Kostenlose Content-Management-Systeme im Vergleich

11.07.2012
Beim Web-Content-Management kann man viel Zeit und Nerven verlieren. Die COMPUTERWOCHE ließ die Open-Source-Systeme Wordpress, Joomla, Drupal und TYPO3 gründlich unter die Lupe nehmen.

Der Einsatz des richtigen Web-Content-Management-Systems, kurz CMS, wird für Unternehmen immer vordringlicher, denn das Internet ist längst fester Bestandteil unserer Informationsgesellschaft und enthält unendlich viele Daten, Informationen und Wissen. Für die meisten Firmen bietet sich das Web daher als wichtiges Marketing-Instrument sowie effizienter Kommunikationskanal an. Informationen können einfach aktualisiert, Kampagnen direkt ausgewertet und neue Märkte erschlossen werden. Dadurch wird die Reichweite erhöht und sorgt für neue Aufträge.

Wirtschaftliche Lösungen

Open-Source-Lösungen spielen heute in Sachen CMS eine starke Rolle und rangieren auf den vordersten Plätzen. Sie sind wirtschaftlich attraktiv, weil keine Lizenzkosten anfallen. Darüber hinaus sind sie entwicklungstechnisch auf dem aktuellsten Stand, da jedermann Zugriff auf den Quellcode hat. Open-Source-Communities pflegen zudem einen regen fachlichen Austausch. Die Zahl der quelloffenen CMS-Lösungen liegt unter Berücksichtigung aller Skript- beziehungsweise Programmiersprachen wie Java, Perl, Python oder PHP zwischen 200 und 300 Systemen.

Die Qual der Wahl

Für Entscheider aus der Geschäftsführung, der IT-Abteilung oder aus dem Marketing ist es bei dieser Vielzahl an Produkten nahezu unmöglich, eigenständig eine Entscheidung für das richtige CMS zu treffen. Ein Vergleich der unterschiedlichen Systeme ist aber aufgrund des enormen Funktionsumfangs aufwendig und nur bedingt hilfreich.

Weitaus wichtiger als der reine Systemvergleich sind das verfolgte Ziel und die Prozesse, die mit dem System beziehungsweise dem potenziellen Marketing-Instrument und Kommunikationskanal erreicht beziehungsweise umgesetzt werden sollen. Hier kann es hilfreich sein, einen Workshop mit einem unabhängigen und erfahrenen Anbieter zu veranstalten, um gemeinsam eine Systementscheidung zu treffen.

Anwendungsfelder

Grundsätzlich lassen sich Content-Management-Systeme in folgende Anwendungsfelder gliedern:

Web-Content-Management: Entsprechende Systeme dienen dem gemeinsamen Erstellen, Bearbeiten, Verwalten und Veröffentlichen von Seiten und Inhalten (Texte, Bilder oder Multimedia-Inhalte). Standardanforderungen sind typischerweise das Publizieren von News, das Bereitstellen einer Volltextsuche, eine umfangreiche Rechteverwaltung und die Umsetzung in mehreren Sprachen.

Blog Publishing/News: Die hierfür geeigneten Systeme sollten Artikelfunktionen, Kategorien, logische Verknüpfungen, zeitgesteuerte Veröffentlichungen sowie Web-2.0-Features mitbringen. Viele Inhalte mit sozialen Interaktionsmöglichkeiten der Leser, zum Beispiel einer Kommentarfunktion, sind für eine erfolgreiche Präsentation im Internet unerlässlich. Zusatzmerkmale wie die schnelle und spontane Texterfassung, auch ohne das Backend des CMS, liefern hier einen zusätzlichen Mehrwert.

Social Publishing/Communities: Der Fokus beim Social Publishing liegt auf der Entwicklung von Web-Communities, in denen die Funktionsumfänge über die Standardfunktionen der Inhaltsverwaltung hinausgehen. Die Community-Mitglieder können gemeinsam Inhalte erstellen (User Generated Content) und über diese in den Foren diskutieren, sie gemeinsam kommentieren, bewerten und ergänzen. Das Grundsystem ist modular aufgebaut und kann beliebig durch weitere Web-2.0-Funktionen ergänzt werden.

Nachfolgend werden vier Web-Content-Management-Systeme auf Open-Source-Basis beleuchtet und abschließend ver-glichen.

