Content-Management/Onliner als Indikator für die Qualität der Inhalte

Kundenbindung: Mit Content dienen, aber auch Meinungen abfragen

15.09.2000
Professionelles Content-Management verschafft einer Website Funktionalität und Qualität im Hinblick auf redaktionelle Inhalte und Design. Die praktische Umsetzung variiert sehr stark und ist abhängig vom zugrunde liegenden Geschäftsmodell. Beschaffung, Verarbeitung und Handling des Content greifen ineinander. Jacobine Mayer* stellt unterschiedliche Ansätze zur Generierung und zum Management von Content vor.

Content setzt sich zusammen aus dem sichtbaren Inhalt einer Site und dem nicht sichtbaren, dahinter stehenden Teil wie Datenbanken und Softwarelösungen, die den Inhalt generieren. Es genügt nicht, Texte, Bilder oder Produktkataloge auf die Website zu stellen. Doch welcher Content ist für das E-Business geeignet? Wie wird er aufbereitet und gemanagt? Hier setzen professionelle Konzepte und Modelle für E-Business-Lösungen an, die helfen, sich im Internet gegenüber der Konkurrenz zu behaupten.

Virtuelle Plattformen wie Suchmaschinen oder Zugangsportale, die umfangreiche Verzeichnisse bieten und sehr breit angelegt sind, benötigen zahlreiche Content-Kooperationen und -Integrationen. Spezialisierte Online-Anbieter dagegen, die auf eine individuelle Kundenbeziehung setzen, brauchen auf sie zugeschnittene Inhalte, die auf den Nutzer zielen. Zielgruppenaffinität ist wesentlich für deren Content-Konzept. Analysen und Marktforschungen helfen, die Kundengruppe genau zu bestimmen, die man mit dem Content auf die Site holen will. "Je umfangreicher das E-Business-Modell ist und je allgemeiner die Zielgruppen sind, die angesprochen werden sollen, desto komplexer ist das Content-Konzept, das erforderlich ist", erläutert Jürgen Klingner, Sprecher der Geschäftsleitung von Publicis Networks (www.publicis-networks.de), die Anforderungen an die Dienstleister. Die Agentur steht Unternehmen von der Gesamtkonzeption eines Internet-Auftritts bis zur Umsetzung von E-Business-Lösungen zur Verfügung.

Der Content von E-Business-Plattformen, der sich aus Hunderten von einzelnen Web-Seiten zusammensetzt, erfordert dynamische Systeme. Klingner verdeutlicht dies: "Bei dynamischen Content-Management-Systemen entwickeln wir für unsere Kunden ein Content-Design mit Platzhaltern, so genannten Frames, das dem Corporate Design des Kunden entspricht. Die Inhalte für dieses Framework können dynamisch aus Datenbanken heraus generiert werden." Damit wird der Nutzer in die Lage versetzt, diejenigen Inhalte abzufragen, die ihn interessieren. Über eine permanente Auswertung des Nutzerverhaltens kann das Unternehmen das E-Business-System in mehreren Ausbaustufen optimieren.

Die Anbindung einer Warenwirtschaftslösung im Hintergrund regelt die Logistik. Diese Softwarelösung erstellt aus dem Content heraus automatisch Aufträge und übergibt diese an das Warenwirtschaftssystem des Produktanbieters.

Die redaktionelle Qualität der Inhalte ist maßgeblich für die Kundenbindung und erfordert daher meist eigene Redaktionsteams. Alternativen sind der Zukauf von Content oder das Verlinken über Kooperationspartner. Dieses Einbinden von Partner-Content funktioniert im Internet gleichzeitig als Marketing-Instrument, mit dem Besucher auf die eigene Website gebracht werden.

