Fachliteratur/Wenn in DV-Projekten nichts mehr geht

Krisen-Manager müssen psychologisch versiert sein

15.10.1999
Von Inge Steutzger* Das Buch will anhand von Fallbeispielen, Handlungsregeln und Checklisten Hilfe im Umgang mit Projektkrisen anbieten. Große Aufmerksamkeit widmet der Autor den psychologischen Aspekten bei der Krisenbewältigung und zeigt, wie man derartiges Wissen für eine geschickte Verhandlungsführung nutzen kann.

Aus Schaden wird man klug. Das glaubt zumindest der Autor von "Krisenmanagement in Projekten". Gerade in der DV mit ihrer hohen Innovationsrate und ihrer Komplexität treten Krisen besonders häufig auf.

Unter einer Krise versteht der Autor die "Eskalation von Problemen innerhalb eines Projekts", deren Lösung nahezu unmöglich erscheint. Ein Beispiel wäre der Verlust von ungesicherten Daten eines DV-Systems oder daß eine Software die zugesagten Eigenschaften nicht erfüllt. Einem Krisen-Manager wird viel abverlangt: Neben fachübergreifenden - etwa ökonomischen - Kenntnissen braucht er emotionale Kompetenz und Kreativität. Neubauer entwickelt eine Methode, die der Krisen-Manager anwenden kann: die kommunikationsorientierte Problemverlagerung, kurz KOPV genannt.

Die KOPV geht davon aus, daß ein Problem zumindest zu vereinfachen ist. Die Problemverlagerung muß aber überzeugend vermittelt werden, um nicht an der oft mangelnden Flexibilität der Krisenpartner zu scheitern. Zuerst ist nach einer vorurteilsfreien Anlayse der Krise eine Schadensermittlung notwendig. Sodann sind Lösungsalternativen auszuarbeiten und deren Nutzen hervorzuheben. Zu guter Letzt steht nach erfolgreicher Verhandlung eine Vereinbarung über eine Lösung.

Damit ein Krisen-Manager dieses Zeil erreicht, bedarf es einer bewußt gesteuerten Gesprächsführung, die psychologisch fundiert auf die jeweiligen Verhandlungspartner eingeht. Regelmäßiger Kontakt der Krisenpartner kann Emotionen reduzieren. So kann auch eine ruhige Analyse erfolgen.

Neubauer versucht, das Verhalten von Menschen in Krisensituationen zu kategorisieren. Mit diesem psychologischen Basiswissen kann der Krisen-Manager besser auf seine Gesprächspartner reagieren und mit ihnen verhandeln. Der Autor arbeitet sechs typische Verhaltensmuster heraus: Dazu gehört beispielsweise der abwartende Typ, der Risiken scheut und sich passiv verhält. Diese Menschen sind in der Regel leicht steuerbare Krisenpartner, wenn man nur auf sie zugeht. Ein weiteres Muster ist das Streben nach Besitz und Macht. Diese Krisenpartner zeichnen sich durch Statusdenken aus, wozu sie auch immaterielle Werte zählen. Sie sind nicht sehr teamfähig und pflegen ein unbegründetes Elitedenken. Diesen Krisenpartnern sollte man eine eigene Behandlung angedeihen lassen: Man läßt ihnen zum Beispiel Informationen als erste der entsprechenden Personen zukommen, um sie "herumzukriegen".

Das Buch erläutert verschiedene Strategien, die auf die jeweiligen Verhaltensmuster der Krisenpartner abgestimmt sind. Brauchbare Checklisten zum Krisen-Management runden das lesenswerte Buch ab.

Michael Neubauer: Krisenmanagement in Projekten: Handeln, wenn Probleme eskalieren. Heidelberg: Springer 1999. 207 Seiten, 79 Mark.

*Inge Steutzger arbeitet als freie Autorin in München.