dienstleistern angestellt und hat Gelegenheit, über die Vorzüge ihrer Produkte und Lösungen zu schwärmen. Trotz dieser offensichtlichen Marketing-Beiträge bietet das Buch einen guten und aktuellen Überblick für alle jene, die sich mit der Materie vertraut machen wollen. Besonders hilfreich sind dabei die Kurzzusammenfassungen vor jedem der sieben Kapitel, die die wesentlichen Gedanken auf ein bis zwei Seiten darlegen. Insgesamt bespricht der Band neben grundlegenden Fragen auch aktuelle Entwicklungen, beispielsweise das Zusammenwachsen von Rolap und Molap zu hybridem Olap (Holap). Eine ganze Reihe von Anwenderberichten geben ihm den nötigen Praxisbezug.
Wolfgang Martin (Hg.): Data Warehousing. Data Mining - OLAP. Bonn: International Thomson Publishing 1998. 448 Seiten, 79 Mark.