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KPN kombiniert mit Getronics-Kauf TK und IT-Services

30.07.2007
Der niederländische Telecom-Konzern will den IT-Dienstleister für 766 Millionen Euro übernehmen.

Der Carrier bietet den Anteilseignern 6,25 Euro pro Aktie, dass teilte KPN am Montag in Den Haag mit. Damit beläuft sich die Akquisition von Getronics auf 766 Millionen Euro. Die Aktionäre erhalten einen Aufschlag von rund 23 Prozent gegenüber dem Schlusskurs der Getronics-Aktie vom Freitag.

KPN hat sich lange Zeit aus dem IT-Servicemarkt herausgehalten, doch mehrten sich die Anzeichen für eine neue Strategie des Herstellers. Im Mai 2007 ließ das Unternehmen aufhorchen, als es den HP-Manager Erik van der Meijden verpflichtete, um den neuen Unternehmensbereich KPN ICT Services zu leiten. Mit diesem Geschäftszweig plant der Carrier den Einstieg in den Markt für konvergente IT- und TK-Dienstleistungen.

Zuvor gab es lediglich Gerüchte: So wurde KPN beispielsweise Interesse an der Übernahme des niederländischen IT-Dienstleisters PinkRoccade nachgesagt. Nach einem Bieterwettstreit mit Ordina übernahm schließlich Getronics die IT-Anbieter. Danach geriet Getronics nicht zuletzt aufgrund eines Bilanzskandals in Italien in Schieflage. In der Folge trennte sich das Unternehmen von Ländergesellschaften und Geschäftsbereichen. Anfang dieses Jahres tauchte schließlich ein amerikanisches Unternehmen auf, das Interesse an einer Übernahme zeigte. Erstmals wurde auch KPN wieder als möglicher Investor ins Spiel gebracht, ohne dass das Unternehmen dies offiziell bestätigte. Im Juli 2007 schließlich scheiterten die Verhandlungen zwischen dem US-Interessenten und Getronics, der Aktienkurs brach in der Folge erheblich ein. Mit der nun angekündigten Übernahme zeigte KPN ein gutes Gespür für Timing.

Ins Bild von KPN als IT-Serviceanbieter passt auch der ausgelaufene Outsourcing-Vertrag mit Atos Origin. Der Carrier hatte 2001 für die kommenden sechs Jahre weite Teile der IT an den französischen IT-Dienstleister ausgelagert. Den dieser Tage auslaufenden Vertrag verlängerte der Carrier nur mit deutlichen Abschlägen: Drei Rechenzentren sowie der User-Support, jedoch keine Mitarbeiter wechselten wieder unter das KPN-Dach. Der Grund: KPN möchte selbst in den IT-Servicemarkt einsteigen.

"Dazu ein Wort der Warnung: Bislang hat es kein etablierter Telco-Anbieter wirklich geschafft, IT- und TK-Services zu kombinieren", kommentierten die Ovum-Analysten Kate Hanaghan und Chris Lewis die Pläne. Allerdings räumten die Experten ein, KPN habe eine solide Basis für den Einstieg in das neue Geschäftsfeld geschaffen. Mit Hilfe von Akquisitionen in den Niederlanden (etwa Telfort und Tiscali) konnte sich das Unternehmen ein gutes Standbein im heimischen TK- und VoIP-Geschäft verschaffen (Voice over IP).

"Zweifellos hat CEO Art Scheepbouwer enormen Geschäftssinn bewiesen, als er KPN wieder in die heutige Position gebracht hat", zollten die Ovum-Experten dem Unternehmenslenker ihren Respekt. "Um Getronics zum Erfolg zu führen, braucht es aber mehr."

Getronics hat es trotz einiger Veräußerungen bislang nicht geschafft, in die Gewinnzone zurückzukehren. Das Unternehmen betreibt in vielen Ländern Billigservices und leidet unter dem Preisverfall in diesem Geschäft. In Deutschland verantwortet es beispielsweise die Vor-Ort-Betreuung für Dell-Hardware. Für KPN besteht bei erfolgreicher Übernahme die Aufgabe darin, einen tragfähigen Geschäftsplan für die künftige Tochtergesellschaft zu entwickeln. Als Wegbereiter für ein stärkeres Auslandsgeschäft von KPN ist Getronics derzeit kaum geeignet. "In den USA und in Großbritannien sind die Leistungen der Landesgesellschaften nicht auf der Höhe der Zeit", warnten die Ovum-Manager. (jha)