"Kunden halten an SOA fest"

16.02.2009
Peter Kürpick, Vorstandsmitglied der Darmstädter Software AG, verteidigt das Konzept und kündigt neue Business-Process-Management-Produkte an.

CW: Die amerikanische Analystin Anne Thomas Manes hat SOA für tot erklärt. Die mit dem Konzept verbundenen Versprechen seien in der Praxis nicht eingelöst worden. Können Sie die Kritik nachvollziehen?

KÜRPICK: Unsere Zahlen beweisen das Gegenteil. Die Software AG ist als eines von wenigen Softwarehäusern nicht nur in Deutschland und Europa, sondern sogar weltweit erfolgreich. Der Konzernumsatz stieg 2008 um 16 Prozent, der Produktumsatz um 19 Prozent, und der Geschäftsbereich Webmethods steigerte den Umsatz sogar um 33 Prozent. Im letzten Jahr haben mehr Kunden als je zuvor SOA-Projekte mit uns realisiert. Das spricht nicht gerade für Manes‚Äò Behauptung. Wir sind Marktführer für Infrastruktursoftware, was auch die letzten Analysen von Gartner und Forrester beweisen. Und unser Hauptgeschäft liegt nun mal genau in dem Bereich, den Manes für tot erklärt. Also nein, ganz im Gegenteil, SOA lebt und erfreut sich bester Gesundheit.

CW: Haben die Hersteller zu hohe Erwartungen geweckt?

KÜRPICK: Vielleicht waren es weniger die Hersteller, oder zumindest nicht nur die Hersteller. Jeder neue Trend in der Softwarebranche folgt einem bestimmten Zyklus. Ein Schlagwort taucht auf, es wird in der Branche aufgegriffen, geht durch die Medien - und schon ist es in aller Munde und wird zum so genannten Hype. Im Falle von SOA steckt dahinter jedoch eine hoch technologisierte, komplexe Realität, die eben nicht immer so leicht zu begreifen ist. Häufig wird das Ganze auch gar nicht SOA genannt, sondern verbirgt sich hinter Bezeichnungen wie Infrastrukturmodernisierung oder Flexibilisierung der IT-Landschaft. Selbst wenn der Begriff SOA für tot erklärt wird, so sind die daraus resultierenden Services doch jetzt schon die Grundlage für die IT-Modelle der Zukunft, wie etwa SaaS oder Cloud Computing.

CW: Wie reagieren Kunden der Software AG auf die gegenwärtige Diskussion?

KÜRPICK: Unsere Kunden lassen sich mit Fakten und Erfolgen überzeugen. Wir können ihnen zeigen, dass wir SOA und Business-Process-Management (BPM) verstehen. Gerade jetzt sind Flexibilität und Transparenz gefragt.

CW: Die Software AG setzt weiterhin strategisch auf die Themen SOA und BPM. Zur CeBIT 2009 soll ein neues Produkt vorgestellt werden, das derzeit unter dem Codenamen "Social BPM" gehandelt wird. Was steckt dahinter?

KÜRPICK: Nach wie vor ist die Kommunikation zwischen Business und IT ein Thema mit höchster Priorität in der IT-Branche. So innovativ wie die Avantgarde der "Digital Natives" derzeit im Internet auf neue Kommunikationsmodelle wie Twitter und Mircoblogging setzt, so schwerfällig verhalten sich Unternehmen, wenn es um professionelle soziale Netzwerke, zum Beispiel bei der Suche nach Experten für ein bestimmtes Projekt, oder um Collaboration entlang der Wertschöpfungskette geht. Das neue Produkt schließt genau diese Lücke. Es bietet eine strukturierte Plattform für alle, die an einem wichtigen Geschäftsprozess beteiligt sind, von der Fachkraft bis zum Vorstand, bei der jeder sein spezielles Wissen und seine Erfahrungen einbringen kann. Wir holen damit die "Webciety" ins Unternehmen. Aber ich möchte hier nicht zu viel verraten.

CW: Was läuft in der Praxis schief beim Modellieren von Geschäftsprozessen?

KÜRPICK: Es ist weniger die Modellierung als die unterschiedliche Sprache, die Fachabteilungen und IT-Experten verwenden. Wenn etwa die Fachabteilung verlangt, einen Bestellvorgang zu verändern, versteht die IT-Abteilung: Dieser oder jener Service muss umprogrammiert werden. Was dann dabei herauskommt, ist häufig IT-gesteuert und muss nicht unbedingt das Ergebnis bringen, das die Fachabteilung gewünscht hat. So entstehen Missverständnisse, die die Prozesseffizienz beeinträchtigen. (wh)