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Exklusiv-Gehaltsstudie der COMPUTERWOCHE mit Professor Christian Scholz

Kräftiger Dämpfer für Promovierte

20.10.2003
Laut CW-Gehaltsstudie mussten promovierte Informatiker heuer den größten Einkommensrückgang hinnehmen. Im Vergleich der Berufsgruppen verdienen SAP-Spezialisten und Consultants am besten.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) -Promovierte Informatiker mussten in diesem Jahr den statistisch größten Einkommensrückgang hinnehmen, nachdem sie allerdings im vergangenen Jahr das kräftigste Plus verzeichnet hatten. Im Vergleich der Berufsgruppen zeigte sich, dass SAP-Spezialisten und Consultants am besten verdienen.

Zurzeit sind Personaler und Bewerber nicht gut aufeinander zu sprechen. Erstere werfen vielen Kandidaten vor, dass sie nicht bereit sind, die stark veränderten Realitäten anzuerkennen und beim Gehalt Abstriche zu machen. So ärgert sich der Verantwortliche eines Softwarehauses, dass einige Quereinsteiger nach einer kurzen IT-Umschulung noch immer gleich 45.000 bis 50.000 Euro Jahresgehalt verlangen.

Die Jobsuchenden klagen ihrerseits über das Verhalten der Unternehmen: Unterlagen werden nicht zurückgeschickt, und Anrufe mit dem Zweck, sich ein Feedback zu holen, sind unerwünscht. Eine solche Einstellung gegenüber den Bewerbern zeugt in den Augen eines Professors für Personalwirtschaft gar davon, dass "wir wieder im Feudalismus angekommen sind".

Viele bekommen weniger

Die aktuelle Vergütungsstudie, die die COMPUTERWOCHE mit Professor Christian Scholz, Betriebswirtschaftler an der Universität Saarbrücken, mittlerweile zum fünften Mal erhoben hat, spiegelt die schwierige Situation am Arbeitsmarkt wider. Denn die Gehälter sind kaum gestiegen, im Gegenteil: Einige IT-Spezialisten müssen deutliche Einkommenseinbußen verkraften.

Am stärksten erwischt hat es die promovierten Informatiker, was insofern nicht überrascht, als sie im vergangenen Jahr ihr Gehalt auf durchschnittlich 100.000 Euro steigern konnten und damit die Sieger der Gehaltsrunde waren. Nun sind sie auf dem Niveau von vor drei Jahren bei knapp über 70.000 Euro angekommen. Informatiker mit einem MBA-Abschluss bleiben mit einem Jahresverdienst von 90.000 Euro unter der 100.000-Euro-Marke, die sie in der Vergangenheit erreicht hatten.

Von solchen Einkommen können IT-Experten mit anderen Abschlüssen nur träumen: IT-Profis mit Fachhochschuldiplom müssen sich mit rund 56.500 Euro pro Jahr zufrieden geben, was ein Minus von fast zehn Prozent gegenüber 2002 ausmacht. Dagegen schafften Computerfachleute mit einem Abschluss an einer Berufsakademie einen fast zehnprozentigen Sprung auf durchschnittlich 63.500 Euro.

Wirtschaftsinformatiker holen auf

Die Experten mit einem Universitätsabschluss verzeichnen gegenüber dem Vorjahr ein leichtes Plus und überschreiten die 70.000-Euro-Jahresmarke. Insgesamt sind die Gehälter der jungen IT-Spezialisten bis 30 Jahre um rund zwei Prozent gestiegen und bei 49.000 Euro angekommen, 66.000 Euro verdienen im Schnitt die 31- bis 35-jährigen IT-Angestellten und mehr als 80.000 Euro die über 40-Jährigen, was einem Rückgang von zwei bis vier Prozent entspricht.

Eindeutig bestätigt hat sich eine andere Entwicklung: Informatiker verdienen mit durchschnittlich 67.000 Euro besser als Wirtschaftsinformatiker (64.000 Euro). Letztere liegen dennoch im Trend, da sie im Vergleich zum Vorjahr um gut zehn Prozent mehr erhalten, während das Plus bei den Informatikern nur zwei Prozent ausmacht. An der Spitze behaupten sich nach wie vor Ingenieure und Betriebswirte, die sich auf einem durchschnittlichen Niveau von 72.000 Euro pro Jahr bewegen und sich über ein einstelliges Plus gegenüber dem Vorjahr freuen können.

Ein für die Gehaltsfindung wesentlicher Faktor ist die Selbsteinschätzung. Zum vierten Mal fragten wir, ob sich die Teilnehmer als "Top"- oder "Well-Performer" einstufen. Die Korrelation zwischen Selbsteinschätzung und Verdienst trat klar zutage: Wer sich gut verkauft, bekommt mehr. So erreichen selbst ernannte Top-Performer rund 74.000 Euro im Jahr, und Otto Normalbewerber liegt bei 59.500 Euro. Scholz ist überzeugt, dass sich "ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein in der Höhe der Gesamtvergütung niederschlägt".

