Softwareriese hält unzufriedene Stimmen nicht für signifikant

Kritik der CA-Anwender wächst - immer mehr suchen Alternativen

13.03.1992

FRAMINGHAM (IDG) - Die Computer Associates Inc. (CA) gerät in den USA zunehmend unter Beschuß. In einer Umfrage kritisierten CA-Anwender vor allem hohe Preise bei schlechtem Support und die knallharte Interpretation von Lizenzverträgen seitens des Softwareriesen.

Eine Umfrage der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" unter mehr als zwei dutzend CA-Anwendern förderte zum Teil herbe Kritik zutage. Sechs der interviewten Firmen erklärten, wegen der Praktiken des Unternehmens künftig keine CA-Produkte mehr einsetzen zu wollen. Um noch laufende Anwendungen nicht zu gefährden, baten einige User, darunter eine größere Versicherung, ein Industriekonzern und eine Staatsbehörde, aus Angst vor barschen CA-Reaktionen um Anonymität.

Ganz offen brachte indes John Wood, Vice President of Computer and Network Services bei der Royal Bank of Canada in Toronto, seine Frustration über CA zum Ausdruck: "Ich bin ziemlich sicher, daß ich keine neuen CA-Produkte kaufen werde. Ich glaube nicht, daß CA anwenderorientiert ist; die interessieren sich viel mehr dafür, Firmen aufzukaufen und aus der Maintenance Gewinne zu schlagen." Neben anderen Gründen, die gegen CA sprächen, nannte er auch, technische Probleme. So wurde das Produkt CA-Dispatch nach 18 Monaten vergeblicher Installationsversuche aus dem Rechenzentrum der Bank entfernt.

Ein anderer CA-Kunde, die Agro-Tech Corp. aus Cleveland, ist nach Angaben des DV-Chefs Tim Miller ebenfalls damit beschäftigt, CA-Produkte durch alternative Angebote zu ersetzen. Zuletzt wurde im Februar Dynam/TLMS von CA durch das Tape-Management-System Epic/MVS von Goal Systems ersetzt.

"Wenn möglich, werfe ich jedes CA-Produkt raus", meinte Tom Loane, für DV zuständiger Vice-President beim CA-Großanwender Alamo Rent-A-Car in Fort Lauderdale, Florida. "Ich zahle für die Pflege von Librarian' heute mehr als für das ganze Produkt vor sieben Jahren. Und sie haben es nicht verbessert."

Arnold Mazur, Executive Vice-President von CA, wies Vorwürfe zurück, das Unternehmen verlange ungerechtfertigte Gebühren für die Softwarepflege. Vielmehr seien diese Preise zwischen August 1987 und März 1990 nicht erhöht worden, und dann auch nur um fünf Prozent. Im übrigen bringe CA "neue Releases mit umfangreicheren Verbesserungen" alle zwölf bis 15 Monate heraus.

Librarian sei ein Sonderfall, der sich daraus ergebe, daß der eigentliche Entwickler, die 1989 von CA aufgekaufte Firma Applied Data Research, extrem günstige Konditionen eingeräumt habe. Dies habe zwei Preiserhöhungen von 15 beziehungsweise 18 Prozent nötig gemacht.

Auch in einem anderen Fall hat CA nach einer Firmenübernahme Probleme mit Anwendern bekommen. Pete Clark, Systemprogrammierer bei Olan Mills in Chattanooga, Tennessie, hatte nach der Übernahme von On-Line Software International durch CA Grund zur Klage. CA verlangte von ihm, einen neuen Lizenzvertrag zu unterzeichnen. Er habe die Angelegenheit inzwischen der Rechtsabteilung seines Unternehmens übergeben. "Wenn ich in der Zwischenzeit ein vergleichbares Produkt finde, greife ich zu", kündigte Clark an.

Auch in diesem Punkt hat CA der Anwenderdarstellung kategorisch widersprochen. Es sei grundsätzliche Politik des Hauses, "alle bestehenden Verträge" übernommener Unternehmen anzuerkennen. CA-Manager Mazur merkte an, die früher an kleinere Softwarehäuser gezahlten Gebühren seien wegen ihrer geringen Höhe nicht aufgefallen. Nach der Übernahme durch CA erschienen sie auf der CA-Rechnung und müßten aufgrund der addierten Gesamthöhe jedem Controller auffallen.

Er ging noch einen Schritt weiter, indem er anklängen ließ, das Unternehmen entwickle und erprobe zur Zeit neue Formen der Softwarelizenzierung. "Gegen Staffelpreise gibt es zunehmend Ressentiments." Unter den Alternativen scheint die Berechnung der Down-loading-Zeiten aus CA-eigenen Softwarebibliotheken besonders attraktiv zu sein.

Zur Kritik aus Anwenderkreisen merkte ein CA-Sprecher an: "Auf jeden unglücklichen Kunden kommen Tausende andere, die zufrieden sind." Eine Umfrage des Unternehmens unter 1000 Anwendern habe ergeben, daß 84 Prozent die Beziehungen zu CA als "gut oder sehr gut" bezeichnet hätten.

Auch CA-Topmanager Mazur bemerkte, er sei "betroffen" von den Kundenverlusten, "aber wir haben noch nie einen Rückgang erlebt". Ihm sei keine weitgehende Kundenunzufriedenheit bekannt, über 90 Prozent der Anwender würden ihre Wartungsverträge erneuern. "Wir machen unsere Arbeit richtig und effektiv. Wenn das arrogant ist, dann sind wir eben arrogant."

Ihm widersprach Richard Howe, Vice-President der Meta Group. Das Unternehmen aus Westport, Connecticut, hatte eine Umfrage unter mehr als 100 Firmen aus der "Fortune 500"-Liste durchgeführt. Dabei hatte eine "überwältigende Mehrheit" der Befragten nach Angaben von Howe einen "hohen Grad von Unzufriedenheit" mit CA bekundet. Eine "beträchtliche" Zahl dieser Anwender suche Alternativen zu CA.