ASPs und Outsourcer finden die Nischen

Kunden-Management als Dienstleistung

03.05.2002
MÜNCHEN (jha) - An Betriebsservices für das Customer-Relationship-Management (CRM) haben sich schon viele Anbieter versucht und sind gescheitert. Trotz dieser warnenden Beispiele begeben sich immer neue Dienstleister auf diesen Markt. Application-Service-Provider (ASPs) besetzen Nischenmärkte, Outsourcer betreiben hingegen ganzheitliche Lösungen.

Hostlogic, Kana Online, Pandesic, Applicast und Agillion haben allesamt erkennen müssen, dass mit CRM im ASP-Betrieb kein Geld zu verdienen ist. Die Anbieter haben sich aus dem Markt zurückgezogen, manche sind pleite. "Ich hatte gehofft, dass die Investitionshemmschwelle, die viele Mittelständler vom Einstieg ins CRM abgehalten hat, mit ASP fallen wird", äußert sich CRM-Experte Wolfgang Schwetz enttäuscht. "Doch Kundendaten werden als sehr sensibel erachtet. Die Unternehmen geben sie daher ungern einem Dienstleister."

Das scheint aber nicht überall so zu sein. In der Medienbranche ist es beispielsweise unter kleineren Verlagen gängige Praxis, die Abonnentenverwaltung außer Haus zu geben. Ideale Voraussetzungen, dachten sich die Verantwortlichen von Burdaciscom, München, um dieser Klientel eine entsprechende CRM-Lösung anzubieten, zumal der hausinterne Dienstleister des Burda-Verlages ohnehin eine Lösung zur Verwaltung von rund sechs Millionen Abonnenten für die Burda-Titel wie "Focus", "Bunte", "Elle" und "Super-Illu" betreibt.

Dazu wurden Produkte von Avaya (Call-Center und Telekom-System), Peoplesoft (Front Office), SAP und IBM (Back Office), Vitria (EAI-Middleware) sowie SAS (Data-Warehouse) integriert. "Die Investitionen für die Infrastruktur liegen deutlich über dem von der Meta Group genannten Mittelwert", verriet Dieter Wallmann, Leiter Business Development bei Burdaciscom. Die Analysten hatten die Kosten eines CRM-Projekts auf durchschnittlich 1,6 Millionen Euro beziffert. Zurzeit gibt es ein Service- und Bezahlmodell, das pro verwalteten Kunden abrechnet, und eines, bei dem erfolgsabhängig pro gewonnenen Kunden entlohnt wird.

Vertikale Lösung vom ASPBurda kann mit diesem Modell einige Vorteile ausspielen: Es existieren bereits große interne Leistungsabnehmer, außerdem sind geschäftliche Kontakte zu anderen Verlagen (also potenziellen Nutzern des Systems) vorhanden. Schließlich verfolgt Burdaciscom einen streng vertikal orientierten Ansatz, denn das Angebot richtet sich ausschließlich an die Medienbranche. Dass der Großverlag die Bedürfnisse der kleinen Kunden falsch einschätzen könnte, glaubt Wallmann nicht. "Die Prozesse und Abläufe ähneln sich. Unterschiede gibt es allenfalls zwischen Fach- und Publikumsverlagen. Die lassen sich mit geringem Anpassungsaufwand abbilden."

Einem branchenübergreifenden Mietansatz folgt hingegen Salesforce.com. Das drei Jahre alte Unternehmen zählt eigenen Angaben zufolge weltweit 4100 kleine und mittelständische Kunden. Die Betreiber sehen sich nahezu auf Augenhöhe mit dem Marktführer - betrachten man jedoch Funktionsvielfalt und Umsatz, ist diese Selbsteinschätzung nicht gerechtfertigt (Salesforce.com nahm im letzten Jahr 23 Millionen Dollar ein, Siebel verbuchte 2,05 Milliarden Dollar). "Siebel ist noch besser bei den vertikalen Angeboten, der Call-Center-Integration und der Codemodifikation für individuelle Anpassungen", räumt John Appleby, Senior Vice President von Salesforce.com, ein. Mit der Einführung der neuen "Enterprise Edition" im Marktsegment für mittlere und große Unternehmen will Salesforce.com diesen Vorsprung aufholen.