Wordpress

Wordpress ist aus der Entwicklung des Systems "b2/cafeblog" entstanden. Nach nur wenigen Monaten Entwicklungszeit war die Version 0.7 im Jahr 2003 die erste Veröffentlichung der Entwickler Matt Mullenweg und Mike Little und wurde offiziell als Nachfolger des cafeblog etabliert. Seither sind viele Funktionen hinzugekommen. Die Community ist mittlerweile eine der größten auf dem Gebiet der Content-Management-Systeme. 2007 und 2009 gewann Wordpress den Open Source CMS Award und 2010 den Open Source Award.

Fakten: Der hohe Bekanntheitsgrad von Wordpress spiegelt sich in neun Millionen Downloads und über 18.000 Erweiterungen wider. Zusätzlich stehen dem Nutzer derzeit über 14.000 kostenlose Designvorlagen (Themes) zur Verfügung. Das deutschsprachige Forum wächst kontinuierlich. Über 45.000 Mitglieder tauschen sich gegenwärtig zu Erweiterungen, Problemen und Lösungen aus. Laut Pingdom dominiert Wordpress die Top-100-Blogs mit einem Anteil von fast 50 Prozent.

System: Die Markteinführung erfolgte 2004 unter der Lizenz GNU GPL. Die aktuelle Version 3.3.1 basiert auf PHP ab Version 5.2.4 und setzt eine MySQL-Datenbank ab Version 5.0.15 voraus.

Vorteile: Die populäre "Fünf-Minuten-Installation" von Wordpress und die äußerst bedienungsfreundliche Administrationsoberfläche haben einen wesentlichen Teil zur Verbreitung des Systems beigetragen. Hinzu kommt die einfache Integration von Erweiterungen, sogenannten Plugins, die Vielzahl kostenloser Themes und die komfortable Aktualisierung per Knopfdruck. Suchmaschinenfreundliche URLs (Real-URLs) können ohne die Installation von Erweiterungen eingerichtet werden. Zusätzliche Erweiterungen bieten für jede gewünschte SEO-Anforderung eine Lösung. Das gilt auch für die nachfolgend bewerteten Lösungen Joomla, Drupal und TYPO3. Eine große Community und eine überzeugende Dokumentation runden das Gesamtpaket sehr gut ab.

Nachteile: Funktionen größerer Portale wie multilinguale Seiten werden nur über ein Plugin unterstützt. Sie sind deshalb relativ aufwendig zu verwalten und nicht, wie von Wordpress eigentlich gewohnt, intuitiv. Ähnlich verhält es sich auch mit der Multidomain-Fähigkeit. Diese wird grundsätzlich für Subdomains, Subdirectories und für getrennte Domains geliefert, ist in der Handhabung zurzeit aber noch nicht komfortabel. Das Einrichten von Rollen und Rechten wird nativ leider nur bedingt unterstützt, kann aber bei Bedarf durch Plugins nachgerüstet werden.

Joomla

Wegen Streitigkeiten beim CMS-Anbieter Mambo entschied sich ein Großteil der Angestellten, die Entwicklung des Systems unter dem Namen Joomla in eigener Regie weiterzuführen. u

uNachdem die erste stabile Version 2005 ein erweitertes Mambo unter neuem Namen war, fiel die Entscheidung, sich vollständig von den Wurzeln zu lösen und ein eigenständiges System zu entwickeln. Das erreichte nach über zwei Jahren Entwicklungszeit in der Version 1.5 den nächsten Meilenstein. Joomla gewann 2006 und 2007 den englischen Packt Publishing Open Source Content Management System Award.

Fakten: Joomla ist vor allem in den USA eine weit verbreitete CMS-Lösung. Die Anzahl der Downloads beläuft sich auf über 15 Millionen. Derzeit stehen mehr als 9000 Erweiterungen für das System bereit. Die Popularität wird auch durch die Mitgliederzahlen von 550.000 Teilnehmern im offiziellen sowie annähernd 150.000 im deutschen Forum deutlich.

System: Joomla wurde 2005 veröffentlicht und steht unter der Lizenz GNU GPL v2. Die aktuelle Version 2.5.4 setzt auf PHP ab Version 5 unter Einsatz einer MySQL-Datenbank.

Vorteile: Die Installation ist nicht ganz so einfach wie bei Wordpress, aber noch überschaubar und ohne Fachwissen zu bewerkstelligen. Das Gleiche gilt für die Verwaltung der Inhalte, wenn das Prinzip verstanden wurde, dass Inhalte nicht seiten-, sondern objektbasiert verwaltet werden. Das Erstellen von Templates ist äußerst bedienungsfreundlich und bietet eine modulare Template-Generierung durch die dynamische Zuweisung von einzelnen, vordefinierten Inhaltselementen, ähnlich wie Templa Voila bei TYPO3. Joomla ist komplett objektbasierend auf dem MVC Framework (Model View Controller) aufgebaut und gibt so auch Entwicklern die Option, individuelle Erweiterungen für Joomla zu programmieren. Darüber hinaus existieren eine sehr gute Dokumentation und Benutzerhandbücher sowie viele Foren, die alle erdenklichen Fragen abdecken.