Die Teilnehmer wurden zudem gebeten, sich als Junior, Senior oder Leiter einzustufen. Der Junior musste nun zum zweiten Mal Einbußen im einstelligen Prozentbereich hinnehmen und kommt auf 44.500 Euro, beim Senior (67.000 Euro) und beim Leiter (76.000 Euro) hat sich gegenüber dem Vorjahr nichts verändert.

Manager haben's besser

Branche und Ort beeinflussen das Salär ebenfalls. Keine Überraschung dürfte sein, dass in den Softwareunternehmen mit 72.000 Euro und in den Beratungshäusern mit 78.000 Euro am besten gezahlt wird, was einem leichten Plus gegenüber dem Vorjahr entspricht. Auf dem Boden der Tatsachen sind die Finanzdienstleister und die Konsumgüterindustrie angekommen, wo die Gehälter die 60.000-Euro-Marke unterschritten haben - ein Rückgang im zweistelligen Prozentbereich. Das Schlusslicht bildet der öffentliche Dienst mit 45.000 Euro. Allerdings dürfte gerade wegen der schwierigen Konjunktur die Arbeitsplatzsicherheit ein nicht zu unterschätzendes Argument sein, das für eine Beschäftigung bei Bund, Ländern und Gemeinden spricht. Auch der Handel und in diesem Jahr die TK-Industrie mit 51.000 Euro zeigen sich im Vergleich zu den anderen Branchen eher knausrig.

Auslandserfahrung macht sich im Geldbeutel angenehm bemerkbar. Ein Datenverarbeiter, der einige Jahre außerhalb Deutschlands tätig war, kann laut Studie bis zu 30.000 Euro mehr verdienen als sein Kollege, der nur zwischen Mittenwald und Kiel aktiv geworden ist. Besonders honoriert wird Führungsverantwortung. Wer bis zu sechs Jahre als Chef agiert, verdient durchschnittlich 69.000 Euro im Jahr, und wer dies 15 Jahre lang schafft, erreicht fast 90.000 Euro Jahresgehalt.

Wie 2002 wird in München und Frankfurt am Main besonders gut bezahlt. Die dortigen Einkommen bewegen sich zwischen 70.000 und und 75.000 Euro, was einem Plus von fast zehn Prozent gegenüber 2002 entspricht. Von den Großstädten sind die Regionen Hannover und Nürnberg aus Arbeitgebersicht mit 54.000 Euro beziehungsweise 55.000 Euro Jahresgehalt pro IT-Spezialist am günstigsten.

Unter den Berufsgruppen schneiden wie gehabt die Berater am besten ab. Sie erzielten einen kleinen Gehaltszuwachs auf im Schnitt 80.000 Euro vor den SAP-Spezialisten, die 70.000 Euro nach Hause nehmen. Unter den technischen Mitarbeitern haben die Datenbankexperten am meisten verloren, nachdem sie im vergangenen Jahr zu den Siegern mit einem Aufschlag von über zehn Prozent auf 70.000 Euro gehört hatten.

Schlusslicht Multimedia

Nun reihen sie sich in das Gefüge der anderen Profis wie der Software- und Systementwickler ein, die zwischen 55.000 und 60.000 Euro im Jahr erzielen. Vergleichsweise weniger gut bezahlt sind Jobs wie Anwendungsbetreuer (45.000 Euro) und Netzadministrator (47.000 Euro) - das war immer so. Das Schlusslicht bilden Multimedia-Mitarbeiter mit 41.000 Euro, ein Trend, den auch die aktuelle Studie des Deutschen Multimedia-Verbandes bestätigt.

Sortiert nach Einsatzbereichen, verdienen IT-Spezialisten im Vertrieb mit rund 82.000 Euro am meisten, was einem fast zehnprozentigen Plus gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dagegen gingen die Gehälter der Logistiker, die im Vorjahr noch die Nummer eins waren, auf 71.000 Euro zurück. Die IT-Marketiers verschlechterten sich unwesentlich auf 64.500 Euro.

Scholz hat auch eruiert, wie viel ein IT-Spezialist mit einem bestimmten Schwerpunktwissen verdient. Dabei wird zunächst nicht berücksichtigt, welche weiteren Kenntnisse der Profi mitbringt. Bei den Programmiersprachen fällt auf, dass zurzeit Smalltalk-Kenner gut im Rennen liegen und durchschnittlich 80.000 Euro verdienen. C++-Leute dagegen haben im Schnitt 63.000 Euro in der Tasche. Bei den Datenbanken liegen die DB2-Profis mit 70.000 Euro vorn, und was Betriebssysteme betrifft, haben die Großrechnerprofis nach wie vor gute Karten, denn sie erzielen 75.000 Euro im Jahr. Linux-Anhänger dagegen müssen sich mit 60.500 Euro zufrieden geben.

Im Vergleich zu anderen Branchen und Berufsguppen verdienen die Computerfachleute noch immer gut. Entsprechend groß ist ihr zeitliches Engagement: 62 Prozent der Befragten kommen auf bis zu 125 Prozent der vertraglich vereinbarten Arbeitsstunden, und 19 Prozent leisten sogar zwischen 125 und 150 Prozent der vertraglichen Arbeitszeit. (hk)