Der Wettbewerb zu den CRM-Marktführern beschränkt sich auf das Marktsegment kleiner und mittelständischer Unternehmen, und in diesem Bereich konnten auch in Deutschland erste Kunden gewonnen werden. "Wir benutzen die Professional Edition zur Salesforce Automation und zum Kontakt-Management", erläutert Ernst Kelting, Vice President Sales & Marketing des Firewall-Herstellers Astaro AG, Karlsruhe.

Outsourcing bei gehobenen AnsprüchenDie Stärken des Tools lägen darin, dass es einen zentralen und stets aktuellen Datenpool zur Verfügung stelle, in dem Kunden- oder Partnerkontakte abgelegt werden könnten. Gerade für Astaro mit seinen zehn Vertriebsmitarbeitern in sieben Niederlassungen ist dies ein gewichtiges Argument. Kelting lobt zudem, dass sich neue Mitarbeiter schnell in das System einbinden lassen und aufgrund der intuitiven Bedienbarkeit kaum angelernt werden müssen. Astaro verwaltet mit Salesforce.com rund 5000 Kunden und 100 Reseller. Das ist eine überschaubare Zahl. Zudem vertreibt das Karlsruher Startup nur ein Produkt, und das fast ausschließlich über das Internet. Die gewählte Lösung ist für diese überschaubare Aufgabe gut geeignet, zumal sie auf die Vertriebsoptimierung bei reinen Business-to-Business-Beziehungen abgestimmt ist.

Das Beispiel der Vinnolit GmbH & Co. KG aus Ismaning bei München zeigt sehr deutlich, dass Unternehmen mit gehobenen Ansprüchen um eine eigene CRM-Lösung nicht herumkommen. Etwa 14 Monate benötigte der PVC-Hersteller für die Einführung von Mysap.com CRM. Dann standen den rund 50 Mitarbeitern Funktionen etwa für die Vor- und Nachbereitung von Besuchen, Aktionsplanungen und Erfassung von Kundenprofile zur Verfügung. "Es werden sämtliche Aktivitäten um den Kunden dokumentiert, egal ob es nur eine Telefonnotiz oder eine umfangreiche Anfrage ist. Außerdem betreiben wir analytisches CRM", erläutert Herbert Öller, Projektleiter CRM bei Vinnolit. Das europaweite Projekt wurde zusammen mit dem Krefelder IT-Dienstleister Triaton durchgeführt, der mittlerweile auch im Rahmen eines Outsourcing-Abkommens den Systembetrieb der Anwendung übernommen hat.

Analytisches CRM gewünschtAuch Vinnolit bewegt sich im reinen Business-to-Business-Umfeld. Doch neben der besseren Kundenbetreuung war es den Verantwortlichen wichtig, das Marktumfeld genauer zu durchleuchten. Parallel zur CRM-Systemeinführung errichtete Triaton daher ein SAP Business Warehouse. "Damit können wir die gesammelten Wettbewerbsinformationen auswerten", schildert Öller. Das Warehouse wurde mit dem CRM-System und dem SAP-R/3-Geschäftssystem verbunden. Die Integration erlaubt es Vinnolit nun, umfassende Kundenportfolio- sowie Marktanalysen zu erstellen und Aussagen über Absatzverteilung, Umsatz- und Marktanteilsentwicklung zu erhalten.

Für solche Anforderungen dürften heutige ASP-Lösungen noch keine Alternative darstellen. Mietangebote sind nur dann eine einsetzbar, wenn keine Anpassungen erforderlich sind, weil der branchenerfahrene Anbieter die benötigten Prozesse bereits umgesetzt hat oder nur eine begrenzte Integration in Geschäftsapplikationen erforderlich ist. Das ist wohl lediglich in kleinen und mittleren Unternehmen oder bei eigenständig handelnden Ablegern und Geschäftseinheiten von Großkonzernen der Fall.