Nachteile: Erweiterungen sind in Joomla in Plugins, Komponenten und Module gegliedert, die wieder im Frontend und Backend eingesetzt werden können. Das ist nicht immer intuitiv und kann teilweise zu Irritationen führen. Weitere Problempunkte, die jedoch meist nur bei größeren Projekten eine Rolle spielen, sind die Rechteverwaltung und die Freigabeprozesse. In der aktuellen Version ist die Rechteverwaltung ausgereift, allerdings können noch keine Freigabeprozesse abgebildet werden. Mandantenfähigkeit ist außerdem nur über Erweiterungen möglich, aber streng genommen wird pro Seite eine Installation benötigt. Leider sind die ausgereiften Erweiterungen teilweise kostenpflichtig, oder sie erfordern eine Registrierung beim Anbieter.

Drupal

Drupal wurde von einigen Studenten als soziale Plattform zum Austausch von Informationen konzipiert. Dries Buytaert, einer der Hauptentwickler, entschied sich im Jahr 2001, die Web-Community-Lösung auch für die Allgemeinheit zu öffnen. Er wollte das gemeinsame Erstellen von Inhalten sowie den Austausch von Informationen über das Internet fördern. Das System wurde mittlerweile mehrmals mit dem Open Source CMS Award ausgezeichnet und gewann den Hall of Fame Award und den Best Open Source PHP CMS Award.

Fakten: Die letzten offiziellen Download-Zahlen wurden 2008 von Dries Buytaert in seinem Blog veröffentlicht. Danach gibt es leider keine verlässlichen Werte mehr. Allerdings erfolgten zwischen Mitte 2007 und 2008 nicht weniger als 1,4 Millionen Downloads. Das war eine Verdoppelung gegen-über dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum mit 620.000 Zugriffen. Weitere Indizien für die positive Entwicklung sind die Zahl der Erweiterungen, die sich mittlerweile auf über 14.000 belaufen, und die über 750.000 Mitglieder der Community.

System: Drupal steht in seiner heutigen Form in der Version 7.12 unter der GNU-GPL-Lizenz zur Verfügung. Das System basiert auf PHP und unterstützt die Datenbanken MySQL, PostgreSQL und SQLite. Die Markteinführung erfolgte 2001.

Vorteile: Neben den Grundfunktionen eines Content-Management-Systems liegt der Fokus von Drupal im Aufbau von Social-Publishing- und Community-Portalen, wo Mitglieder eigene Inhalte erstellen und mit anderen Teilnehmern interagieren können. Die Grundinstallation ist äußerst schlank, bietet aber bereits viele Web-2.0- und Community-Features wie zum Beispiel Weblogs, Foren und Tag Clouds. Die Verwaltung der Inhalte erfolgt wie bei Wordpress und Joomla objektbasierend. Der modulare Aufbau von Drupal ermöglicht die Umsetzung von individuellen und komplexen Seitenstrukturen. Multidomain-Management ist ein Thema, das Drupal problemlos unterstützt. Die Verwaltung eines Cores mit Erweiterungen und gemeinsamen Benutzern ist in der Multidomain-Umgebung über mehrere Seiten hinweg möglich. Dies führt jedoch dazu, dass die Konfiguration des Systems weitaus aufwendiger ist als bei Wordpress oder Joomla.

Nachteile: Die schlanke Grundinstallation hat zur Folge, dass sehr viele Module nachinstalliert werden müssen. Dieser Vorgang kann leider nicht über die Administrationsfläche erfolgen, sondern nur per FTP. Viele Module befinden sich in Abhängigkeit von anderen und erschweren die Aktualisierung. Zudem sind sie leider nicht abwärtskompatibel.

TYPO3

TYPO3 steht für die lange Entwicklung eines erfolgreichen Systems. Der Däne Kaspar Skårhøj begann bereits 1997 mit der Programmierung von Prototypen für ein neuartiges System, bei dem Web-Inhalte getrennt von Design und Konfiguration vom Kunden selbst verwaltet werden können. Nach Restrukturierungen und Anpassungen erschien 2000 die erste Betaversion, die von der Open-Source-Gemeinde gründlich unter die Lupe genommen wurde. Nachdem dann der Code im Sommer 2001 noch einmal grundlegend überarbeitet wurde, kam kurz darauf die finale Version von TYPO3 heraus.

