Die Tricks der Softwareanbieter

Kostenfalle Software-Audit – so können Sie sich wehren!

12.06.2014
Von Marc Strittmatter und Rafael  Harnos

Verteidigungsstrategien – wie sich Kunden gegen einen Audit wehren können

Steht der Anwender einer Auditankündigung seines Softwarelieferanten gegenüber, muss er überlegen, wie er sich gegen die Überprüfung oder etwaige Nachforderungen verteidigen kann. Als wirksames Verteidigungsmittel kommt zunächst ein Angriff auf die Auditklausel in Betracht: Entspricht die Klausel den oben beschriebenen Anforderungen nicht, ist sie unwirksam mit der Folge, dass der Audit nicht auf ein vertragliches Recht sondern nur auf ohnehin im Gesetz vorgesehene Ansprüche gestützt werden kann (siehe oben: Erfordernis eines begründeten Verdachtsmo-ments statt Audit „ins Blaue hinein“).

Außerdem können die durch den Anbieter erhobenen Ansprüche als solche in Frage gestellt werden. Der Anwender sollte sich mit den Ergebnis-sen des Audits auseinanderzusetzen, den Sachverhalt klarstellen und kaufmännische Ableitungen auf ihre Plausibilität hin überprüfen. Schließlich muss er kontrollieren, ob die Nachforderungen des Anbieters durch die ursprünglich vereinbarte Vergütungsregelung abgedeckt sind. Dies geht mit der eingehenden Analyse des Beschaffungsvorgangs und der Lizenzmetriken des Softwareherstellers einher. Ist das Lizenzmodell etwa intransparent, widerspricht es dem deutschen AGB-Recht (§ 307 Abs. 3 BGB) und kann nicht als Grundlage für die Berechnung der Nachforderung verwendet werden.

Auch kann es vorkommen, dass der Anbieter den Nutzer während des Beschaffungsvorgangs falsch beraten hat. In diesem Fall stehen dem Nutzer unter Umständen Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Bera-tung zu, die er den Nachforderungen des Anbieters gegenüber stellen kann. Kommt es zu einem gerichtlichen Verfahren, ist schließlich zu überlegen, ob der Anbieter die während des Audits gewonnenen Erkenntnisse in den Prozess einführen darf. Dies ist etwa zu verneinen, wenn das Über-prüfungsverfahren den datenschutzrechtlichen Vorgaben nicht gerecht wurde, so dass es zu Eingriffen ins Persönlichkeitsrecht gekommen ist.

Gleichwohl sollte der Softwarenutzer nicht nur juristische Argumentationslinien verfolgen, sondern die Auditsituation auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht eingehend analysieren. In der Regel münden Lizenzaudits in eine kommerzielle Verhandlung und Einigung. Dies gilt vor allem, wenn beide Parteien ein Interesse an einer andauernden Kundenbeziehung haben.

Fazit

Softwareanbieter haben ein legitimes Interesse daran, das Nutzungsver-halten ihrer Kunden zu überprüfen. Da das Urheberrecht für verdachtsunabhängige Audits keine ausreichende gesetzliche Grundlage bietet, enthalten viele Softwareverträge Regelungen, die dem Anbieter ein anlassunabhängiges Auditrecht einräumen. Sie dienen zum einen der Disziplinierung der Kundenorganisation und stellen zum anderen einen Vertriebsweg dar, mittels dessen Umsätze aus der Kundenbasis auf vergleichsweise einfache Art und Weise generiert werden können. Indes sind in AGB enthaltene Auditklauseln nur zulässig, wenn sie die Wertungen des Urheberrechts beachten und auf Daten- und Geheimnisschutz Rücksicht nehmen. Ist dies nicht der Fall, können sie gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam sein.

Gegen ein Auditverlangen können sich Unternehmen wehren, indem sie die Unwirksamkeit der Klausel geltend machen. Auch können sie die nach dem Audit erhobenen Ansprüche des Anbieters in Frage stellen oder selbst in die Angriffsposition übergehen und Ansprüche gegen den Anbieter geltend machen. Verstößt das Überprüfungsverfahren gegen das Datenschutzrecht, können die Auditergebnisse im Prozess unverwertbar sein. Da die allermeisten Auditsituationen in eine kommerzielle Verhandlung übergehen, ist es ratsam, die eigene Rechtsposition zu verstehen, bevor man Verhandlungsziele und -strategien festlegt. Die Tatsache, dass die Handelnden und die Geschäftsleitung beim Anwender im Falle schuldhafter Unterlizenzierung in erhebliche persönliche Risiken laufen, macht es umso wichtiger, Chancen und Risiken im Vorfeld zu kennen. (wh)