IT in der öffentlichen Verwaltung/"Heute gibt es bei uns immer einen Parkplatz"

Kreisstadt installiert ein mobiles Park- und Verkehrs-Management

17.05.1996

Um eine weiterhin positive Standortprofilierung der Stadt Schwandorf sicherzustellen, schlossen sich 1992 Kräfte aus der Politik, Wirtschaft und Verwaltung im Wirtschaftsforum Schwandorf e. V. zusammen. Unter diesen Dach wurde unter anderem ein Arbeitskreis für Verkehr geschaffen und ein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben.

Das Gutachten ergab, daß die günstig zu den Einzelhandelsgeschäften liegenden Parkplätze in der Innenstadt überwiegend von Dauerparkern belegt waren. Bushaltestellen und Ladezonen wurden blockiert und in zweiter Reihe parkende Autos behinderten den Verkehrsfluß. Die für die Parkraumüberwachung verantwortliche Polizei war aufgrund ihrer Zuständigkeit auch für den Landkreis zu einer konsequenten Überwachung nicht mehr in der Lage. So bestand akuter Handlungsbedarf. Um eine Verbesserung der Situation zu erreichen, beschloß der Stadtrat die Einführung von Kurzzeitparkplätzen und den Bau von zwei Parkhäusern - ein drittes wird im Mai 1996 fertiggestellt - mit dem Ziel, die Dauerparker in die Parkhäuser umzuleiten. Zusätzlich wurden zwei City-Buslinien eingerichtet. Ohne eine kontinuierliche und konsequente Überwachung jedoch ließ sich dieses Konzept nicht realisieren. Das bestätigte auch die Erfahrung anderer ostbayerischer Städte wie Regensburg, Cham und Amberg, die bereits seit mehreren Jahren Parkraumbewirtschaftung durch eine intensive kommunale Verkehrsüberwachung praktizieren.

Für Schwandorf mußte ein Weg gefunden werden, die Parkraumbewirtschaftung effektiv und trotzdem kostensparend durchzuführen. Nach Rücksprache mit anderen Gemeinden kam die Stadt zu dem Ergebnis, daß dies nur DV-gestützt zu erreichen ist. "Für uns war von Anfang an klar, daß es eine herkömmliche Lösung mit traditionellen Parkzetteln oder Knöllchen nicht geben konnte", erläutert Jürgen Eckert, DV-Beauftragter der Stadt Schwandorf. Nach einer Vorführung der Software "Owig" von Alldata/AKDB, mit der in Cham schon längere Zeit erfolgreich gearbeitet wurde, entschieden sich die Verantwortlichen in Schwandorf ebenfalls Ende 1993 für dieses Programm.

Nicht nur die Integrationsfähigkeit des Programms in die im Kassenwesen seit 1992 verwendete Software DIS-KOM plus führte zu diesem Entschluß: Auch die Personaleinsparung durch die Möglichkeit der mobilen Datenerfassung und die Vermeidung von Fehlern durch tägliches Überspielen der Daten direkt in die DV-Anlage waren ausschlaggebend. Im Datenspeicher des Erfassungsgeräts sind alle Straßen, Fabrikate der Automobile sowie der Bußgeldkatalog gespeichert und sofort abrufbereit. Mit dem integrierten Thermodrucker werden am Einsatzort die individuellen Daten ausgedruckt und auf das Verwarnungsformular aufgeklebt. Das Gerät erlaubt es auch, beispielsweise Notizen, Tathergänge und die Namen von Zeugen einzugeben. Die Einweisung und Übung mit dem Datenerfassungsgerät dauerte unter diesen Umständen nur zwei Tage.

In der Stadt Schwandorf arbeiten drei Außendienstmitarbeiter täglich in der Zeit von 9.00 bis 18.00 Uhr mit dem mobilen Datenerfassungsgerät. Jeder von ihnen stellt am Tag etwa 25 bis 30 Verwarnungen aus. Die Überwachung findet aus taktischen Gründen zu unterschiedlichen Zeiten statt und beschränkt sich auf den Kernbereich der Stadt. Daß die Automaten und Parkuhren heute zweimal so häufig gelehrt werden wie früher, ist nur ein Zeichen für den Erfolg des Konzepts. Auch der Parksuchverkehr hat sich erheblich vermindert.

