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Kritiker: EU-Sanktionen gegen Microsoft schießen am Ziel vorbei

09.03.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die EU-Kommission wird voraussichtlich noch in diesem Monat Auflagen bekannt geben, um die Ausweitung von Microsofts Windows-Monopol auf andere Bereiche zu stoppen. Nach Ansicht von Kritikern fallen die Maßnahmen jedoch zu milde aus und laufen ins Leere.

Die Brüsseler Behörde ist zu dem Schluss gekommen, dass der Softwareriese durch die Bindung des Windows Media Player an das PC-Betriebssystem Windows den Wettbewerb schwäche. Als Abhilfe ist offenbar geplant, dass Microsoft künftig EU-weit zusätzlich eine abgespeckte Version ihres Windows-Betriebssystems - ohne integrierten "Media Player" - anbietet. Anschließend, so die Idee, könnten die Anwender frei entscheiden, welche Software sie zum Abspielen von Audio- oder Videodateien nutzen.

Kritiker bemängeln jedoch, die EU ordne mit diesem Beschluss lediglich die Kräfteverhältnisse in bereits geschlagenen Schlachten neu. Inzwischen habe sich jedoch der Wettbewerb um die Wahl der führenden Abspielsoftware vom PC auf Unterhaltungsgeräte wie MP3-Player, Handys oder TV-Settop-Boxen verlagert. So verwischen die Grenzen zwischen Computern, Fernsehern, Radios und Telefonen zunehmend. Vor diesem Hintergrund sei das Kartellurteil der EU-Kommission gegen Microsoft nebensächlich, meinen Marktbeobachter; nicht zuletzt, da die Behörde vergleichsweise milde Abhilfen verordnet, um überhaupt zum Ziel zu kommen.

Hinzu kommen die unterschiedlichen Bestrebungen verschiedener Wettbewerbshüter gegen Microsoft. So konzentriert sich die EU-Kommission auf die Entflechtung des Mediaplayers von dem Windows-Betriebssystem und zieht gegen die Bemühungen der Gates-Company, sein Monopol vom PC auf Low-end-Server auszudehnen. Zentrales Thema des Kartellurteils in den USA war hingegen Microsofts unrechtmäßiges Geschäftsgebaren im Browser-Markt.

In Japan wiederum droht dem Softwareriesen nun möglicherweise ein Verfahren wegen einer Klausel in seinen Lizenzverträgen mit PC-Herstellern: Um ihre Rechner mit vorinstalliertem Windows-Betriebssystem ausliefern zu dürfen, müssen die Computerbauer Microsoft uneingeschränkten Einblick in ihr intellektuelles Eigentum gewähren. Außerdem darf die Gates-Company Hardware-Patente unentgeltlich nutzen, die Auswirkungen auf die installierte Software haben. Die Japan Fair Trade Commission hatte bereits im Februar die Microsoft-Büros in Tokio durchsucht. Inzwischen hat Microsoft jedoch eingelenkt. Obwohl auch in den USA und Europa gang und gäbe, will der Softwarekonzern ab August die Klausel zurücknehmen. (mb)