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IBM-Deutschland-Chef Walter Raizner im CW-Gespräch

"Kunden wollen sich nicht ausliefern"

26.03.2004

CW: IBM will die ISVs mit Middleware unterstützen. Mit "San Francisco" hat IBM vor Jahren schon einmal versucht, einen Baukasten für die Softwareentwicklung zu liefern, was jedoch scheiterte. Wie möchten Sie diesmal vorgehen?

RAIZNER: Diese Versuche stammten aus einer anderen Zeit. Damals haben noch proprietäre Systeme und Architekturen eine gewisse Rolle gespielt. Das ist vorbei. Es zeigt sich, dass sich die Kunden aus diesen Umklammerungen lösen wollen. Nicht umsonst geht der Trend in Richtung Java und Linux. Deshalb muss auch IBM seinen Kunden und Partnern klare und vor allem offene Entwicklungs- und Systemumgebungen bieten.

CW: In Sachen Plattformen haben sich zwei große Lager gebildet: auf der einen Seite IBM mit dem Java/Linux-Ansatz, auf der anderen Microsoft mit .NET und fertigen Lösungen der Partner. Wie wird sich dieses Verhältnis künftig entwickeln?

RAIZNER: Im Markt wird sich mehr und mehr die Erkenntnis durchsetzen, dass die Stärke von Microsoft nur durch seine starke Marktdurchdringung entsteht. Im Grunde stecken die Kunden aber doch in einer proprietären Umgebung. Da wollen sie raus. Deshalb sehen wir auch im Linux-Umfeld momentan ein so starkes Wachstum. Das wird sich auch die nächsten Jahre so fortsetzen. Allerdings muss man ein wenig Geduld haben: Linux wird sicher nicht in den nächsten zwei bis drei Jahren das Microsoft-Monopol auf dem Desktop brechen können.

CW: Läuft dieser Ansatz auf eine Konfrontation mit Microsoft hinaus?

RAIZNER: Wo es Wettbewerb gibt, kommt es zu Konfrontationen. Das ist etwas ganz Natürliches.

CW: Allerdings hatten wir in den vergangenen fünf bis sechs Jahren eine relativ ideologiefreie Zeit ...

RAIZNER (lacht): Diese Zeit war nicht ideologiefrei, sondern wahlfrei.