Kundennähe, Umsatz, Jobs

Künstliche Intelligenz - wie Unternehmen davon profitieren

13.09.2017
Von 
Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
Künstliche Intelligenz kann Unternehmen zu Umsatzwachstum und neuen Arbeitsplätzen verhelfen. Häufig aber werden KI-Initiativen von Technikern verfolgt und fallen allzu komplex aus.

"Künstliche Intelligenz wird heute ähnlich genutzt wie Big Data in seinen Anfängen", sagt Ron Tolido, Chief Technology Officer für den Bereich Insights & Data bei Capgemini. "Die Technologie hat das Potenzial, jedes Geschäft in jeder Branche tiefgreifend zu verändern." Allerdings konzentrierten sich viele Organisationen derzeit zu stark auf komplexe KI-Projekte und vernachlässigten einfache Vorhaben, die schnell Rendite bringen könnten. In der Mehrzahl der Fälle zeige sich, "dass die Techniker die treibende Kraft hinter den KI-Investitionen sind, weil die meisten anderen Geschäftsbereiche Schwierigkeiten haben, die daraus resultierenden Chancen zu erkennen."

Viele Unternehmen konzentrieren sich auf komplexe KI-Projekte und vernachlässigen die "Low-hanging Fruits".
Viele Unternehmen konzentrieren sich auf komplexe KI-Projekte und vernachlässigen die "Low-hanging Fruits".
Foto: PHOTOCREO Michal Bednarek - shutterstock.com

In welchem Ausmaß sich KI-Ansätze schon heute in Unternehmen auswirken, hat das Digital Transformation Institute von Capgemini untersucht. Dazu wurden KI-Führungskräfte aus fast 1000 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 500 Millionen Dollar befragt. 83 Prozent berichteten demnach, Künstliche Intelligenz (KI) habe neue Aufgaben und damit Jobs in ihren Organisationen geschaffen.

Die Studie wecke Zweifel an der weit verbreiteten These, "dass Künstliche Intelligenz kurzfristig zu einem massiven Stellenabbau führen wird", heben die Autoren hervor. Sie weisen darauf hin, dass alle teilnehmenden Organisationen KI entweder im Rahmen eines Pilotprojekts oder in größerem Stil einsetzen. Mit letzterer Formulierung seien Implementierungen gemeint, die über kleine Pilot- und Testprojekte hinausgingen und sich in größerem Umfang über Geschäftsbereiche sowie Länder hinweg erstreckten.

Neben den Arbeitsplatzaspekten beleuchtet die Erhebung insbesondere die Wachstumschancen durch Künstliche Intelligenz. So hätten drei Viertel der Befragten Absatzsteigerungen von zehn Prozent bei neuen Produkten erzielt, die direkt auf den Einsatz von KI zurückzuführen seien.

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In der Studie "Artificial Intelligence: Where and How Should Large Organizations Invest" versucht sich Capgemini auch an einer Klärung des arg strapazierten Begriffs. Künstliche Intelligenz umfasst demnach eine ganze Reihe von Technologien, darunter Spracherkennung, Natural Language Processing, Semantik, Machine und Deep Learning sowie Schwarmintelligenz. Auch Chatbots und Voicebots sowie "optimierte Hardware" gehörten dazu.

Aus der Sicht von Capgemini umfasst der Begriff Artificial Intelligence (AI) eine ganze Reihe von Schlüsseltechnologien.
Aus der Sicht von Capgemini umfasst der Begriff Artificial Intelligence (AI) eine ganze Reihe von Schlüsseltechnologien.
Foto: Capgemini Digital Transformation Institute

Gründe für den KI-Einsatz

Die Gründe für den Einsatz von KI sind vielfältig. Neben Absatzsteigerungen verwiesen die Befragten beispielsweise auf verbesserte interne Prozesse. 78 Prozent gaben an, die "operationale Effizienz" habe sich mithilfe Künstlicher Intelligenz um mehr als zehn Prozent verbessert. Drei Viertel der Teilnehmer haben den Angaben zufolge die Kundenzufriedenheit um mehr als zehn Prozent gesteigert. Darüber hinaus berichteten 80 Prozent generell von neuen Einblicken und besseren Analysen in Bezug auf ihr Geschäft.

Als Beispiel führen die Studienautoren unter anderem die niederländische Fluggesellschaft KLM an. Mit einem "AI-assisted Human Agent" sei es dem Unternehmen gelungen, den Kundenservice nachhaltig zu verbessern. Die Effizienz der Prozesse ist demnach um 35 Prozent gestiegen; mit der AI-Plattform löse KLM mittlerweile 30 Prozent der anfallenden Supportfälle.

Besonders weit fortgeschritten in Sachen Artificial Intelligence ist offenbar die ICICI Bank. Die größte indische Privatbank gilt als "Early Adopter" und hat bereits in mehr als 200 Geschäftsprozessen intelligente Softwareroboter im Einsatz. Davon betroffen sind sowohl klassische Retail-Banking-Prozesse und die Vermögensverwaltung als auch interne Abläufe im Bereich Human Resources Management. Die Softwareroboter führen den Angaben zufolge täglich mehr als eine Million Banktransaktionen aus und haben die Antwortzeiten auf Kundenfragen um bis zu 60 Prozent reduziert. Unterm Strich hätten sich Produktivität und Effizienz der Bank dadurch entscheidend verbessert. Mitarbeiter könnten mehr Zeit auf Kundenkontakte und höherwertige Services verwenden.