Anwenderbericht: Ortskrankenkasse, Kiel

Kostengünstig, papierlos und human

09.01.1976

In Schleswig-Holstein gibt es zur Zeit noch 16 Ortskrankenkassen mit insgesamt 680000 Mitgliedern, von denen nur die Ortskrankenkasse Kiel (90000 Mitglieder) über ein EDV-Rechenzentrum verfügt. Alle anderen sind nach Größe und Finanzkraft nicht in der Lage, ein eigenes Rechenzentrum zu betreiben.

Ausgangspunkt des Projektes

Daher wurde von der Ortskrankenkasse Kiel die Idee kreiert, allen Ortskrankenkassen die in Kiel bereits bestehenden und noch zu entwickelnden EDV-Anwendungen anzubieten. Um die relativ großen räumlichen Entfernungen zu meistern, sollten alle Kassen über TP-Leitungen an den Rechner der Ortskrankenkasse Kiel angeschlossen werden.

Da alle Ortskrankenkassen autonom sind und um ihre Selbständigkeit ständig bangen (Gebietsreform), mußte harte Überzeugungsarbeit geleistet werden, bevor 1971 die Arbeitsgemeinschaft Datenverarbeitung der Ortskrankenkassen Schleswig-Holstein (ADOSH) gegründet werden konnte.

Projektbeschreibung

Die Mitglieder aller 13 bereits an das Rechenzentrum der Ortskrankenkasse Kiel über TP-Leitungen angeschlossenen Ortskrankenkassen sind zentral in einer Datenbank gespeichert (zur Zeit rund 500000 Mitglieder). Dazu kommen Arbeitgeber- und Finanzdaten.

Die angeschlossenen Ortskrankenkassen haben über 4800 baud-Mietleitungen und mit Hilfe von insgesamt etwa 100 Bildschirmen 3277/75 Zugriff auf die Datenbank.

Heute bereits realisierte TP-Anwendungen:

- Aufsuchen eines Mitglieds/Arbeitgebers durch Eingabe eines Ordnungsbegriffs oder vollständiger persönlicher Daten (Name, Geburtsjahr, Geschlecht).

- Prüfen des Anspruchs auf Krankenschein, Krankengeld, Übernahme von Krankenhauskosten etc.

- Anzeige und Eingabe von bereits erbrachten Leistungen.

- Kontoführung selbstzahlender Versicherter.

- Kontoführung Arbeitgeber (Beitragszahlung des Arbeitgebers für seine Beschäftigten).

Philosophie des Bildschirmeinsatzes am Arbeitsplatz: Der Sachbearbeiter wird nicht mit einem Datenfriedhof sondern nur mit den für die Bearbeitung eines Arbeitsgangs erforderlichen Daten konfrontiert. Nach dem Auffinden eines Versicherten werden ihm die Codes der logisch nächsten Arbeitsgänge angezeigt. Der Sachbearbeiter kann weitere Daten dieses Versicherten/Arbeitgebers durch Aufrufen dieses Codes erfragen.

Schwierigkeiten

Nach anfänglich zögernder Inanspruchnahme des Rechenzentrums hat die Benutzungshäufigkeit so rasch zugenommen, daß notwendige Erweiterungen (Bildschirme, Modems, Leitungen) wegen Lieferschwierigkeiten nicht immer rechtzeitig vorgenommen werden konnten.

Warum vorbildlich?

Aus der Sicht der Kassen und ihrer Versicherten:

- Alle EDV-Anwendungen auch für Kassen, die nach Größe und Finanzkraft keine eigene Anlage betreiben könnten.

- Kostengünstige Installation (100 Bildschirme an /370-135), Konfiguration wird den Erfordernissen sparsam angepaßt.

- Jederzeitige Auskunftsbereitschaft (auch Nebenstellen, die vorher über keinerlei Karteien verfügten, können vollen Service bieten).

- Hohe Anpassungsfähigkeit an gesetzliche Änderungen durch Datenbankkonzept und zentrale Programmierung.

- Papierlose Verwaltung (Wegfall der Karteien und damit keine redundanten Daten mehr).

- Schalterkonzept entfällt (keine Einteilung in Buchstabengruppen mehr), jeder Kunde kann von jedem Sachbearbeiter bedient werden.

Aus der Sicht des Sachbearbeiters:

- Humanisierung des Arbeitsplatzes (Wegfall aufwendiger Schreibarbeiten und Entlastung von Routinearbeiten).

- Konzentration auf die eigentliche Aufgabe: Beratung der Versicherten.

- Führung des Sachbearbeiters durch gezielte Datenauswahl nach Arbeitsgängen.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht

Transparenz der Daten durch Datenbankkonzept (sozialmedizinische Auswertungen, allgemeine und gezielte Vorsorge, Führungszahlen für Vertragsverhandlungen mit Krankenhäusern, Ärzten etc.).