Daten direkt erfaßt und sofort überspielt

Durch die in der Innenstadt patroullierenden Außendienstmitarbeiter hat sich ein zusätzlicher bürger- und besucherfreundlicher Service entwickelt. Oft beantworten sie Fragen von Touristen nach Park-, Essens- und Übernachtungsmöglichkeiten oder melden Unfälle über das mitgeführte Funkgerät. Auch verkehrsbedingte neuralgische Punkte lassen sich nun frühzeitig erkennen.

Einmal vor Ort erfaßt, werden die Daten von einem Innendienstmitarbeiter in die DV-Anlage überspielt und direkt in das Owig-Verfahren übernommen. Sie müssen nicht wie beim manuellen Vorgehen ein zweites Mal am Bildschirm eingegeben werden. So können im selben Zeitraum zum einen etwa 60 bis 70 Prozent mehr Fälle bearbeitet werden. Zum anderen lassen sich jene Fehler vermeiden, die bei einem zweiten Erfassungsvorgang entstünden. Die kommunale Verkehrsüberwachung läuft nun kostendeckend. Denn nach dem Überspielen der Daten aus dem mobilen Erfassungsgerät bietet die Software eine vollständige Abwicklung der Verfahren. Es erfolgt ein täglicher Abgleich der Ist-Buchungen mit den Soll-Stellungen mit Protokollausdruck, der anschließend nachbearbeitet werden kann.

Mindestens einmal wöchentlich werden mit dem KBA Flensburg Halterdaten über Datenträger ausgetauscht. Das Kraftfahrt-Bundesamt wird voraussichtlich ab Mitte 1996 die Halteranfrage über ISDN ermöglichen. Ebenfalls einmal in der Woche erfolgt der Ausdruck von schriftlichen Verwarnungen mit Anhörung und von Zahlungserinnerungen. Die Software gleicht Zahlungseingänge in der Kasse automatisch mit den Verwarngeldfällen ab und überwacht die Verjährungsfristen.

Aufgrund der guten Erfahrungen zieht man in Schwandorf in Erwägung, in naher Zukunft Ordnungswidrigkeiten, das heißt Verwarnungs- und Bußgelder, auch DV-gestützt zu verfolgen (die Daten der Geschwindigkeitsmessung beispielsweise können dabei direkt in das Verfahren übernommen und die digitalisierten Bilder auf den Formularen ausgedruckt werden). Auch allgemeine Ordnungswidrigkeiten, beispielsweise Verstöße gegen das Gaststätten- oder das Meldegesetz, werden künftig wohl elektronisch geahndet. Die Umstellung auf die neue Owig-Windows-Version ist in Schwandorf kein Thema, weil auch die Unix-Lösung permanent weitergepflegt wird.

Kurz & bündig

Von Anfang an wollte man sich in Schwandorf nicht mit der "Knöllchen-Methode" allein zufriedengeben, als es darum ging die Innenstadt funktionsfähig zu halten. Parkplätze ja, aber im Rahmen eines DV-gestützten, teilweise mobilen City-Managements, so die Zielvorstellung. Software, die in Nachbarstädten schon erprobt war, wurde in vorhandene Lösungen (Kassenwesen) der Stadtverwaltung integriert. Heute gibt es Parkplätze. Außerdem arbeitet die Verkehrsüberwachung kostendeckend.

Standort Schwandorf

Die große Kreisstadt Schwandorf bildet mit ihren knapp 30000 Einwohnern das Zentrum der mittleren Oberpfalz. Sie gehört dem Fördergebiet zur "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" an und ist Schwerpunktort mit höchstmöglicher staatlicher Förderpräferenz. Traditionell sind im Landkreis und in der Stadt Schwandorf metallverarbeitende Unternehmen ebenso ansässig wie Druck- und Bauindustrie, Dienstleistungsgewerbe sowie Energie- und Landwirtschaft. Neben seiner Bedeutung als Wirtschaftsstandort hat Schwandorf in den letzten Jahren seinen Ruf als Stadt mit Wohn- und Lebensqualität durch die großzügige Ausweisung von Wohngebieten und die Sanierung der historischen Altstadt weiter ausgebaut. Die Stadt ist Kreuzungspunkt der Bahnlinien und Bundesstraßen München-Regensburg-Hof und Nürnberg-Amberg-Furth im Wald und durch drei Anschlüsse mit der BAB 93 verbunden. Auch die Nähe zu den Wirtschaftsräumen Osteuropas spielt sowohl wirtschaftlich als auch touristisch eine Rolle.

*Judith Graf ist Fachautorin in München.