Fakten: TYPO3 weist über sechs Millionen Downloads auf und kommt verstärkt im europäischen Raum zum Einsatz. Das Enterprise-Content-Management-System wird in über 50 Sprachen sowie mit mehr als 5000 Erweiterungen angeboten. Die Community ist sehr stark und zählt über 100.000 Mitglieder.

System: TYPO3 wurde 2001 veröffentlicht und steht derzeit in Version 4.6.8 unter der GNU-GPL-Lizenz zur Verfügung. TYPO3 basiert auf PHP und Javascript und unterstützt die Datenbanken MySQL, PostgreSQL und Oracle.

Vorteile: Die Software beinhaltet alle Funktionen, die ein Enterprise-Content-Management-System auszeichnen. In der Grundinstallation wird bereits eine multilinguale Unterstützung mit Fallback-Funktion bereitgestellt. Eine Multidomain-Unterstützung, um mehrere Seiten über eine TYPO3-Installation zu verwalten, wird ebenfalls ermöglicht. Die integrierte Rechteverwaltung ist sehr umfangreich und ermöglicht den Administratoren, unterschiedliche Rollen und Rechte für Benutzer einzurichten.

In diesem Zusammenhang können in TYPO3 auch die Freigabeprozesse individuell über sogenannte Workspaces definiert und abgebildet werden. Der modulare Aufbau, die starke Konfigurationssprache Typoscript und die Möglichkeit, Veränderungen des Codes mit XClasses lokal auszulagern, machen TYPO3 nahezu unbegrenzt erweiterbar und anpassbar. So ist auch eine Anbindung an weitere Systeme wie ERP- oder CRM-Lösungen möglich. Die LTS-Version (Long Term Support) bietet Anwenderunternehmen umfassenden Service und Support in Bezug auf die Kompatibilität der Erweiterungen, die bei Drupal und Joomla nicht immer gewährleistet ist.

Nachteile: Die Lernkurve ist im Vergleich zu den anderen Systemen flach, und die Installation, Konfiguration und Administration erfordern Fachwissen, um Fehler zu vermeiden. Hier bieten jedoch eine Vielzahl an Büchern und Dokumentationen Hilfe. Die Anforderungen an die Hosting-Umgebung werden nicht von allen Providern standardmäßig unterstützt. (pg/hi)

Christoph Plessner ist Geschäftsführer der Visual4 GmbH und für den Bereich Business Development verantwortlich.

Die Testkandidaten im Kurzurteil

Wordpress

Offizielle Seite: EN: http://wordpress.org

DE: http://de.wordpress.org

Downloadlink:

EN: wordpress.org/latest.zip

DE: de.wordpress.org/ wordpress-3.3.1-de_DE.zip

Fazit: Wordpress ist die optimale Wahl für alle Blogging- oder News-Portale mit verhältnismäßig einfachen und übersichtlichen Seitenstrukturen. Für kleinere Web-Seiten kann Wordpress auch als CMS-Lösung eingesetzt werden

Joomla

Offizielle Seite: EN: http://www.joomla.org

DE: http://www.joomla.de

Downloadlink: http://w.idg.de/NmyoPl

Fazit: Joomla unterstützt komplexere Seitenstrukturen als Wordpress, ist aber nicht so flexibel wie die Alternativen TYPO3 oder Drupal. Joomla ist somit ideal geeignet für kleinere und auch größere Seiten, solange keine aufwendigen Freigabe-Workflows erforderlich sind.

Drupal

Offizielle Seite: http://drupal.org

Downloadlink:

http://ftp.drupal.org/files/projects/ drupal-7.12.zip

Fazit: Drupal ist für den Einsatz als Social-Publishing- oder Community-Portal mit dem Schwerpunkt Web 2.0 als Internet, Extranet oder Intranet prädestiniert. Durch den modularen Aufbau können aber auch Portale für Unternehmen und Konzerne realisiert werden. Allerdings ist Drupal im Bereich Freigabeprozesse nicht so stark wie TYPO3.

TYPO3

Offizielle Seite: http://typo3.org

Downloadlink: http://w.idg.de/NdUmow Fazit: TYPO3 zeichnet sich durch die klare Ausrichtung als Enterprise-Content-Management-System aus und spielt seine Stärken vor allem bei größeren und komplexen Projekten aus. Allerdings erfordern Installation, Konfiguration und Administration einiges Fachwissen. Eine große Menge an verfügbarer Fachliteratur hilft Einsteigern über diese Hürden hinweg.