Im Wesentlichen wollen sich die Nutzer heute selbst einen Überblick verschaffen und Produkte nach verschiedenen Kriterien vergleichen. "Die Suche nach solchen auf die Bedürfnisse des Anwenders zugeschnittenen Inhalten und der Wunsch, das Geschäftsfeld E-Commerce zu erschließen, führen den Site-Betreiber zu demjenigen, der sich als Spezialist auf diesem Geschäftsfeld bewegt", weiß Winfried Eggebrecht, Geschäftsführer von Vivendo.de (www.vivendo.de), einem Shop-Portal mit Produktsuchfunktion. Mit der Möglichkeit zum Preisvergleich werden wichtige Anwenderwünsche erfüllt. Kooperationen gingen die Betreiber von Finanztip (www.finanztip.de) bis zur Wirtschaftswoche (www.wiwo.de) ein. Der E-Commerce-Content kann komplett unter der Marke des Site-Betreibers laufen, der User bleibt dabei immer auf der angewählten Site. Die Abrechnungsmöglichkeiten für derartige Co-Branding-Modelle reichen vom Banneraustausch bis hin zu Umsatzprovisionen.

Das Internet schafft einen zunehmenden Bedarf für spezialisierte Inhalte. Dabei ist der Zukauf von Content nicht neu. Printmedien lassen sich schon immer Nachrichten und Bilder im Abonnement liefern. Besonders für Finanz-Content wie Börsenberichte oder Analysen bieten sich Partnerschaften mit Content-Spezialisten an, da eigene Redaktionsteams meist zu kostspielig sind, vor allem dann, wenn es um mehr als Lokalnachrichten geht. Dies erkannte auch die Fnet.de AG (www.fnet.de).

Bereits seit fünf Jahren im Internet präsent mit Wirtschafts- und Börseninformationen, bieten die Münchner inzwischen Inhalte rund um Banken und Finanzen auch anderen Website-Betreibern an. "Die Content-Kunden von Fnet.de können redaktionelle Teile unserer Site beziehen und somit vom Know-how unserer Wirtschaftsredaktion profitieren", meint denn auch Martin Fryba, Leiter der neuen Content-Division. Sie wurde vor allem eingerichtet, um auf den Website-Betreiber zugeschnittene Konzepte zu erarbeiten und entsprechende Inhalte zu liefern.

Marktberichte, Analysen oder Kurse sind dabei nicht nur für finanzaffine Websites wie Banken oder Versicherungen interessant. Fnet.de erhofft sich Kundschaft aus der Gruppe der Site-Betreiber, die auf eine hohe Frequenz ihres Auftritts angewiesen sind. Fryba ist überzeugt, dass "guter Finanz-Content die Besucherzahlen einer Website erhöht und maßgeblich zum Erfolg eines Internet-Auftritts beitragen kann".

Fnet verkauft seinen Content in der Regel gegen eine pauschale Lizenzgebühr. "Unter Umständen können wir ausgewählte Fnet.de-Inhalte unseren Partnern auch exklusiv anbieten. Das ist vor allem für Direktbanken interessant, denn sie wollen sich von der Konkurrenz deutlich abheben", erläutert Fryba seine Strategie.

Zur Integration des Contents gehören die Anpassung an das Design des Käufers und die technische Einbindung in dessen Website. Dazu werden die Daten direkt auf die Datenbank des Kunden gebracht oder alternativ auf dem Server von Fnet gehostet. "Mit dem Zusammenfließen von Internet, E-Mail, Fax und SMS wird in Zukunft der Content auf die verschiedenen Medien gebracht", beschreibt Fryba das weitere Vorgehen.

"Unser Content setzt einen hohen redaktionellen Aufwand und eine Vielzahl von Kooperationspartnern voraus", konstatiert Chantal Salzberg, Geschäftsführerin der deutschen Niederlassung von Alafoli (www.alafoli.de). Das im April 1999 gegründete Startup ist ein virtueller Hochzeits- und Eventspezialist, präsent in Italien, Frankreich und Deutschland. Die Sites bieten eine Mischung aus Information, Event-Organisation, Shopping, Reisebüro und Lifestyle rund um das Thema Hochzeit.

Das Portal ist vertikal angelegt; es präsentiert eine breit gefächerte Themenpalette, über die der Nutzer in ein vorstrukturiertes Komplettangebot rund um das persönliche Top-Event einsteigen kann. "Hinter Service und Produktangebot stehen Kooperationspartner, die über Alafoli Aufträge erhalten", erläutert die Geschäftsführerin das Konzept. Qualitätsmerkmal sei, dass Alafoli zum gesamten Online-Angebot eigene redaktionelle Beiträge erstelle. Sämtliche regionalen Websites werden länderspezifisch aufbereitet, um auch hinsichtlich der Mentalitätsunterschiede Zielgruppenaffinität zu erreichen.

Textinhalte werden über einen Themenplan entwickelt, dem Redaktionsteams zuarbeiten, eine Datenbank verwaltet automatisch Produkt- und Preisangaben und fügt sie in den Content ein.

Alafoli liefert Content auch an Kooperationspartner. So bezieht T-Online für die Website redaktionelle Beiträge. Chantal Salzberg erklärt: "Das bringt zusätzlichen Traffic und spart Marketingkosten."

Bei Vocatus (www.vocatus.de), einem Online-Forum, das eine Verbindung zwischen Nutzer und Hersteller oder Händler schafft, bestimmen die Anwender den Content. Das Portal dient als Anlaufstelle für Kunden, die ihre Kritik direkt an das entsprechende Unternehmen weitergeben möchten. Die Münchner bündeln die Meinungen und leiten sie an die betreffenden Unternehmen weiter. Die Anonymität des jeweiligen Autors bleibt gewahrt. "Dieser User-generated Content macht die Site interessant und motiviert die Nutzer, eigene, auch längere Beiträge zu veröffentlichen", sieht Gaby Wiegran, Vorstand der Vocatus AG, die Vorteile des Portals. Die Münchner wollen mit der Plattform kreatives Potenzial ausschöpfen.

Pro Tag gehen bis zu 600 Meinungen ein. Eine Meinungs-Site erfordert ein spezielles Handling. Der User trägt seine Kritik nicht frei, sondern in ein Formular mit Hilfe von Drop-Down-Menüs ein. Die zugrunde liegende Datenbank erlaubt es, dem Nutzer je nach Branche und Unternehmen unterschiedliche Fragen zu stellen. Für diesen erleichtert sich dadurch die Eingabe. Für die Unternehmen und Vocatus wird die Auswertung vereinfacht, weil keine Freitextanalyse notwendig wird. Die Meinungen können per Abfrage ausgewertet werden.

Bevor eine Meinung an ein Unternehmen weitergeleitet und im Internet veröffentlicht wird, lesen sie so genannte Screener, um anstößige Inhalte zu eleminieren und Qualität zu garantieren. Interessante Meinungen erscheinen als Story der Woche, über Meinungen, die sich häufen, werden redaktionelle Artikel veröffentlicht.

Nutzer, die Beschwerden bei Vocatus abgeben, erhalten in 60 Prozent der Fälle ein promptes Feedback von den Unternehmen. Diese können so über die Meinungen die Bereiche identifizieren, in denen sie besser werden können oder müssen. Gaby Wiegran resümiert: "Die Resonanz der Unternehmen ist extrem positiv, weil viele durch das Internet zum ersten Mal die Möglichkeit haben, gezielt mit ihren Endkunden zu kommunizieren." Zusätzlich können die Unternehmen von Vocatus Auswertungen wie Branchen- oder Wettbewerbsanalysen beziehen. Damit lässt sich laut Wiegran künftig aus dem Meinungs-Content ein objektives Rating generieren, mit dem sich die Unternehmen hinsichtlich ihrer Kundenzufriedenheit positionieren und kontinuierlich verbessern können.

Als Kommunikationsmedium setzt das Internet einen hohen Anspruch an die Interaktivität und den Nutzwert von Content. Als dynamisches Medium verlangt es gleichzeitig topaktuelle und moderne Inhalte. Dieser Herausforderung müssen sich E-Business-Unternehmen stellen, wollen sie im Internet Erfolg haben und Kunden binden. Gelingt ihnen dies, dann eröffnen sich mit Content viele Wege zum Kunden.

*Jacobine Mayer ist freie Journalistin in München.